Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
mich davon ablenken. Das ist mein erster Drink seit fünf Jahren. Ich bin in deine Bar gekommen, weil der Laden leer war, und jetzt, wo ich hier bin, gibt es genau zwei Dinge, die mir auf die Nerven gehen.«
»Was für Dinge?«, fragte Berkley eifrig in der Hoffnung, die Missstände ließen sich einfach abstellen.
»Erstens ärgert mich der Service. Ich musste noch nie so lange auf einen Drink warten, in keiner Bar der Welt. Du solltest wirklich daran arbeiten.«
»Okay, sicher. Ich … ich … es tut mir wirklich leid, wissen Sie?«
»Schön. Das ist ein Anfang. Das Zweite, was mir auf den Nerv geht, ist dieses tropfende Geräusch. Kannst du das vielleicht abstellen?«
Berkley hatte bis zu diesem Moment kein tropfendes Geräusch gehört, also lauschte er aufmerksam. Und tatsächlich, nach etwa fünf Sekunden erklang ein leises Tropfen. Es kam von einer Stelle direkt hinter Bourbon Kid. Berkley reckte den Hals über den Tresen und entdeckte eine große Blutlache mitten auf dem Boden. Wahrscheinlich von einem der beiden Vampire, die früher am Abend ihre untoten Leben verloren hatten. Während er noch auf die Stelle starrte, landete ein weiterer Tropfen genau mittendrin und erzeugte ein weiteres leises Platschen.
Woher mag das kommen? Berkley hob den Blick zur Decke und fand die Antwort. Er wünschte sich auf der Stelle, er hätte es nicht getan.
Direkt über der Blutlache auf dem Fußboden hing ein Ventilator an der Decke. Es war ein normaler schwerer Metallventilator von der Sorte, wie man sie in jeder Bar auf der ganzen Welt findet. Die Ventilatorblätter drehten sich mit sehr geringer Geschwindigkeit, zum Teil, weil sie immer so langsam liefen, doch hauptsächlich wegen der Leiche von Rodeo Rex, die darum gewickelt war. Es war sein Blut, das auf den Boden tropfte. Er blutete aus zahlreichen Wunden. Seine Augen waren zerdrückt worden und seine Zunge herausgerissen. Große Fetzen blutigen Fleisches hingen von seinen Armen und Beinen. Seine Brust war völlig zerquetscht und bedeckt von zerrissener Kleidung. Es war kein schöner Anblick, und der Gedanke, dass er vielleicht bald auf ähnliche Weise enden würde, ließ Berkleys Knie weich werden. Bevor er es wusste, hatte er den Halt verloren und war hinter der Bar lang hingefallen, wobei er sich den Kopf an einem Holzregal anschlug. Es war kein geschickter Zug unter den gegebenen Umständen. Er atmete ein paar Mal tief durch, bevor er sich wieder aufrappelte.
Nachdem er seine Fassung halbwegs zurückerlangt hatte, entschied er, nicht noch einmal nach oben zu sehen zu der Leiche am Ventilator. Stattdessen sah er Bourbon Kid zu, wie dieser seinen Bourbon hinunterkippte und das leere Glas auf den Tresen hämmerte.
»Äh, noch einen Drink, Sir?«, erkundigte sich der Barmann nervös.
Bourbon Kid schüttelte den Kopf. Dann griff er in seinen Mantel und brachte eine Pistole zum Vorschein. Es war eine verdammt große Pistole, eine BFG . Berkley hatte schon größere Pistolen gesehen, doch noch nie eine, die so lebendig aussah und so verdammt gefährlich. Bourbon Kid richtete die BFG auf den Kopf des unglückseligen Barmannes. Berkley spürte, wie jeder einzelne Muskel in seinem Körper anfing zu zittern. Hätte er versucht, um Gnade zu betteln, er hätte nur ein mäuseartiges Quieken hervorgebracht, so groß war das Entsetzen, das ihn plötzlich gepackt hatte. Betäubt vor Angst starrte er in den Lauf der Pistole und sah hilflos mit an, wie der Bourbon Kid langsam den Abzug betätigte.
PENG !
Der Widerhall dieses einen Schusses würde in kilometerweitem Umkreis zu spüren sein, und das für viele Jahre.
Bourbon Kid war zurück.
Und er war durstig.
Achtundvierzig
Die Atmosphäre in der Tapioca Bar war ein wenig angespannt, und das schon seit einigen Stunden. Es fing im Grunde mit Jefes Auftauchen an, der sich gesondert von den anderen hinsetzte und anfing zu trinken. Sanchez spürte, dass etwas Unangenehmes im Schwange war: Der Kopfgeldjäger zeigte außergewöhnlich üble Laune, noch vor dem ersten Glas Bier, und jeder weitere Schluck verschlimmerte seinen üblen Zustand weiter. Sanchez vermutete, es habe damit zu tun, dass Jefe das Auge des Mondes immer noch nicht wiedergefunden hatte und dass er sich nun entscheiden musste, dies gegenüber El Santino zuzugeben oder verdammt schnell aus der Stadt zu verschwinden.
Jefe saß ganz allein am Ende der Theke, kippte sich Bier um Bier hinter die Binde und beschimpfte jeden, der sich ihm weit genug näherte. Die
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