Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
Weinstein«, sagte sie, »Sie werden gleich abgeholt.« Dann schaute sie auch schon an ihm vorbei. »Der Nächste.«
Ein großer junger Mann in Museumswärteruniform tauchte in einer der Türen auf. »Das Büro der Direktorin ist auf der Rückseite des Gebäudes«, erklärte er. »Bitte folgen Sie mir!« Unterwegs passierten sie den 1969er Lincoln, der Präsident Nixon als Transportmittel gedient hatte, und warfen einen Blick in einen Nachbau des East Rooms im Weißen Haus. Diesen nutzte das Museum für Auftritte von Prominenten, Hochzeiten und andere besondere Ereignisse.
Morris erhob sich an ihrem Schreibtisch, als Milt das Büro betrat. »Mr Weinstein«, begrüßte sie ihn. »Man sagte mir, dass Sie kommen würden, aber nicht, warum. Bitte, nehmen Sie Platz!« Sie war groß und blond, ungefähr fünfzig und trug ein dunkles Kostümjacke über einer weißen Bluse. An der Brusttasche der Jacke befand sich ein Nixon-Museum-Aufnäher. Hinter Morris war durch die Vorhänge vor den Fenstern ein eineinhalbstöckiges kleines Haus zu sehen. Richard Nixons Geburtshaus, von seinem Vater Frank 1912 erbaut. Irgendwo in unmittelbarer Umgebung des Häuschens waren die Gräber des ehemaligen Präsidenten und seiner Frau Pat.
»Das Museum ist wirklich beeindruckend«, lobte Milt.
»Danke. Wir sind auch stolz darauf.« Morris ließ ein automatisches Lächeln aufblitzen. Weißes Haus oder nicht, ich bin beschäftigt. Können wir zur Sache kommen? »Also, was führt Sie her?«
»Das wird Ihnen ein bisschen absurd vorkommen, Ms Morris.«
»Wir helfen, so gut wir können.«
»Gut.« Milt machte es sich in einem Lehnsessel bequem. »Es wäre möglich, dass hier eine Botschaft für den Präsidenten hinterlassen wurde. Von Präsident Nixon, um genau zu sein.«
Das Lächeln wurde breiter. »Tut mir leid«, sagte Morris. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz …«
»Präsident Cunningham glaubt, die Botschaft könnte hier mit Anweisung, sie einem künftigen Präsidenten zu übergeben, sollte einer sie einfordern, zurückgelassen worden sein.«
»Mr Weinstein«, meinte Morris, »was Sie sagen, ergibt keinen Sinn!«
Milt lachte. »Ms Morris, ich weiß auch nicht, was das alles zu bedeuten hat. Aber anscheinend gibt es Grund zu der Annahme, dass ein solcher Brief existiert.«
»Sollte das der Fall sein«, sagte die Direktorin des Museums, »so höre ich jetzt zum ersten Mal davon. Worum geht es, wissen Sie das?«
»Man hat mir gesagt, es könnte möglicherweise mit den Mondflügen zu tun haben.«
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Sicher?«
Sie erhob sich. Zeit, sich anderen Dingen zuzuwenden. »Absolut.«
»Es gibt hier keine verschlossene Kassette?« Milt versuchte sich an einem Grinsen. »Oder vielleicht eine geheime Schatzkammer?«
»Nein, Sir, ich fürchte nicht. Aber Sie können Ihrem Boss sagen, dass ich einen unserer Praktikanten bitte, sich genau umzusehen. Nur für alle Fälle …«
Vom Rosengarten aus rief Milt Ray Chambers an. »Negativ, Ray«, meldete er.
»Gar nichts?«
»Nein, Sir. Die Frau hat mich ausgelacht.«
»Okay«, sagte Chambers. »Einen Versuch war es wert. Kommen Sie nach Hause!«
»Ray, wenn es Ihnen nichts ausmacht …«
»Was, Milt?«
»Wonach, genau, suchen wir eigentlich?«
»Kommen Sie einfach zurück, Milt! Und, danke.«
Chambers legte auf, und Milt starrte über die Rasenfläche hinüber zu Präsident Nixons Sea King Helikopter. Marine One. Oder Army One, je nachdem, welcher Waffengattung der jeweils diensthabende Pilot auf den Reisen des Präsidenten angehörte. Dies war der Helikopter, in den Nixon an seinem letzten aussichtslosen Tag geklettert war und sich umgedreht hatte, um seiner Präsidentschaft noch einmal zum Abschied zuzuwinken. Eine Menschenmenge hatte sich um ihn versammelt. Die Leute schössen Fotos von dem Hubschrauber, und einige nutzten ihn als Hintergrund für Familienbilder. Trotz der düsteren Geschichte, die das Museum seinen Besuchern aufzeigte – der Watergate-Einbruch, das Saturday Night Massacre, die Feindesliste, die Tonbänder und was da noch alles war – vermittelte die Aura dieser Gedenkstätte Milt das Gefühl, der ehemalige Präsident sei dennoch eine Kultfigur gewesen. Ein Mann von großer historischer Bedeutung.
Milt wusste es besser. Er war nicht alt genug, sich an Nixons Präsidentschaft zu erinnern. Er war ein Teenager gewesen, als er von dem
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