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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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seine Entscheidung deshalb traf oder wegen der kühlen Hand der Prinzessin auf seinem Arm und dem Blick ihrer blauen Augen.
    Er straffte die Schultern. »Geht und entzündet ein Feuer in der Schmiede. Fangt an, die Krone einzuschmelzen. Ich folge nach, sobald ich kann.«
    Wilamena drückte seinen Arm. »Danke.«
    »Okay«, sagte Emma. »Aber kommt bloß nicht auf die Idee, mich in irgendwas einzuweihen. Das wäre ja wirklich zu viel verlangt.«
    Wilamena nahm sie an der Hand und flüsterte: »Ich erzähle dir alles. Du hast wirklich sehr viel Geduld mit uns, weißt du das?«
    Michael, der allein zurückblieb, vergeudete keine Zeit, sondern ging geradewegs zu dem immer noch gefesselten Wächter. Wenn er auch nur einen Moment zögerte, würde er es nicht schaffen, die Sache durchzuziehen. Und er hatte es versprochen. Trotzdem zitterten ihm die Hände und er packte den Gurt seiner Tasche fester.
    »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Der Mann schaute nicht hoch und ließ auch ansonsten nicht erkennen, ob er Michael gehört hatte.
    »Draußen findet eine Schlacht statt. Eine Schlacht, die wir verlieren werden. Wenn das geschieht, wird Rourkes Armee die Elfen umbringen. Er wird Sie umbringen und die Chronik des Lebens an sich nehmen. Ich will, dass Sie das goldene Band reparieren, mit dem man die Prinzessin in einen Drachen verwandeln kann.«
    Immer noch rührte sich der Mann nicht.
    »Haben Sie mich gehört? Die werden das Buch stehlen. Und Sie töten!«
    Da endlich hob der Wächter den Kopf. Das rote Glühen aus dem Loch in der Mitte des Bodens überzog seine Augen mit einem irren Glanz. Er funkelte Michael mit unverhohlenem Hass an.
    »Gut.«
    Und damit ließ er den Kopf wieder fallen.
    Das war mehr oder weniger die Reaktion, die Michael erwartet hatte.
    Also weiter im Text , befahl er sich. Du weißt, was du zu tun hast.
    Michael kniete sich hin und blendete die Schreie der Kreischer und das Kampfgetümmel aus, um sich ganz auf den Mann zu konzentrieren, der vor ihm hockte.
    »Ich glaube, Sie waren nicht immer so. Es sind diese unzähligen Jahre, diese Jahrhunderte – das war einfach zu viel für Sie. Ich brauche die Hilfe des Mannes, der Sie einmal waren.«
    Der Wächter hob wieder den Kopf, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Michael, etwas in seinem Gesicht zu sehen – ein Flehen vielleicht? Er erinnerte sich an die Augen des verrückten Bert, in denen ebenfalls eine Art Bitte gelegen hatte.
    Dann war es vorbei. Der Wächter schnaubte und sagte: »Dieser Mann ist tot.«
    »Nein«, widersprach Michael und verfluchte innerlich das Zittern in seiner Stimme. »Ich glaube, er lebt noch irgendwo tief in Ihrem Inneren.« Und damit öffnete er die Tasche und zog die Chronik heraus. »Prinzessin Wilamena sagt, dass dieses Buch Menschen zu heilen vermag. Es hat meine Schwester erlöst. Und ich glaube, Sie sind einfach nur krank. Vielleicht wollen Sie auch gar nicht gesund werden, weil Sie sich dann all den schrecklichen Dingen stellen müssen, die Sie getan haben. Aber die Chronik kann Ihnen helfen. Ich … kann Ihnen helfen.«
    Der Kopf des Mannes schoss mit einem Ruck vor und er zischte: »Sei kein Narr! Weißt du nicht mehr, wie es bei deiner Schwester war? Du hast all ihren Schmerz und all ihr Leid gespürt. Es war der Schmerz und das Leid eines Kindes – und schon das war zu viel für dich! Und jetzt willst du das Gleiche bei mir machen? Bei mir, der ich fast dreitausend Jahre gelebt habe? Ich habe meine Brüder ermordet. Ich habe meinen Schwur gebrochen. Schreibe meinen Namen in dieses Buch, und du wirst derjenige sein, der gemordet und betrogen hat! Die Pein wird dich in Stücke reißen, mein Junge, das verspreche ich dir. Dein Herz ist nicht stark genug.«
    »Glauben Sie, das weiß ich nicht?« Tränen verschleierten Michaels Blick. »Glauben Sie, ich würde es tun, wenn ich eine andere Wahl hätte? Am liebsten wäre ich gar nicht hier! Ich wünschte, ich wäre in Cambridge Falls. Oder im Edgar Allan Poe Waisenhaus, und das will was heißen, glauben Sie mir.« Er rieb sich mit den Fingerknöcheln die Augen und holte tief Atem. »Aber ich bin hier. Und Kate hat mir die Verantwortung übertragen.«
    Damit öffnete er die Häkchen, mit denen der Griffel am Buchrücken befestigt war, nahm den Stift und schlug das Buch in der Mitte auf. Seine Hände zitterten so heftig, dass er drei Anläufe brauchte, um sich in den Daumen zu stechen und einen Blutstropfen herauszudrücken.
    »Ich warne dich, Junge. Tu das

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