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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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Spalt verzweifelt versuchte, Luft zu bekommen.
    »Benni?«
    Keine Antwort. Natürlich nicht.
    Luk probierte gar nicht erst, ob er den Betondeckel mit bloßen Händen bewegen konnte. Hektisch tastete er auf dem Boden herum und fand die Eisenstange, auf die er mit der Stirn geprallt war. Bevor er sie vorsichtig in den Spalt schob, fühlte er mit den Fingern vor. Auf keinen Fall durfte er dem dort unten nach Luft ringenden Benni - oder wer sonst dort eingesperrt war - die Stange ins Gesicht stoßen.
    Er stemmte sich gegen die Eisenstange. Er musste es einfach schaffen, die Betonplatte beiseitezuschieben. Einmal versuchte er es, zweimal, nichts bewegte sich.
    Das gurgelnde Geräusch war kaum noch wahrzunehmen.
    Luk merkte, dass er immer hektischer wurde. Er hatte Benni gefunden. Er befand sich nur wenige Zentimeter von ihm entfernt. Es konnte doch nicht sein, dass er es jetzt nicht schaffte, ihn aus diesem verdammten Klärbassin herauszuholen!
    Luk versuchte es erneut. Wieder setzte er sein ganzes Gewicht ein. Die Stange rutschte ab und er fiel mit dem Gesicht voran auf den Boden. Aber als er an der Betonplatte entlangtastete, fühlte er, dass sich etwas getan hatte. Der Spalt war breiter geworden. Ein paar Millimeter vielleicht nur, aber Luk wusste jetzt, dass er eine Chance hatte.
    Erneut schob er die Eisenstange in den Spalt. Immer wieder rutschte sie ab. Aber mindestens bei jedem zweiten Versuch bewegte sich die Betonplatte, wenn es auch nur wenige Millimeter waren. Gleichzeitig wurde der Gestank immer bestialischer, der von dort unten heraufkam. Luk verbot sich jeden Gedanken daran, in was für einer ekligen Brühe Benni
da schwamm. Hier kam die gesamte Scheiße aus allen Toiletten des Camps zusammen.
    Plötzlich schob sich eine blasse Hand durch den Spalt. Schmutzige Finger krallten sich in den Beckenrand.
    »Benni?«
    Wieder keine Antwort.
    Einen Moment später war der Spalt breit genug, dass Benni seinen Kopf hindurchschieben konnte.
    »Alles okay?«, fragte Luk.
    Benjamin brubbelte irgendwas Unverständliches. Er war total erledigt. Er musste erst zu Atem kommen.
    Luk schob die Eisenstange wieder in den Spalt und stemmte sich dagegen. Er war selbst so erschöpft, dass er die Stange nicht richtig im Griff hatte. Er rutschte ab.
    Beim nächsten Versuch half Benni mit. Er drückte mit der Schulter gegen die Betonplatte. Gemeinsam schafften sie es, den Spalt um ein paar Zentimeter zu vergrößern.
    Luk ließ die Eisenstange ins Gras fallen. »Das müsste reichen.«
    Er baute sich breitbeinig über der Öffnung auf.
    »Gib mir deine Hände.«
    Er hatte gehofft, dass er Benjamin aus der Grube ziehen konnte. Benjamin war dünner geworden in den vergangenen Wochen. Er wog längst nicht mehr so viel wie früher. Aber seine Hände waren so glitschig, und so fest Luk auch zupackte, Bennis Hände glitten ihm weg. Benjamin verschwand durch den Spalt nach unten, und Luk fürchtete schon, dass er nicht wieder hochkommen würde, so entkräftet, wie er war.
    Dann muss ich da rein, entschied er. Ich muss seinen Kopf wieder an die Oberfläche bringen, und zwar schnell.
    Aber Benni schaffte es allein. Zuerst erschienen seine Hände, dann sein Kopf.

    »Wir versuchen es anders.«
    Luk packte Benjamin am Kragen des Overalls und zog. Er konnte nur hoffen, dass der Stoff nicht riss. Er hatte den Eindruck, dass er Benni ein gutes Stück herausbekam aus der Grube. Dann merkte er, dass ihn die Kräfte verließen.
    Er wollte schon loslassen, als er plötzlich spürte, dass Benjamin mithalf, dass er irgendwo Halt fand mit seinen Fingern und sich nach oben zog.
    »Ja«, keuchte Luk. »Weiter so! Nur noch ein kleines Stück, dann haben wir dich draußen.«
    Benjamin schaffte es mit seinem Oberkörper durch den Spalt. Heftig keuchend lag er da und rührte sich nicht. Luk war ebenfalls total erledigt. Er saß einfach nur da und hielt Benni fest, dass er nicht wieder abrutschte in die stinkende Brühe dort unten.
    Jetzt, da Benni halbwegs in Sicherheit war, sah Luk keinen Grund mehr zu hasten. Sie konnten sich Zeit lassen.
    Doch Benni wurde unruhig. Er versuchte, sich allein aus der Klärgrube herauszuarbeiten.
    Luk packte ihn wieder am Overall und zog. Gemeinsam schafften sie es, Benjamin aus der Grube herauszubringen.
    »Weg«, keuchte Benni kaum hörbar. »Wir müssen hier weg.«
    Er lag auf dem Bauch im Gras und ruderte verzweifelt mit den Armen und Beinen, wie eine hilflose Schildkröte. Er war noch zu erschöpft. Er kam keinen Zentimeter

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