Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
wissen nicht, warum?«
»Nein, ich weiß es nicht. Ich nehme an, wir haben uns irgendwie missverstanden.«
»Inwiefern?«
»Wie gesagt, ich weiß es nicht, AI. Ich weiß es wirklich nicht. Das Einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass ich sehr großen Respekt vor Frank Kirby habe, und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich bei ihm zu entschuldigen, falls ich ihn irgendwie verärgert habe. Was offensichtlich der Fall ist.« Jerry schaute direkt in die Kamera. »Es tut mir leid, Frank, und ich würde es gern wiedergutmachen.«
Mary rief ihn wenige Minuten nach der Show an. »Sie haben sich gut geschlagen, Jerry. Ich finde, Sie sind so gut davongekommen wie irgend möglich. Geben Sie mir Bescheid, falls Sie etwas von Frank hören!«
Kirby rief ihn am nächsten Morgen an. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich hätte nicht so die Beherrschung verlieren dürfen.« Vom Bildschirm, der neben einem Bild von Jerry mit Myra Hastings hing, der Herausgeberin der Florida Times-Union, blickte er auf Jerry herab.
»Schon gut, Frank. Es war mein Fehler.«
»Vergessen wir es einfach, einverstanden?«
»Ja. Das ist eine gute Idee. Sie wollen hoffentlich Ihre Auszeichnung zurückhaben?« Jerry grinste.
»Ja, das wäre nett.«
»Ich schicke sie heute Nachmittag raus.«
»Danke, Jerry. Nur eines noch.«
»Ja?«
»Diese Sache mit Sidney Myshko. Vergessen Sie das, okay? Das ganze Durcheinander beruht lediglich auf einem ziemlich lahmen Witz.«
Jerry war dankbar, dass er das Thema vorerst vergessen und sich wieder seiner Alltagsarbeit widmen konnte. Glücklicherweise haben die Medien ein kurzes Gedächtnis. Die Tatsache, dass Sidney Myshko vor so langer Zeit plötzlich nicht mehr Teil des Funkverkehrs gewesen war, brauchte exakt zwei Tage, um aus den Nachrichten herauszufallen. Dann, als Jerry sich gerade auf den Feierabend vorbereitete, erhielt er einen Anruf von Ralph D’Angelo. Ralph war ein Freund aus der Zeit an der Wesleyan University. Inzwischen arbeitete er als Kolumnist für die Baltimore Sun. »Lange her«, sagte Jerry. »Wie ist es dir ergangen, Ralph?«
»Immer bei der Arbeit, Jerry.« Die Jahre hatten es nicht gut mit Ralph gemeint. Er sah zwanzig Jahre älter aus, als er war. Sein Kopf war kahl, die Stirn runzlig, die Augen glasig. Jerry nahm an, dass er sich mit gesundheitlichen Problemen herumschlug. Oder mit Schlimmerem.
»Ich weiß, was du meinst. Es gab schon bessere Zeiten.«
»Ist mir aufgefallen. Hör mal, ich möchte dich etwas fragen.«
»Nur zu.«
»Hast du gewusst, dass sich Aaron Walker hier zur Ruhe gesetzt hat? Der Astronaut?«
Aaron Walker. Jerry brauchte einen Moment. Das war einer der Apollo-Jungs aus der Anfangszeit. Hatte einen Testflug gemacht, den, der direkt auf den Myshko-Flug gefolgt war. »Ich wusste nicht, dass er nach Baltimore gezogen ist«, erwiderte Jerry.
»Vor ein paar Jahren ist er in einen Schnapsladen gegangen und mitten in einen Raubüberfall geraten. Hat ihn das Leben gekostet.«
An diese Geschichte erinnerte sich Jerry durchaus, nur nicht an den Ort des Geschehens. »Ja«, sagte er, »ich erinnere mich. Ein trauriges Ende für einen Mann wie ihn.«
»Er hat ein Tagebuch hinterlassen. Und jetzt halt dich fest: In dem Tagebuch steht, er wäre auf dem Mond gelandet.«
»Er war nicht auf einem der Flüge, bei denen eine Landung erfolgt ist, oder?«
»Offiziell nicht.«
»Naja, dann muss wohl irgendwo ein Fehler vorliegen.«
»Das ist zweifelsfrei seine Handschrift, Jerry. Wir haben es überprüft. Wie auch immer, nach dieser anderen Geschichte mit Myshko werden wir das Material benutzen. Ich kann dir eine Kopie schicken, wenn du willst.«
»Ralph, das ist falscher Alarm!«
»Ich wollte dir nur eine Chance geben, dich dazu zu äußern. Warum siehst du dir die Sache nicht einfach mal an? Du müsstest es inzwischen haben. Ich kann warten.«
Der Tagebucheintrag war vom 21. April 2009:
Schwer zu glauben, dass schon vierzig Jahre seit meinem Spaziergang auf der Mondoberfläche vergangen sind. Ups, ganz vergessen, das darf ich ja nicht sagen. Trotzdem frage ich mich, was das wohl für ein Ding war.
»Und, was denkst du?«, fragte Ralph.
»Ist das alles?«
»Der Kontext ist interessant.«
»Wie meinst du das?«
»Er hat von einem Tag auf dem Baseballplatz geschrieben. Er war bei einem Spiel, Orioles gegen Yankees. Als Robinson Cano im Siebten einen Homerun geschafft hat, hat Walker das Spiel aufgegeben. Die Yankees waren damit, glaube ich, neun zu zwei in
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