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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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rund 33 Prozent.
    FALSCH leuchtete es auf dem Schirm auf. Über Luks Kopf begann eine rote Lampe zu blinken. Eine Sirene ertönte. Offenbar hatte er allzu sehr danebengetippt.
    Harley stapfte heran, ein erfreutes Grinsen auf dem Gesicht.

    »Wieder mal getrickst, Trickser? Zwanzig Mal pumpen. Und schön laut mitzählen, klar?«
    Luk hatte sich gerade hingelegt, da ging die Sirene schon wieder los, diesmal ganz vorn in der ersten Reihe. Während er seine Liegestütze machte, erwischte es noch mindestens ein Dutzend Kollegen. Die meisten bekamen nur zehn aufgebrummt. Aber auch die schafften sie, nach der Schinderei in den Baugruben, nur mit Ach und Krach.
    Luk war gut ausgeruht nach dem Tag als Vermessungshelfer. Während er pumpte, dachte er an Mike, der ihn damals die allerersten Liegestütze im Camp hatte machen lassen. Er hatte Mike schon eine Weile nicht mehr gesehen.
    Er beugte sich zu Wladimir hinüber, der heute am PC neben ihm saß. »Wo steckt Mike eigentlich?«
    »Entlassen«, sagte Wladimir. Verächtlich fügte er hinzu: »Gutt Po-Macher.«
    Luk war inzwischen gewöhnt an Wladimirs sprachliche Verdrehungen. »Arschkriecher?«
    »Genau.«
    Nach der Theorie war die Praxis dran. Sie wurden vor das Gebäude gescheucht. Dort standen einige Schubkarren, daneben Säcke mit Zement, Kieshaufen und schwarze Kunststoffeimer.
    »Das sind Baueimer«, sagte Harley. »Die sind genormt. Da gehen genau zehn Liter rein.«
    Er öffnete mit der Schaufel einen Zementsack, füllte das graue Zeug in den Eimer und schüttete es in die Schubkarre. Dann mussten zwei Neue genau fünfeinhalb Eimer mit Kies abmessen. »Und jetzt alles schön miteinander vermengen.«
    Luk war als Erster dran. Er schaufelte Zement und Kies in der Karre hin und her, bis er fand, sie hätten sich genug vermischt. Doch Harley ließ noch fünf andere Kollegen mit
der Schaufel in der Schubkarre herumfuhrwerken. Dann war er endlich zufrieden. »Und jetzt das Wasser! Wie viele Eimer?«
    Keiner hatte eine Ahnung. Aber Luk hatte sich inzwischen schlau gemacht.
    »Fünf Liter«, sagte er. »Also ein halber Eimer, oder?«
    »Supi«, sagte Harley. »Stimmt genau.«
    Zur Belohnung durfte Luk den widerspenstigen grauen Brei in der Schubkarre als Erster umrühren. Luk legte sich richtig ins Zeug dabei. Irgendwann würde sein Vermesserjob beendet sein. Darauf wollte er vorbereitet sein. Harley wartete doch nur darauf, dass er einen Fehler machte. Auf keinen Fall wollte er zurückgestuft werden. Auf Stufe eins. Dann wäre er seine Stiefel wieder los.
    Benjamin hatte seine immer noch nicht.
    Luk hatte inzwischen den nächsten Brief für Wladimir geschrieben.
    »An Natascha?«
    »Nein, an …« Er überlegte lange. »An Olga.«
    »Eine Neue? Wie bist du denn an die rangekommen? Hier aus dem Camp?«
    Wladimir schüttelte den Kopf. »Altes Feuer.«
    »Alte Flamme«, sagte Luk.
    »Genau. Alte Flamme. Aber nicht so hübsch wie Marija.« Er deutete eine kaum wahrnehmbare Oberweite an. »Aber wie du.«
    »Wie ich?«
    »Gutt Kopf.« Wladimir tippte sich an die Stirn.
    Es stellte sich heraus, dass Marija nicht geantwortet hatte. Wahrscheinlich weil sie mit der Rechtschreibung ähnliche Probleme hatte wie er selbst, vermutete Wladimir. Deshalb wollte er es jetzt mit Olga probieren, einem Mädchen, mit
dem er mal in derselben Hauptschulklasse gesessen hatte. »Drei Deutsch«, sagte er.
    »Sie hatte eine Drei in Deutsch?«
    »Genau. Machen wenig Falschschreibung. Antwort versprochen.«
    »Klar«, sagte Luk. Nach dem Zwischenfall im Waschraum hatte er eigentlich beschlossen, nie wieder einen Brief für Wladimir zu schreiben. Schon gar nicht ohne sofortige Gegenleistung. Aber er bewunderte die Dreistigkeit, mit der Wladimir wieder zu ihm gekommen war. Locker und total cool. Als ob nichts gewesen wäre.
    Er merkte, dass ihm das imponierte. Vielleicht konnte er was lernen vonWladimir. Aber davon mal abgesehen, er konnte es sich gar nicht leisten, sich weitere Feinde zu machen. Schlimm genug, dass er Harley gegen sich hatte. Er brauchte jeden Freund, den er kriegen konnte. Auch Bennis wegen.
    Also strengte er sich richtig an mit dem Brief an Olga. Er quetschte Wladimir noch ein bisschen aus und sülzte dann los: Er (Wladimir) habe Monate lang nicht an Olga gedacht, aber heute Nacht habe er von ihr geträumt, einen sehr, sehr schönen Traum. Da sei es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen, wie er sie liebe, sie immer geliebt habe. Er könne es immer noch nicht fassen, wie blind er

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