Das Camp
auf. Er rollte sich auf die Seite und hielt mit beiden Händen sein Knie. Er war auf den Karrenboden aufgeschlagen.
Luk sah Harley heranstapfen. Mit weit ausgreifenden Schritten stürmte er in seinem auffallend sauberen Overall auf die Unfallstelle zu.
Schon von Weitem begann der Ex-Chief zu brüllen. Sein Gesicht lief rot an vor Wut. Seine Worte überschlugen sich. Luk verstand nur einen Bruchteil des Geschreis. Aber ein Wort kam immer wieder darin vor. Sabotage. Harley packte Oleg am Kragen und zerrte ihn hoch.
Pannewitz erschien am Rand der Grube. Seine polierten Langschäfter glänzten im Sonnenlicht. Was denn jetzt schon wieder los sei, wollte er wissen.
»Sabotage, Herr Zugführer«, wiederholte Harley. Er zeigte auf Oleg. »Der behindert die Arbeit.«
Oleg setzte vorsichtig den Fuß auf. Der Schmerz in seinem Knie schien ein wenig nachgelassen zu haben. »Die Schubkarren sind viel zu voll«, verteidigte sich Oleg. »Und dann das Brett, das ist zu kurz und zu …«
»Schnauze!«, unterbrach Harley ihn. Mit voller Wucht trat er Oleg gegen das lädierte Knie.
Oleg schrie auf. Er wollte auf Harley losgehen. Aber er konnte sich nicht mehr halten und sackte wieder zu Boden.
»Alles nur Show«, sagte Harley ungerührt. »Markiert hier den schwer Verletzten!«
Pannewitz zögerte.
Harley legte gnadenlos nach: »Womöglich bringt der die
anderen noch auf Ideen, Herr Zugführer. Wenn wir hier nicht durchgreifen, holen wir nie den Rückstand auf.«
Pannewitz straffte sich. »Also gut«, entschied er. »Ab in den Arrest.«
Das Tempo in den Baugruben wurde von Tag zu Tag brutaler. Gut, dass Benjamin noch bei dem Baumfälltrupp geblieben war. Er hätte die Schinderei hier garantiert nicht durchgehalten. Mit einer voll beladenen Schubkarre die wippende Rampe hinauf, da hätte Benni keine Chance gehabt.
Auch das abendliche Schulungsprogramm wurde total umgekrempelt. Luk kam sich plötzlich vor wie in einer Berufsschule. Es ging nicht mehr um Rechtschreibung oder allgemeine Benimmregeln. Die Themen auf dem Bildschirm waren auf einmal: Betonieren, Mauern und Verputzen oder Grundlagen der Mauertechnik.
Luk hatte keine Ahnung gehabt, wie einfach man Beton herstellen kann. Man braucht dazu nur Zement, Kies und Wasser. Man kann die Zutaten ganz simpel auf dem Boden mischen. Zuerst vermengt man Kies und Zement trocken miteinander. Am besten geht das mit einer Schaufel. Wenn alles gut vermischt ist, gibt man schrittweise Wasser dazu und rührt gut um, eigentlich nicht viel anders als beim Kuchenbacken.
Wenn man mehr Beton braucht, schüttet man die Zutaten in eine Schubkarre. Man mischt zuerst den Zement und den Kies mit der Schaufel. Dann gießt man nach und nach Wasser dazu und rührt alles gut um.
Wer ein ganzes Haus bauen will, sollte sich eine dieser elektrischen Mischmaschinen besorgen, die man auf allen Baustellen sieht. Im Prinzip funktionieren sie genauso wie die Schubkarre. Man misst genau ab, wie viel Kies und Zement man braucht, und schüttet sie in die rotierende Maschine.
Erst wenn beide Zutaten gut gemischt sind, gibt man nach und nach das Wasser dazu.
Wie viel Zement, Kies und Wasser man jeweils braucht, hängt davon ab, wie stabil der Beton sein soll. Auf dem Bildschirm erschien eine Tabelle mit verschiedenen Betonklassen. Daneben blinkte eine Anweisung: Auswendig lernen!
Luk überflog die Tabelle kurz und schaute sich dann die nächsten Seiten an. Er wollte wissen, wohin diese seltsame Schulung noch führte. Wollten die das Camp jetzt in eine Art Ausbildungszentrum für angehende Maurer verwandeln? Schaden konnte das eigentlich nicht. Vielleicht hatte er ja später mal Lust, ein Haus zu bauen. Aber keinen dieser Langweilerkästen, die man überall sieht, sondern ein total verrücktes buntes Haus, auf das man sich jeden Tag freute, wenn man dorthin zurückkam. Deshalb ließ er die Anleitungen zum Bau von Fundamenten aus. Viel spannender fand er, wie man kompliziertere Formen mithilfe von Schalungen und Stahlverstärkungen herstellen kann.
Plötzlich brach das Bild zusammen. Der Bildschirm wurde schwarz. Es flackerte kurz. Dann erschien eine neue Seite. Ein Test, in dem abgefragt wurde, wie gut man die Tabelle mit den Betonzutaten auswendig gelernt hatte.
Gleich die erste Frage konnte Luk nicht beantworten. Wie viel Zement und Kies nehmen Sie, wenn Sie Fensterstürze oder einen Pfeiler gießen wollen?
Drei Antworten wurden angeboten. Luk wählte die erste aus. Treffer-Wahrscheinlichkeit immerhin
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