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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Erdlicht, versuchte sich vorzustellen, wie es sie mit seinen lindernden Strahlen berührte und umfing.
    » Nein! «, schrie ihr Vater und warf sich gegen seine Fesseln. Der Stuhl kippte um, fiel auf die Seite, und Corax schlug mit dem Kopf auf, aber er schrie weiter, schrie, als könnte er damit die Zeit anhalten und all das hier ungeschehen machen.
    Die Wärme des Erdlichts. Sie stieg aus dem Holzfußboden rund um Libuse, doch sie war die Einzige, die es sah und spürte.
    Da bist du ja, dachte sie wie im Traum.
    Gabriel hob den Riegel und ließ ihn polternd zu Boden fallen. Die Tür flog auf. Aus dem Schneegestöber hetzte das Rudel herein, schüttelte nasses Fell, witterte die Beute.
    Libuse begriff jetzt, was Corax gemeint hatte.
    Gabriels Rudel. Seine Wölfe.
    Schwarzer Pelz, struppig und stinkend. Gesträubtes Fell auf dunklem Stoff. Helmklappen, spitz wie Schnauzen. Stählerne Krallen statt Hände.
    Corax ’ Schreie erfüllten die Halle.
    Libuse trieb im Licht und träumte.
    WOLFSJAGD
    D u lässt mir keine andere Wahl «, sagte Albertus. Der Blick, mit dem er Aelvin bedachte, war von der Sorte, die glühende Punkte hinter die Lider brennt, wenn man die Augen schließt, so als hätte man zu lange in die Sonne geschaut. Aber es war eine kalte, bedrohliche Glut, und sie ging Aelvin durch Mark und Bein.
    Er schwieg und wartete ab. Was hätte er auch sagen sollen? Um Verzeihung bitten? Niemals. Er hatte nichts Unrechtes getan. Nur zugehört. Ein paar Fragen gestellt. Sonst nichts.
    Und eine Novizin im Schlaf berührt. Gegen das Verbot des Abts verstoßen. Ihn und Albertus bei Nacht belauscht. Sich unerlaubt in den Wäldern herumgetrieben. Nun, zumindest Letzteres war eine vollkommen andere Sache.
    Was keinen Unterschied machte, denn Albertus würde ihm so oder so den Kopf abreißen.
    Der Magister hatte Favola fortgeschickt. Sie war stillschweigend im Inneren des Glockenturms verschwunden. Ihre Schritte waren so leicht, dass man sie nicht auf der Treppe hörte. Aelvin hatte nicht gewagt, ihr nachzublicken, denn er wusste, dass Albertus jede seiner Bewegungen registrierte. Und jede einzelne schien ihm zum Verhängnis werden zu können.
    » Was meint Ihr mit keine Wahl, ehrwürdiger Magister? «, fragte er tonlos.
    » Du hast eine Strafe verdient. «
    Aelvin spürte die Worte kommen, und ehe er sie aufhalten konnte, waren sie schon heraus: » So wie damals, Herr? «, fragte er zornentbrannt. » Als Ihr froh wart, mich loszuwerden, damit Ihr Euch wieder Euren Studien widmen konntet, statt Euch um die Erziehung der Novizen zu kümmern, wie es recht gewesen wäre? «
    Albertus nahm den Blick nicht von ihm, aber nun, ganz langsam, erschien eine neue Regung in seinem Gesicht. Etwas, womit Aelvin nicht gerechnet hatte – und vielleicht nicht einmal Albertus selbst.
    Der Magister lächelte. Nicht lange, und nicht besonders humorvoll. Aber er lächelte.
    » Das sind mutige Worte, mein Junge. «
    » Es ist die Wahrheit! « Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Es war aus mit ihm, ganz gleich, was er sagte. Also konnte er ebenso gut alles herauslassen, was seit Albertus ’ Ankunft in ihm kochte.
    » Du denkst, ich hätte dich damals ungerecht behandelt und zu schnell abgeurteilt, weil ich mich lieber mit meinen Schriften beschäftigen wollte. Ist das so? «
    Ein Schlucken, ein Durchatmen. Dann neue Wut. » Allerdings, Herr. «
    » So, so «, sagte Albertus gedehnt. » Nun, dann bist du sicher auch der Meinung, dass deine Bestrafung von damals ausreicht für eine weitere Schandtat. Die von heute, zum Beispiel. Richtig? «
    » So habe ich das nicht gesagt, Herr. Wenn Ihr der Meinung seid, ich hätte Strafe verdient, dann – «
    » Ja, ja, ja. « Albertus winkte ab. » Verdient hast du eine Tracht Prügel, das ist wohl wahr, und eine Rüge vom Abt könnte auch nicht schaden. Obwohl du davon wahrscheinlich schon mehr als genug gesammelt hast, sodass eine mehr oder weniger aus dir keinen besseren Mönch macht. Ich fürchte fast, es ist zu spät, um dich zu ändern. «
    » Tut, was Ihr für richtig haltet. « Aelvin versuchte, kühl zu klingen. » Aber tut es rasch. «
    Der Magister hob eine Braue und stieß ein unwilliges Brummen aus. Dann machte er » Hmm «, als müsse er über das Strafmaß nachgrübeln.
    » Du wirst mit uns gehen «, sagte er.
    Aelvin stockte. » Mitgehen, Herr? «
    Albertus machte einen blitzschnellen Schritt. Hinter ihm trieb der Wind Schneeflocken unter das Dach des Glockenturms, sodass es aussah, als

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