Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
wenig dichter und länger und seine Oberarme dicker, als sein Bizeps anschwoll. Seine neue Kraft war schwer zu kontrollieren, sobald er auch nur die geringste Wut in sich aufsteigen spürte.
»Weißt du was?«, fragte Sally nervös. »Diese hier gehen aufs Haus, einverstanden? Sag nur Sanchez nichts davon, okay?«
Das Tier in MC Pedro beruhigte sich ein wenig, und sein Aussehen normalisierte sich wieder. In diesem Augenblick betrat ein neuer Gast das Lokal durch den Vordereingang und kam zu ihm an die Theke. MC Pedro erkannte den Neuankömmling sofort.
»Hey, Mann, wie geht’s denn so?«, fragte er.
»Mir geht es gut«, antwortete der Neuankömmling schroff. Er trug einen langen dunklen Umhang mit einer großen Kapuze, die zurückgeschlagen über seinen Schultern lag.
»Hey, Bedienung!«, brüllte MC Pedro. »Mach meinem Kumpel hier auch einen Whiskey! Und schreib ihn auf meinen Deckel, klar?«
»Sicher.« Sally nahm die Flasche unter der Theke hervor, doch der Neuankömmling gebot ihr Einhalt.
»Ich will einen von dem da«, sagte er und zeigte auf eine Flasche Bourbon, die ganz in der Ecke Staub ansammelte. »Mit Eis.«
»Hey, was soll das?«, protestierte MC Pedro. »Magst du meinen Whiskey vielleicht nicht, du Pussy?«
»Das ist kein Whiskey, das ist Pisse.«
»Er schmeckt vielleicht wie Pisse, aber das heißt noch lange nicht … oder doch?«
»Es ist Pisse.«
Im hinteren Teil der Bar goss Sally gerade Bourbon über Eiswürfel, während sie der Unterhaltung der beiden Männer lauschte. In der Stimme des Neuankömmlings war definitiv ein verdammt rauer Unterton. Sie hatte diesen Typen noch nie in der Tapioca Bar gesehen, doch schon jetzt stieg in ihr das Gefühl auf, dass sie ihn auch lieber nie wiedersehen wollte.
MC Pedro hatte immer noch nicht kapiert, warum der Neuankömmling das Wort Pisse so sehr betont hatte, deswegen nahm er das Tablett mit den Drinks, trug es an den Tisch der Werwölfe und stellte es ab. Die Nutte hatte keinen Sitzplatz mehr, weil Pedro seinen Stuhl zurückwollte, also erhob sie sich und brachte einen Trinkspruch aus.
»Auf Pedro, den neuen Boss!«, rief sie.
»Auf Pedro, den neuen Boss!«, riefen die anderen einstimmig. Ein Klimpern von anstoßenden Gläsern schloss sich an, als alle ihrem neuen Boss zuprosteten. Die Stimmung war beschwingt, die Drinks umsonst – was mehr konnte ein Werwolf oder eine Nutte verlangen?
Ihre Beschwingtheit wurde bald vom Geräusch des die Treppe heruntertrampelnden Barmanns Sanchez übertönt. Unten angekommen, packte er Sally beim Arm, als sie soeben den Whiskey auf den Tresen vor den Neuankömmling stellte.
»Hey! Hast du das Mädchen von oben gesehen?«, herrschte er sie an, indem er heftig am Ärmel seiner Mitarbeiterin zerrte.
»Nein. Warum? Ist sie nicht oben?«, fragte Sally ahnungslos.
»Verdammt, nein! Warum sollte ich wohl sonst fragen? Sie ist verschwunden! Wieso zum Teufel hast du sie nicht gesehen? Sie muss an dir vorbeigekommen sein! Verdammte Scheiße!« Sanchez war außerstande, seine Wut für sich zu behalten. Er war stinksauer auf seine Bedienung. Er hatte ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben, wie wichtig Jessica für ihn war. Die schöne Frau oben in seiner Wohnung war ein Geheimnis, das Sanchez normalerweise mit niemandem teilte. Unglücklicherweise war Sally einmal oben gewesen und hatte die schlafende Jessica in ihrem Zimmer gesehen, weswegen Sanchez gezwungen gewesen war, ein paar Informationen über die Frau preiszugeben, die er schon all die Jahre heimlich liebte. Er hatte Sally auch unmissverständlich klargemacht, dass sie niemals, unter gar keinen Umständen jemand anderen nach oben lassen durfte und dass sie Jessica nicht aus dem Haus lassen durfte, ohne dass er davon wusste.
Bevor er seine unglückselige Bedienung noch weiter fertigmachen konnte, vernahm er eine Stimme, die ihm das Blut in den Adern erstarren ließ und seinen Magen verknotete.
»Hey, Bedienung! Mach mein Glas voll.«
Sanchez hob den Kopf und starrte den Gast an der Theke an. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass Sanchez sich seit seiner Kindheit nicht mehr vollgemacht hatte. Beim Anblick des Bourbon Kid in seiner Bar mit einem Glas von dem goldfarbenen Zeug vor sich hätte Sanchez sich jedoch fast vollgeschissen. Heilige Scheiße, das kann ich wirklich nicht gebrauchen , dachte er voller Entsetzen.
Bevor Sanchez etwas sagen oder auch nur die Hand nach dem Glas vor dem Bourbon Kid ausstrecken konnte, flog ihm eine Ladung warmer
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