Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
nicht?«
»Sein Macher hat seinen Kehlkopf verletzt. Es ist schmerzhaft für ihn zu reden, also redet er so wenig wie möglich.«
Dante lächelte Silence an, und Silence grinste zurück. Was für eine Bande von Freaks! , dachte Dante. Ein brüllender Deutscher und sein schweigsamer Kumpel.
»Ich schätze, ihr beide seid so was wie Jay und Silent Bob der untoten Welt, eh?«, witzelte Dante.
Niemand lachte. Stattdessen betretenes Schweigen. Scheiße! , dachte Dante. »Und wer ist der hier?«, fragte er, um von seinem Ausrutscher abzulenken, und deutete auf den dritten Mann.
»Der? Das ist Déjà-Vu«, sagte Obedience.
Déjà-Vu rauchte eine Zigarette. Er nahm einen einzelnen tiefen Zug, dann blies er eine Art Rauchring, nur dass er herauskam wie eine sich entringelnde Schlange. Er schwebte durch Déjà-Vus fettige schulterlange Haare nach oben und entschwand in Richtung Decke.
Déjà-Vu nickte Dante zu. »Hey. Kennen wir uns?«, fragte er.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Dante. Er war nicht sicher, ob es ein Witz sein sollte oder nicht.
»Keine Sorge«, sagte Obedience. »Das hat Déjà-Vu andauernd.«
»Behauptest du!«, entgegnete Déjà-Vu ohne jede Spur von Ironie.
Im Verlauf der nächsten beiden Stunden trank Dante Bier und lauschte den Geschichten von Obedience und seinen drei Freunden. Sie waren nette Typen, mit Ausnahme von Silence, der den ganzen Abend kein Wort zu Dante sagte. Obedience kaufte die Drinks, Fritz brüllte jedes Lied mit, das die Psychics spielten, und Déjà-Vu – na ja, er blickte die meiste Zeit verwirrt drein und schien jedes Mal genauer hinzugucken, wenn jemand vorbeiging.
Diese vier schienen ganz okay zu sein für neue Freunde. Sie hatten Dante in ihren Clan aufgenommen, und Obedience hatte ihm sogar versprochen, eine von jenen ärmellosen schwarzen Lederjacken zu besorgen, die alle vier trugen. Die Jacken trugen das Gruppenlogo auf dem Rücken, ein einfacher Schriftzug aus gesticktem goldenem Faden, der »The Shades« besagte, die Sonnenbrillen.
Bis jetzt war Dantes Mission als Undercover-Vampir glattgelaufen. Er hatte vier Freunde gefunden und war einem exklusiven Clan oder Club beigetreten oder wie zum Teufel auch immer sich das nannte. Seine Nervosität wegen der vor ihm liegenden Aufgabe schwand mit jedem neuen Bier ein Stückchen mehr. Er fühlte sich jetzt schon integriert. Die Zeit würde zeigen, ob das gut war oder nicht.
Was Dante nicht wusste – mehr als einer der Gäste im Nightjar hatte inzwischen bemerkt, dass er kein Vampir war.
[1]
Egal
[2]
Nicht egal, sondern von Oasis
Vierundzwanzig
Nach einer weiteren Nacht im Nightjar unter den Untoten saß Peto allein in seiner Wohnung. Er hatte immer noch keine Informationen über den Bourbon Kid aufgeschnappt, doch eigenartigerweise hatte er diesen jungen Burschen gesehen, diesen Dante Vittori, den er im Jahr zuvor kennen gelernt hatte. Während Petos damaligem Besuch in Santa Mondega hatte Dante ihm angeboten, ihm und seinem Mönchskollegen Kyle bei der Suche nach dem Auge des Mondes zu helfen. Rein technisch gesehen hatte er ihnen tatsächlich geholfen, bis er sich im allerletzten Moment gegen Peto gestellt und mit einer Waffe auf seinen Kopf gezielt hatte, just als der Mönch den Bourbon Kid hatte erschießen wollen. Hätte Peto den Bourbon Kid damals getötet, er hätte – ohne es zu wissen – das Leben all seiner Brüder auf Hubal gerettet, die kurze Zeit später auf brutale Weise ermordet worden waren.
Und trotzdem hatte Peto das Gefühl, dass Dante im Grunde genommen ein guter Mensch war. Cromwell hatte das Gleiche gesagt, und seine Meinung schien in dieser Gegend einiges zu gelten. Peto erinnerte sich, wie Dante ihn nach der Sonnenfinsternis des vergangenen Jahres mit dem Auge des Mondes aus der Tapioca Bar fortgeschickt hatte mit dem Versprechen, sich um den Bourbon Kid zu kümmern. Nach allem, was der Mönch seither herausgefunden hatte, hatte Dante überhaupt nichts gegen den Bourbon Kid unternommen. Stattdessen hatte er ihm dabei geholfen, Hunderte von Kugeln in den am Boden liegenden Leichnam des jungen Mädchens im Catwoman-Kostüm zu pumpen.
Sein Gefühl, was Dante anging, hatte sich bestätigt, als er in dem Buch, das Bertram Cromwell ihm gegeben hatte, ein Bild von einer Frau mit einer verblüffenden Ähnlichkeit mit Jessica im Catwoman-Kostüm entdeckt hatte. Das Buch mit dem Titel Ägyptische Mythologie enthielt eine ganzseitige Reproduktion eines Gemäldes von ihr und verriet
Weitere Kostenlose Bücher