Das Buch Ohne Gnade: Roman
Freund genervt. »Wir können ihn in eine der Kabinen setzen. Dort dürfte ihn für die nächsten Stunden niemand finden.«
»Oh. Ja. Ein guter Plan. Vor allem weil er so sehr nach Scheiße riecht.«
Sie zogen die Leiche zur Tür, und Sanchez schob sich rückwärts in den Raum. Otis und Elvis folgten, wobei Letzterer seinen Blick durch den Korridor wandern ließ, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete. Offensichtlich hatten sie genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, denn ihr seltsamer Toilettenbesuch verlief unbemerkt.
Zu seiner Erleichterung erkannte Sanchez, dass sich niemand in der Toilette aufhielt. Es war ein großer Raum, etwa fünfzehn Meter lang und fünf Meter breit. An der linken Wand erstreckte sich eine Reihe von acht Urinalen und auf der anderen Seite befanden sich sechs Toilettenkabinen. Am Ende des Raums waren drei Waschbecken mit Spiegeln darüber zu sehen.
»In welcher Kabine sollen wir ihn deponieren?«, fragte er.
»In der ersten. Meinst du, ich will den Kerl länger schleppen als unbedingt nötig?«
Sanchez ging voraus und drückte mit dem Rücken die Tür derersten Kabine auf, die sie erreichten. Elvis folgte und hielt dann Otis Redding alleine hoch, während Sanchez den Klodeckel herunterklappte, damit sie den Toten daraufsetzen konnten. Elvis ließ die Leiche auf den Deckel herab, und dann verbrachten die beiden ungefähr eine Minute damit, die Leiche dergestalt zu drapieren, dass sie aufrecht saß und nicht zur Seite kippte. Schließlich, nachdem beide etwa zwanzig Sekunden gewartet und sich bereitgehalten hatten, notfalls zuzugreifen, falls der Tote ins Rutschen geriet, entschieden sie, dass er einen sicheren Sitz hatte und nur umkippen würde, wenn man ihn anstieß.
»Huuh!«, seufzte Sanchez. »Ich müsste jetzt wirklich pinkeln.«
»Gut. Verrichte dein Geschäft, während ich die Tür von innen verriegle und aus der Kabine klettere.«
»Cool.«
Sanchez verließ die Kabine und trat ans nächste Urinal an der gegenüberliegenden Wand. Er hörte, wie Elvis die Tür hinter ihm verriegelte, und dann, wie er leise murmelte, Scheiße! Ich hab nicht richtig nachgedacht.
Während er seinen Urin in das Porzellanbecken rinnen ließ, dämmerte es Sanchez, dass jemand, der aus einer Toilettenkabine klettern will, erst einmal auf die Kloschüssel steigen muss. Und das würde Elvis kaum schaffen, da Otis Redding darauf saß. Er hörte einigen Lärm, als sein Freund versuchte, den Weg nach draußen über die Tür zu nehmen. Das Poltern wurde von zahlreichen heftigen Flüchen begleitet.
Schließlich war Sanchez fertig, zog den Reißverschluss seiner Hose hoch und wandte sich um. Elvis sprang gerade hinter ihm auf den Fliesenboden und begann, sein goldenes Jackett abzuklopfen, wobei er nach möglichen Flecken auf den Schultern Ausschau hielt. Sanchez ging unterdessen zu den drei Waschbecken an der Stirnseite des Raums, drehte den Wasserhahn des mittleren auf und spülte sich sein Selbstgebrautes von den Händen.
»Sanchez«, rief Elvis hinter ihm. Sanchez blickte in den Spiegel über dem Waschbecken und sah, wie Elvis vor der zweitenKabine stand. Es war die Kabine neben derjenigen, in die sie Otis Redding hineingesetzt hatten.
»Ja. Was ist los?«
»Schätze, du musst dir das mal ansehen.« Elvis starrte in die Kabine.
»Was ist denn da, verdammt noch mal? Eine Riesenwurst?«
»Viel schlimmer.«
Erstaunlicherweise hatte Elvis‘ Stimme einen besorgten Unterton, daher drehte Sanchez den Wasserhahn zu und schüttelte seine Hände trocken. Dann ging er hinüber zu Elvis. Noch ehe er die zweite Kabine erreichte, sah er, dass sie ein neues Problem hatten.
»Hey, was ist das da auf dem Boden?«, fragte er.
»Blut«, antwortete Elvis.
»Blut? Von Otis Redding?«
»Nee.«
Unter der Tür der Kabine, die halb offen stand, hatte sich eine kleine Blutpfütze gebildet. Langsam, aber stetig wurde die Pfütze mit jeder Sekunde größer. Sanchez‘ Schritte wurden zögernder, als er sich seinem Freund näherte, und als er ihn erreichte, warf er einen Blick um die Türkante.
»Heilige verdammte Scheiße!«
Was Elvis entdeckt hatte, waren zwei weitere Leichen. Ein Typ, der aussah wie ein Penner, lehnte an der Wand neben der Kloschüssel. Der andere Typ, ganz in Schwarz gekleidet, lag mit dem Rücken auf dem Boden und hatte die Füße auf dem Toilettensitz. Blut rann aus einer Wunde in seinem Hinterkopf, was die sich ausbreitende Pfütze erklärte.
»Das verdammte Blut war noch nicht da, als
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