Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
Vom Netzwerk:
völlig übergeschnappt? Das kommt überhaupt nicht in Frage! Du kriegst ein rauschendes Fest! Und ich will keine Proteste dagegen hören! Nicht, weil es so nett ist, so ein Fest – nett ist es auch –, sondern weil es in erster Linie gut ist für die Solidarität! Die Leute müssen wissen, wo sie hingehören, dann arbeiten sie in den Wochen danach mit doppeltem Vergnügen.“
    Maarten lachte. Ihm war nicht wohl zumute mit diesem großen Gesicht so dicht vor seinem.
    „Dabei behaupte ich nicht, dass dein Vater so ein idealer Jubilar ist“, fuhr der Mann fort. „Was das betrifft, kann ich mir durchaus Besseresvorstellen. Ich habe mal für eine ähnliche Feier Alex de Haas gemietet. Ein prima Junge! Er hat den Saal zum Kochen gebracht! Aber in der Pause sagt er zu mir: ‚Herman, da ist ein Bursche, der macht mich irre, der verzieht keine Miene.‘ Das war dein Vater!“ Er kam mit seinem Gesicht noch näher, damit ihn niemand hören konnte. „Und es ist nicht so, dass ich etwas gegen deinen Vater hätte! Ich bewundere ihn! Wenn ich diesen Mann dort sitzen sehe, mit den zwei Ringen an den Fingern, dann werde ich ganz still. Dann denke ich: Herman, das ist ein guter Mensch! Der ist treu! Ich sage es ehrlich: Wenn meine Frau stirbt, werde ich aufrichtig um sie trauern, sie ist eine liebe Frau, doch binnen eines Jahres habe ich eine andere!“ Er leerte sein Schnapsglas in einem Zug, stellte es schwungvoll auf den Tisch und stand auf. „Ich hole noch einen. Soll ich dir auch einen mitbringen?“
    *
    „Das wirst du wohl auch unterschreiben wollen“, sagte Beerta. Er legte eine Liste mit Unterschriften auf Maartens Schreibtisch, blieb daneben stehen und wartete.
    Maarten sah sich die Liste an. Es war ein Protest gegen die Gräueltaten der französischen Armee in Algerien. Zwischen den Unterschriften sah er, außer den Namen von Beerta und Karel Ravelli, die von de Bruin, Balk, Meierink, de Gruiter, van Ieperen, Fräulein Haan und Ansing. „Nein“, sagte er und gab die Liste zurück, „das unterschreibe ich nicht.“
    „Wie du willst“, sagte Beerta gekränkt. Er wandte sich ab und setzte sich an seinen Schreibtisch.
    Seine Reaktion rief in Maarten ein Schuldgefühl wach. Er sah über seine Schulter. „Wenn Slofstra mit der Liste herumgegangen wäre, hätte niemand unterschrieben. Ich finde, ein Direktor sollte das nicht tun.“
    „Slofstra hat nicht unterschrieben“, antwortete Beerta förmlich. „Slofstra ist rechts.“
    „Wenn das hier links ist, dann ist es links zum Sparpreis.“
    „Ich habe es zur Kenntnis genommen.“ Er begann zu tippen.
    Maarten schwieg. Er versuchte seine Arbeit wieder aufzunehmen, doch es gelang ihm nicht. Der Vorfall wurmte ihn. Schließlich stand er auf und verließ den Raum. Fräulein Haan war nicht da. Hendrik Ansing saß an seinem Tisch. Als Maarten sich auf den Stuhl ihm gegenüber setzte, sah er auf und legte seinen Bleistift hin.
    „Hast du die Liste für Algerien unterschrieben?“, fragte Maarten.
    „Ja“, sagte Hendrik. „Ist das denn nicht erlaubt?“
    „Doch, natürlich.“ Er schwieg.
    „Du hast nicht unterschrieben.“
    „Nein.“
    Hendrik sah ihn prüfend an. „Warum nicht?“
    Maarten dachte nach. „In erster Linie, weil ich nichts darüber weiß.“
    „Ich bin davon ausgegangen, dass Beerta etwas darüber weiß.“
    „Aber ich glaube, vor allem, weil es mir zuwider ist. Wenn ich diese Namen sehe, dann weiß ich, dass der eine nach dem anderen von der Fahne gehen würde, wenn es darauf ankäme. Algerien, dafür kann jeder unterschreiben, da kann nichts schiefgehen.“
    „Wenn alle so darüber dächten …“ Er brachte den Satz nicht zu Ende.
    Maarten sah ihn an. „Glaubst du, dass das etwas ausmachen würde?“
    „Nein“, gab Hendrik zu. „Das glaube ich nicht.“ Er richtete sich unwillkürlich etwas auf.
    „Eben.“ Er stand auf, schob den Stuhl unter den Tisch zurück und verließ den Raum.
     
    Eine Viertelstunde später, als er wieder hinter seinem Schreibtisch saß, betrat Hendrik den Raum. Er blieb kerzengerade an der Tür stehen und knöpfte den mittleren Knopf seiner Jacke zu. „Herr Beerta“, sagte er.
    Beerta hörte auf zu tippen und drehte sich um.
    „Kann ich meine Unterschrift noch von der Liste streichen?“
    Beerta zog seine Augenbrauen hoch und sah ihn über seine Brille hinweg an. „Wieso? Du hast doch unterschrieben?“
    „Maarten hat mich davon überzeugt, dass es nicht richtig war.“
    Beerta schob die Liste an die

Weitere Kostenlose Bücher