Das Buch Ohne Gnade: Roman
vierstellige Nummer wählte. Das Rufzeichen erklang zweimal, dann wurde am anderen Ende abgenommen.
»Nigel Powell.«
»Hi, Mister Powell, hier ist Belinda an der Rezeption. Ein ziemlich unangenehmer verd–« – sie verschluckte den Rest des Wortes – »Gentleman mit einer Pistole und übelster Wortwahl ist soeben hereingekommen. Ich händigte ihm einen Hauptschlüssel aus, mit dem er Zugang zu jedem Zimmer hat. Hätte ich es nicht getan, wäre ich von ihm erschossen worden.«
»Ich verstehe. Ich benachrichtige den Sicherheitsdienst. Geben Sie den Leuten eine genaue Beschreibung, wenn Sie angerufen werden. Sind Sie sonst okay, Belinda? Sie können sich für den Rest der Nacht freinehmen.« Powell war um seine Angestellten immer sehr besorgt. Das hatte keine altruistischen Gründe. Es war nur so, dass das Ersetzen von Personal hier draußen auf Devil’s Graveyard nicht gerade die einfachste Aufgabe war, die er sich vorstellen konnte.
»Oh, mir geht es gut, danke, Mr. Powell. Da ist aber noch etwas anderes, das Sie wissen sollten.«
»Ja? Und was wäre das?«
»Dieser Typ meinte, er käme gerade direkt aus der Wüste, wo er von etwa einhundert Zombies angegriffen worden sei. Er sagte, sie kämen geradewegs hierher.«
Belinda hörte ihren Arbeitgeber am anderen Ende der Leitung laut seufzen. »Scheiße. Dann sind sie bereits hierher unterwegs, hm? Wir sollten lieber zusehen, dass wir diesen Gesangswettbewerb schnellstens zum Abschluss bringen. So wie es sich anhört, kommen die Mistkerle dieses Jahr aber früh, und ich glaube nicht, dass einer von uns ihnen als Imbiss dienen möchte. Dafür haben wir diese Idioten im Publikum.«
»Ja, Sir.«
SIEBENUNDDREISSIG ♦
Emily packte das Dampfbügeleisen mit der rechten Hand und hob es hoch über den Kopf. Dabei stellte sie fest, dass sie vor Angst zitterte. Tat sie das Richtige? Oder sogar das Vernünftige?
Sie wartete, während Gabriel den anderen Wachmann ins Zimmer schleppte. Er wandte ihr den Rücken zu, was für sie ein Glücksfall war. Sie glaubte nicht, dass es ihr so leicht von der Hand gehen würde, wenn er sie so mit dem hoch erhobenen Bügeleisen hinter sich stehen sähe. Er schloss die Tür mit einem Fußtritt und bewegte sich, die Hände unter den Achselhöhlen des toten Sicherheitsmannes, rückwärts in Richtung Kleiderschrank.
Als er nah genug herangekommen war, holte sie tief Luft und nahm all ihre Kraft und ihre Entschlossenheit zusammen und zielte mit dem Dampfbügeleisen auf seinen Hinterkopf. Und sie zielte gut.
CLUNK !
Das Bügeleisen traf die rechte Seite seines Hinterkopfs. Es erwischte sein rechtes Ohr, aber hauptsächlich landete es auf dem Teil seines Schädels, der mit einer sehr dünnen Schicht Haut und Haarstoppeln bedeckt war. Gabriel kippte um wie ein Sack Maiskolben und fiel auf den Körper des Wachmanns, den er über den Fußboden geschleift hatte.
Emily blickte auf ihn hinab. Er schien nur noch halb bei Bewusstsein zu sein, wenn man den murmelnden Lauten, die er von sich gab, trauen konnte. Sie hatte ihn auf jeden Fall betäubt, aber wie stark? Sie wollte ihn nicht töten, daher schlug sie ihmkein zweites Mal auf den Kopf, sondern versuchte, über die beiden Körper zwischen dem Bett und der Wand zu steigen, die ihr den Weg zur Zimmertür versperrten. Da war der Wachmann, den sie vor den Kleiderschrank gezogen hatte. Und dann lagen da noch Gabriel und unter ihm der zweite Wachmann. Eine hysterische Entschuldigung murmelnd trat sie vorsichtig auf den ersten Wachmann und machte Anstalten zu einem großen Schritt über Gabriel und den anderen Wachmann hinweg.
Während sie ein Bein über Gabriels Körper hob, kam er schlagartig zu sich. Die kurze Benommenheit, die sie bei ihm ausgelöst hatte, war viel zu schnell verflogen. Er packte ihr linkes Bein und zog heftig daran, sodass sie das Gleichgewicht verlor. Sie stolperte und stürzte neben dem Bett zu Boden und konnte gerade noch vermeiden, sich den Kopf am Bettpfosten anzuschlagen. Die unsanfte Landung hatte zur Folge, dass ihr das Bügeleisen aus der Hand rutschte und neben ihr auf den Teppichboden polterte.
»Du verdammtes Miststück!«, hörte sie Gabriel fluchen. Sie hatte es geschafft, ihn in Rage zu bringen und nicht, ihn außer Gefecht zu setzen.
Er kam hinter ihr auf die Füße. Während sie aufzustehen versuchte, versetzte er ihr mit der rechten Faust einen brutalen Hieb auf den Nacken. Sie fiel aufs Gesicht und bekam eine Vorstellung davon, wie er sich gefühlt
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