Das Büro
heißen Platte stand, stieg etwas Dampf auf. Auf dem Kaminsims brannte eine Kerze, von Zeit zu Zeit röhrte der Wind im Schornstein. Der Regen prasselte auf den Hinterhof.
„Aber du schreibst keine“, parierte Maarten.
„Weil ich faul bin. Vielleicht schreibe ich übrigens doch mal eine.“ Er bückte sich und zog seine Schuhe aus.
„Das würde ich dann verdammt schäbig finden.“
„Ach“, er richtete sich wieder auf, „schäbig! Ich wüsste nicht, was daran schäbig sein sollte.“
„Aber du findest es doch bestimmt schäbig, dass sie versuchen, dich zu
zwingen
!“, sagte Nicolien in scharfem Ton.
„Nein. Von ihrem Standpunkt aus ist es verständlich. Sie finden das nun einmal wichtig.“
Seine Antwort regte Maarten auf. „Aber darum geht es hier doch gerade! Dass
sie
es wichtig finden! Obwohl
du
es nicht wichtig findest!“
„Ja“, pflichtete ihm Nicolien bei.
„Es gibt mehr Dinge, die ich nicht wichtig finde. Ich glaube, dass ich eigentlich nichts wichtig finde.“
„Dann musst du
das
wichtig finden“, sagte Maarten.
„Warum? Das sehe ich nicht ein.“
„Weil sie dich mit dem, was sie wichtig finden, zu tyrannisieren versuchen.“
„Diese Dé Haan ist doch ein Miststück!“, sagte Nicolien.
„Ach“, sagte Hendrik. „Warum sollte sie ein Miststück sein. Ich finde sie eher bedauernswert. Eine bedauernswerte Frau.“
„Aber trotzdem versucht sie, dir ein Bein zu stellen“, sagte Maarten.
„Dafür wird sie dann wohl ihre Gründe haben. Das kann mir nichts anhaben.“
„Fühlst du dich denn nicht bedroht?“, fragte Maarten erstaunt.
„Nein“, er sah Maarten an, seine Augen waren klein vor Mattigkeit, „warum sollte ich mich bedroht fühlen?“
„Weil sie versuchen, Macht über dich auszuüben.“
„Ach! Das geht mir zu weit!“
Nicolien stand auf. „Wollt ihr noch Kaffee?“
„Ich nehme noch eine Tasse“, sagte Hendrik.
„Gern“, sagte Maarten.
Hendrik streckte seine Beine etwas weiter vor und stieß gegen den Karton. Die Katze sah erschrocken hoch. „Entschuldige, Jonas“, sagte er. „Das wollte ich nicht.“ Maarten bückte sich und zog den Karton etwas zu sich heran. Die Katze legte sich wieder hin. Hendrik streckte seine Beine aus und bewegte seine bestrumpften Füße in der Wärme des Ofens behaglich hin und her. „Ich denke, dass Menschen gerade so viel Macht über einen ausüben können, wie man es ihnen erlaubt“, sagte er träge.
„Es ist natürlich Angst“, gab Maarten zu. „Feigheit.“
„Feigheit würde ich es nicht nennen wollen.“
„Dann Ohnmacht. Sie schreiben eine Doktorarbeit, um einen Titel zu haben, und sie benutzen den Titel, um Macht auszuüben. Es geht nicht um die Qualität, es geht um das System, denn so eine Doktorarbeit stellt doch nichts dar. Und gegen das System ist man machtlos. Wenn man keine Doktorarbeit schreibt, hat man nicht das Recht mitzureden, und wenn man eine geschrieben hat, gehört man dazu. Wenn ich darüber nachdenke, werde ich rasend vor Wut. Vor Ohnmacht.“
„Wollt ihr vielleicht einen Cognac dazu?“, fragte Nicolien, die mit dem Kaffee hereinkam.
„Nun!“, sagte Hendrik. „Da sage ich nicht nein.“
„Willst du ihn dann eben holen?“, fragte sie Maarten.
Maarten stand auf. Er holte drei Gläser aus dem Schrank und eine Flasche Cognac, die in der Zimmerecke stand. „Ich finde es unerträglich, dass so eine Dé Haan die Chance bekommen soll, zu verhindern, dass du eine Arbeit machst, in der du gut bist und die du interessant findest, weil sie befürchtet, Macht einzubüßen.“
„Ich weiß gar nicht, ob ich darin wirklich so gut bin.“
„Dann nimm es einfach mal von mir an!“ Er stellte die Gläser hinter Hendrik auf den Tisch, schenkte sie voll und kippte sie, eines nach dem anderen, auf die Seite, um zu sehen, ob der Cognac bis zum Rand reichte. „Schau mal!“, sagte er stolz. „Präzisionsarbeit!“
Hendrik drehte sich um und sah zu, während Maarten die Gläser noch einmal auf die Seite legte, um sein Können zu demonstrieren. Er reichte Hendrik ein Glas, gab Nicolien eines und nahm das dritte mit zu seinem Sessel.
„Und ich weiß auch nicht, ob ich es so interessant finde“, sagte Hendrik.
„Ja, interessant! Was ist schon interessant! Interessant finde ich es auch nicht!“
„Na, denn.“
Maarten sah auf sein Glas und schwenkte den Cognac langsam im Kreis. Hinter ihnen schlug eine Sturmböe den Regen gegen die Fensterscheiben. Der Wind heulte im Ofen. „Ich habe
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