Das Büro
schritten voran, den Wind schräg im Rücken. „Ich glaube, dass Slofstra ziemlich einsam ist.“
„Dann soll er doch zu den Huren gehen.“
„Gehst du zu den Huren?“, fragte Hendrik und sah zur Seite.
„Nein.“
„Na denn!“
„Aber ich bin verheiratet.“
„Das ist Slofstra jetzt auch. Ich sehe wirklich nicht, was daran so schrecklich sein soll.“
Sie schwiegen. Im donnernden Getöse des Sturms, der über dasflache Land hereinbrauste, waren ihre Schritte nicht zu hören. Es gab keinen Verkehr. In den wenigen Häusern am Deich, an denen sie vorbeikamen, brannte hier und da Licht. Die Natriumlampen warfen einen fahlen Schein auf den Asphalt vor ihnen.
„Stell dir so ein Leben vor“, sagte Maarten. „Tagsüber eine Arbeit, die völlig sinnlos ist, und abends eine Frau, die dich lieber gehen als kommen sieht. Das nenne ich Einsamkeit.“
„Ich glaube nicht, dass Slofstra seine Arbeit sinnlos findet. Niemand von den Leuten im Büro findet sie sinnlos, glaube ich.“
„Aber sie ist sinnlos.“
„Kennst du eine Arbeit, die das nicht ist?“
Maarten dachte nach. „Was die Bauern tun, die wir besucht haben, finde ich nicht sinnlos.“
„Ein Leben lang in der Erde herumzukratzen?“, fragte Hendrik skeptisch. „Ich glaube nicht, dass ich das besonders toll finden würde.“
„Jedenfalls ist es ohne Anspruch.“
„Es hat den Anspruch, dass es Sinn macht. Und der Bauer, der pflügte in einem fort.“
Maarten schwieg. Er dachte, nicht zum ersten Mal, dass seine Abneigung vor allem der Angst vor dem entsprang, was endgültig war. Er fragte sich, wie dies bei Hendrik war, und erinnerte sich an das Gespräch mit Beerta über das Wunder von Nicäa. „Kennst du das Wunder von Nicäa?“, fragte er.
„Ja, klar.“
Die Antwort überraschte Maarten. „Das mit den Stimmzetteln?“
„Ja.“
„Glaubst du daran?“
„Nein, natürlich nicht.“
Die Antwort freute Maarten. „Beerta glaubt daran“, sagte er mit kaum verhohlener Aggression.
„Das sagt er“, erwiderte Hendrik skeptisch.
„Kannst du dir vorstellen, dass es mich wahnsinnig wütend gemacht hat, als er das sagte?“ Er blickte zur Seite.
„Nein“, sagte Hendrik erstaunt. „Warum?“
„Weil ich darin dieselbe Feigheit spüre wie in dem Glauben der anderen an die Wissenschaft. Mich kann das wahnsinnig wütend machen. Aber dir geht es also nicht so?“
„Nein“, wiederholte Hendrik, „das ist mir zu extrem.“
*
„Ist Anton nicht da?“, fragte Nijhuis. Er blieb an Maartens Schreibtisch stehen.
„Nein“, sagte Maarten, „er ist in Arnheim.“
Nijhuis wandte sein Gesicht ab und sah zur gegenüberliegenden Gebäudeseite, wo van der Haar an seinem Schreibtisch saß. „Van der Haar hat mich angerufen. Er sagt, dass die Bitte, mich für dienstuntauglich erklären zu lassen, von Beerta ausgegangen sei.“
„Das kann nicht sein!“ Er lehnte sich zurück und sah Nijhuis an.
„Er behauptet, dass er mir den Brief zeigen kann.“
Maarten brauchte einen Moment, die Mitteilung zu verarbeiten. „Ich werde ihn danach fragen.“
„Es ist mir eigentlich egal.“ Er sah zu van der Haar hinüber. „Ich bin davon überzeugt, dass van der Haar dahintersteckt. Beerta hätte keinen Nutzen davon.“
„Ich werde ihn trotzdem fragen“, sagte Maarten.
„Ist noch was passiert?“, fragte Beerta, als er gegen halb fünf aus Arnheim zurückkam. Er legte die Tasche auf die Seitenablage seines Schreibtisches und drehte sich zu Maarten um.
„Ja“, sagte Maarten. Er legte seinen Stift hin und sah Beerta an. „Nijhuis hat einen Anruf von van der Haar bekommen.“ Er wartete einen Moment, um seine Emotionen unter Kontrolle zu bringen. „Van der Haar sagt, dass die Bitte, ihn dienstuntauglich schreiben zu lassen, von Ihnen ausgegangen wäre.“
Beerta wurde blass. „Das ist schändlich!“, sagte er zornig. „Er lässt mich die Sache ausbaden! Das nehme ich ihm sehr übel!“ Er sah Maarten fest an. „Das glaubst du doch nicht?“
„Er sagt, dass er ihm den Brief zeigen kann.“
„Das soll er mal machen! Darauf bin ich sehr gespannt!“ Er wandtesich seinem Schreibtisch zu, drehte sich jedoch sofort wieder um. „Und wenn du das glauben würdest, würde ich es dir sehr übelnehmen!“
„Ich weiß nicht, was ich glauben soll.“
„Dann würde ich an deiner Stelle noch einmal gut darüber nachdenken!“
„Könnten Sie van der Haar nicht darauf ansprechen?“
„Ich denke nicht daran“, sagte Beerta gekränkt.
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