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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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entrissen, doch das hätte Shadhan und die Turgauden erst recht auf sie aufmerksam gemacht.
    Die Männer setzten ihre Suche fort. Gabriel schlich auf Händen und Füßen hinter ihnen her wie ein geprügelter Hofhund, unterwürfig, zugleich aber auf die Gelegenheit lauernd, es seinen Peinigern heimzuzahlen. Er schnüffelte in diese und jene Richtung, und überall wichen die Menschen mit einem furchtsamen Raunen vor ihm zurück. Der Geruch von Angstschweiß hing stechend in der Luft. Nur noch eine andere Gruppe Gefangener befand sich zwischen den Gefährten und den Mongolen.
    » Seine Augen «, flüsterte Favola erneut.
    Libuse war drauf und dran, sie an der Schulter herumzureißen und anzubrüllen.
    Plötzlich spürte sie es.
    Eine Kälte, die nichts mit der Luft zu tun hatte.
    Ein unwirklicher Frost schien nach ihrem Herzen zu greifen.
    In Windeseile breitete er sich über ihren gesamten Körper aus.
    Als sie aufschaute, bemerkte sie, dass Gabriels Gesicht in ihre Richtung blickte, obgleich seine Augen geschlossen waren, die Lider wie festgebacken an verbranntem, verkrustetem Fleisch. Der glühende Stahl der Klinge hatte seine Haut geschmolzen wie zerlaufenes Wachs.
    Und doch sah er sie. Sie spürte es ganz deutlich. Ein eiskaltes, animalisches Wittern, mit Sinnen, die ihr fremd waren.
    Wie ein Reptil, durchzuckte es sie.
    Gabriel begann zu knurren. Dann gingen die Laute in ein Zischeln über, und seine langen Fingernägel scharrten am Marmorboden der Großen Halle wie Messerklingen.
    Shadhan sah erst ihn an, dann folgte er seinem Blick zu den Gefährten. Er musterte sie aus der Entfernung ohne jedes Erkennen, ehe seine Augen sich auf die Frau in Kleid und Schleier richteten. Ein feines Lächeln umspielte seinen schmallippigen Mund.
    Er stieß einen Befehl aus, und sofort setzten sich die Turgauden in Bewegung. Gabriel wollte an seinem Führer vorüberspringen, doch der Mann versetzte ihm einen brutalen Tritt in die Rippen; er wurde von Händen und Füßen gefegt, rollte sich unbeholfen ab, sprang abermals auf und knurrte erneut in die Richtung der Gefährten.
    » Was haben sie ihm nur angetan? «, murmelte Aelvin, starr vor Grauen.
    » Ich glaube nicht, dass sie das waren «, gab Albertus zurück, und dann waren Shadhan und die Turgauden heran.
    Sinaida handelte.
    Ohne einen Laut federte sie empor und schnellte auf den alten Mann zu. Ihre Bewegungen waren zu rasch, um ihne n m it den Blicken zu folgen. Shadhan aber hatte jahrelang unter den Nizaris gelebt, und er kannte ihr Geschick. Er hatte einen Angriff erwartet, und die Turgauden waren vorbereitet. Wie auf ein stummes Kommando hin schloss sich ihre Reihe vor dem Alten, eine unüberwindliche Mauer aus Rüstzeug und Klingen.
    Trotzdem schnitt Sinaida dem Ersten die Kehle durch. Einem Zweiten zerschmetterte sie das Gesicht. Den Dritten aber verfehlte sie, weil zugleich zwei weitere Männer nach ihr griffen. Sie ließ die Klinge noch einmal herumwirbeln, diesmal in Shadhans Richtung, doch er befand sich bereits außerhalb ihrer Reichweite. Sie fauchte fast wie Gabriel und schrie etwas in einer Sprache, die Libuse nicht verstand. Dann wurde sie zu Boden geschleudert, der Dolch wirbelte davon und verschwand irgendwo zwischen den anderen.
    Vier Turgauden hielten Sinaida am Boden fest, während ein erneutes Raunen durch die Halle wogte.
    Shadhan trat hinter den Kriegern hervor und blickte kalt auf die gefangene Prinzessin herab. Er sagte etwas zu ihr auf Arabisch, und sie versuchte ihn anzuspucken. Shadhan aber lachte nur, und es klang beinahe ein wenig müde.
    Ein Schrei ertönte. Dann die Stimme des Magisters.
    Wieder flatterte Stoff. Wieder prallten Körper aufeinander.
    Libuse sah, dass Favola nicht mehr zwischen ihnen saß. Der Luminaschrein stand unbeaufsichtigt am Boden, seine Hüterin war nicht mehr an ihrem Platz.
    Gabriel stieß ein hohes, anhaltendes Heulen aus. Er lag auf dem Rücken, Favola kauerte über ihm.
    Der Dolch, den die Turgauden aus Sinaidas Hand geschlagen hatten, steckte in seiner Brust. Er lag ganz still, stieß nur dieses furchtbare, bemitleidenswerte Heulen aus, während Favolas behandschuhte Finger noch immer den Griff der Waffe hielten.
    Selbst Sinaida vergaß für einen Augenblick ihre Gegenwehr.
    Shadhans Lächeln erstarb, dann bekam er sich wieder unter Kontrolle. Ein Turgaude packte Favola von hinten und riss sie von dem Sterbenden fort. Die Wächter an den Säulen sprangen abermals vor, um die aufgebrachte Menge der Gefangenen zu

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