Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
überlegen. » Copykill war eine billige Serienkiller-Produktion, bei der jeder Filmfan den Killer schon in der Eröffnungsszene entdeckt hat, noch bevor der Vorspann zu Ende war.«
»Tatsächlich?« Jensen klang überrascht. »Daran erinnere ich mich überhaupt nicht.«
»O doch. William McNamara, der damals ein aufsteigender Stern war, befand sich zusammen mit einer ganzen Wagenladung Extras in der Szene. Ich erinnere mich, wie ich gedacht habe, was zur Hölle soll ein Kerl, der in mehreren kleinen Filmen der Hauptdarsteller war, ausgerechnet in dieser Szene – es sei denn, er ist später der Überraschungskiller? Ich hatte recht – nicht, dass es den Film ruiniert hätte. Das hat, glaube ich, der Regisseur im Alleingang erledigt.«
»Also ich muss sagen, ich halte Copykill für einen ziemlich guten Film mit einer Menge origineller Ideen, trotz allem, was der Titel nahelegt.«
»Aber Sie werden ja wohl nicht behaupten, dass er besser sei als Ring ? Oder?«, fragte Somers.
»Na ja, ich dachte eigentlich immer, Ring wäre ein wenig weit hergeholt, aber wissen Sie was? Vor ungefähr zwanzig Minuten habe ich meine Meinung geändert.«
Somers neigte den Kopf zur Seite und strich sich mit der Hand durch die silbernen Haare, wie er es häufig tat, wenn er angestrengt nachdachte. Er blickte Jensen an. »Also schön. Schießen Sie los – was haben Sie gefunden? Erzählen Sie mir nicht, dass all Ihre Opfer ein Video angesehen haben und dann innerhalb von sieben Tagen gestorben sind?«
»Nicht ganz«, sagte Jensen und warf eine Ladung Computerausdrucke vor Somers auf den Schreibtisch. Somers nahm einen zur Hand. »Was ist das?«
»Büchereiaufzeichnungen.«
» Büchereiaufzeichnungen? « Somers legte den Ausdruck so hastig zurück, als hätte er sich die Finger verbrannt.
»Jepp. Jedes der ersten fünf Opfer hat das gleiche Buch aus der städtischen Leihbücherei ausgeliehen. Es sind die einzigen fünf Personen, die dieses Buch je ausgeliehen haben. Effektiv könnte man sagen, dass jeder, der es je gelesen hat, tot ist.«
Somers sah nicht überzeugt aus. »Was ist mit all den anderen Büchereien und Buchhandlungen, die dieses Buch führen?«, fragte er. »Unser Killer kann doch wohl unmöglich jeden beseitigen, der sich eine Ausgabe gekauft oder aus einer anderen Bibliothek ausgeliehen hat?«
»Wollen Sie denn nicht wissen, um was für ein Buch es sich handelt?« Jensen sah den anderen mit erhobenen Augenbrauen an, um seiner Überraschung Ausdruck zu verleihen, dass Somers dies nicht gleich als Erstes getan hatte.
»Lassen Sie mich raten – vielleicht Victoria Beckhams Biografie?«
»Unsinn. Das würde nur dann einen Sinn ergeben, wenn diese Toten sich selbst umgebracht hätten.«
»Zugegeben«, grinste Somers. »Also dann, schießen Sie los. Was ist es für ein Buch?«
Jensen beugte sich vor und deutete auf eine Zeile auf halber Höhe der obersten Seite von Computerausdrucken, die er Somers hingelegt hatte. Sein Partner nahm die Ausdrucke erneut zur Hand und las die Stelle, die Jensen ihm zeigte.
» Die Mighty Blues? «
»Nein. Das darunter«, sagte Jensen und tippte fester auf die Seite.
»Was denn – Die Peinliche Ziege? «
»Nichts da«, sagte Jensen und tippte noch energischer. »Das darüber.«
Somers blickte irritiert zu Jensen auf. Dann, als würde es ihm ein wenig später dämmern als eigentlich nötig, blickte er wieder auf das Blatt, und das Stirnrunzeln verlor sich. Er starrte auf die Stelle, die Jensen anzeigte. Oberflächlich betrachtet sah es aus, als folgte »Die Peinliche Ziege« unmittelbar auf »Die Mighty Blues«, doch bei genauerer Betrachtung gab es da eine leere Zeile, mit dem Namen »Anon.« als dem des Autors in der Spalte rechts daneben:
Die Mighty Blues
Sam McLeod
Anon.
Die Peinliche Ziege
Richard Stoodley
Leben auf dem Strich
Ginger Taylor
»Ist das etwa ein Buch ohne Namen?«, fragte Somers.
»Das nehme ich an«, sagte Jensen. »Das obere Blatt, das Sie da halten, ist eine Liste aller von Kevin Lever ausgeliehenen Bücher. Die folgenden Blätter listen die Bücher auf, welche die anderen Opfer ausgeliehen haben. Sie alle haben dieses Buch ohne Namen von diesem anonymen Autor ausgeliehen. Wir müssen dieses Buch finden.«
»Jensen – Sie sind ein Genie!«
»Nein. Ich habe nur das Glück, Zugriff auf eine Riesenladung vertraulicher Dateien zu besitzen, deren bloße Existenz die meisten Bewohner dieses Landes als eine krasse Missachtung der Menschenrechte
Weitere Kostenlose Bücher