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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Dann eine Hand voll Reiter, deren Blut sich mit dem ihrer Pferde mischte. Schließlich aber wurde ein Trupp Lanzenträger auf sie aufmerksam, und ihnen hatten die Wölfe nichts entgegenzusetzen. Einige schleppten sich mit Lanzen in den Flanken bis zu ihren Gegnern und fielen über sie her, doch die meisten Tiere starben im Lauf.
    Der große Wolf, der Rudelführer, wurde zwei Mal getroffen. Die erste Lanze prallte von ihm ab und riss ihm die Seite auf. Eine zweite wurde in seine Brust gerammt, als er sich auf einen Mongolen stürzte, und noch im Sterben verbissen sich seine Fänge im Gesicht des kreischenden Mannes.
    Gabriel war abgesprungen, als das Rudel auf die Lanzenträger zugeprescht war, und nun versuchte er, sich in der Dunkelheit davonzustehlen. Er kam nicht weit.
    Sie fingen ihn, schlugen ihn, wollten ihn töten. Doch einer von ihnen sah die Schlange in ihm – vielleicht auch nur ihren Schatten – und spürte die Kälte, die von ihm ausging, denn es war die gleiche, die unter großen Steinen herrschte oder an den Wurzeln alter Bäume.
    Schließlich brachten sie ihn zu einem ihrer Schamanen, in Ketten und geknebelt, denn er heulte wie ein Wolf. Nur seine Augen ließen sie frei, obgleich die Männer sie fürchteten und keiner es wagte, seinem Blick zu begegnen.
    Der Schamane war ein alter Mann aus zähem Fleisch und ledriger Haut. Ein Wolf hätte keine Freude an ihm gehabt. Er hatte die Schlange schon früher gesehen, in seinen Träumen und beim rituellen Klang der Trommel, und nun erkannte er sie wieder. Das zu begreifen raubte ihm fast den Verstand , und schreiend verlangte er, man möge den Weisen holen, den fremden Berater des Il-Khans, denn womöglich wisse er, der doch aus diesen Landen stammte, welche Art von Dämon sie da gefangen hatten.
    Der Gefangene zischte, als sie den Knebel lösten. Der weise Mann befragte ihn: Wer er sei. Woher er komme. Welcher böse Geist ihm befohlen habe, mit seinem Teufelsrudel nach Bagdad zu ziehen.
    Einzelne Silben lösten sich aus seiner Kehle, die an das Sprechen nicht mehr gewöhnt war. Aus dem Zischen und Heulen wurden röchelnde Laute, dann Worte, schließlich Sätze.
    Lumina. Corax.
    Der Garten Gottes.
    Der Garten Gottes.
    Shadhan, der Berater des Hulagu, beugte sich vor und starrte in die verbrannten Augen.
    » Dann gibt es noch einen anderen Weg dorthin? «

SCHWERTER BEI NACHT
    » G e nug! «, rief Corax mit grollender Stimme. » Ich kann keinen Krieg führen, von dem ich nichts anderes höre als verwässerte Berichte. Ich kann kein Heer führen, wenn ich den Atem des Feindes nicht rieche und nicht die Hitze der Feuer spüre. «
    Die übrigen Hauptmänner wechselten irritierte Blicke. Einige von ihnen flüsterten miteinander. Nur Sinaida, die längst keinen Schleier mehr trug und in lederne Hosen und ein eng geschnürtes Wams geschlüpft war, nickte langsam. Durch die hohen Fenster des Saales fiel trüb-graue Helligkeit, die Strahlen der Abendsonne wurden von den Rauchwolken über der Stadt verdunkelt.
    Libuse saß auf einer Marmorstufe in der Ecke der Halle und beobachtete, was sich dort abspielte. Sinaida hatte sie anfangs verwirrt, aber mittlerweile mochte sie die junge Mongolin. Sie war kleiner als Libuse, zart gebaut, aber ausgesprochen drahtig. Dass sie sich über den Schleierzwang bei Hof hinwegsetzte, einfach, weil sie es wollte, hatte für allerlei Unruhe gesorgt, doch sie hatte die Beschimpfungen ignoriert und schien nun fast mit Belustigung zu beobachten, wie die übrigen Hauptleute sie immer wieder mit neugierigen Blicken streiften oder verstohlen musterten.
    Außer Libuse schien Sinaida als Einzige zu verstehen, was Corax empfand. Es war absurd, eine Streitmacht auf die Verteidigung einer Stadt vorzubereiten, ohne selbst je dem Feind gegenübergestanden zu haben.
    Corax beugte sich über das Modell der Stadt und stützte sich mit beiden Händen auf die Tischkante. Rundum standen die Strategen und starrten verlegen auf die Miniaturen von Häusern, die in Wirklichkeit längst ein Raub der Flammen geworden waren. » Ich kann nicht in diesem Palast darauf warten, bis Hulagu durchs Portal reitet und mich verspottet, weil ich nicht einmal – nicht ein einziges Mal – selbst auf den Mauern gestanden habe! «
    Der Kalif seufzte auf seinem Thron am Kopfende der langen Tafel, auf der das Modell errichtet worden war. » Was gedenkst du zu tun? « Er war der Einzige, der die Stimme erhob. Alle anderen schwiegen betreten.
    » Ich will auf den äußeren Wall.

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