Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
Gesicht. »Was kann ich für Sie tun, Mr Culpepper?«, fragte sie.
»Ich bin ein Freund des Senators«, sagte er. »Ist er zu sprechen?«
»Tut mir leid, Sir«, entgegnete sie. »Er ist im Augenblick nicht hier.«
»Würden Sie ihm ausrichten, dass ich angerufen habe?«
»Gern. Darf ich fragen, worum es geht?«
»Ich nehme an, das wird er sich denken können, Sally.«
»Gut, Mr Culpepper. Danke für Ihren Anruf.« Und das Bild auf dem Monitor erlosch.
Jerry warf einen Blick zur Uhr. Kurz nach zehn. Normalerweise musste er sich um diese Zeit auf seinen Auftritt im NASA-Sender vorbereiten. Die Themen des Tages durchgehen, sich ein paar spontane Bemerkungen zurechtlegen und sich optimistische Beurteilungen aktueller Projekte einfallen lassen.
Es tat weh. Die Organisation, der er so treu gedient hatte, hatte ihn zum Ausscheiden gezwungen, als er sie vor Gefahr hatte bewahren wollen. Weil er nicht zulassen konnte, dass er noch tiefer in dieses Netz aus Lügen und manipulierten Fotos und was immer es da sonst noch gab verstrickt würde.
Jerry rief Ralph D’Angelo an.
»Gerade wollte ich Sie anrufen«, sagte Ralph. »Was ist passiert?«
»Ich habe zu viele Fragen gestellt.«
Ralph war in seinem Büro. Nun lehnte er sich in seinen Schreibtischstuhl zurück und strich sich mit der Hand über die wenigen verbliebenen Strähnen grauen Haars. »Und jetzt wollen Sie mir erzählen, dass an dieser Mondgeschichte wirklich etwas dran ist?«
»Ja, irgendetwas ist da vorgefallen.«
»Was, genau?«
»Ich weiß es nicht, Ralph. Aber die Fotos vom Mond, die von der Umgebung des Cassegrain-Kraters auf der Rückseite, sind manipuliert worden. Alle Aufnahmen zwischen 1959, als die ersten Fotos gemacht wurden, und der Walker-Mission zeigen nicht das, was sie zeigen sollten.« Jerry erklärte es seinem Gegenüber genauer. »Ich kann die Fotos rüberschicken, wenn Sie wollen.«
»Was immer also da los war, die Russen waren auch darin verwickelt, ja?«
»Sieht so aus.«
»Jerry, das ist verrückt! Das war auf dem Gipfel des Kalten Krieges. Die hätten unter keinen Umständen mit uns kooperiert.«
»Ich weiß. Das ergibt alles keinen Sinn.«
»Haben Sie irgendeine Theorie?«
»Gar nichts habe ich, Ralph. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was zum Teufel da los war.«
»Wir könnten die Bilder veröffentlichen. Aber die NASA würde einfach behaupten, da müsse ein Irrtum vorliegen und es wäre doch schon so lange her, also wen interessiere es noch.«
»Ich weiß.«
»Na schön. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie damit zu mir gekommen sind. Aber wir brauchen etwas Handfesteres, Jerry. Verstehen Sie, was ich meine?«
Jim Tilghman rief nicht zurück. Jerry wusste, er täte gut daran, dem unausgesprochenen Hinweis Folge zu leisten. Aber Tilghman hatte ihm unzählige Male gesagt, wie sehr er sich freuen würde, ihn in seinem Wahlkampfteam zu begrüßen. Sie sind genau der Typ, den wir brauchen. Und natürlich bestand auch die Möglichkeit, dass seine Nachricht in der Masse untergegangen war und Tilghman sie nie erhalten hatte.
Jerry wartete bis zum Montag, ehe er erneut anrief. Dieses Mal ging jemand anderes dran. Wanda. »Hier spricht Jerry Culpepper«, sagte er. »Ich bin ein Freund des Senators. Ist er zu sprechen?«
»Ich bedauere. Im Augenblick ist er nicht verfügbar, Mr Culpepper. Würden Sie bitte Ihre Nummer hinterlassen?«
Den größten Teil des Vormittags saß Jerry nur da und dachte, er sollte vielleicht klein beigeben und den Job bei der NFL annehmen. Dann, kurz vor dem Mittagessen, erfolgte der ersehnte Anruf. »Mr Culpepper?« Wieder Wanda. »Einen Moment bitte, ich verbinde mit dem Senator.«
Jim Tilghman war in den Appalachen aufgewachsen, und er sah auch aus wie ein Mann aus den Bergen. An der University of Pennsylvania war er Offensive Guard gewesen und hatte zwei Saisons bei den Eagles gespielt. Dann war er zu dem Schluss gekommen, der Schöpfer habe ihn eigentlich nicht dafür geschaffen, Profi-Footballer zu werden (Jim war ein überaus religiöser Mensch, eine Eigenschaft, die ihm in den Augen seiner Wähler keineswegs schadete). Er hatte sich den Rechtswissenschaften zugewandt und hatte in Harrisburg die Anklage vertreten, ehe er Richter geworden war. »Ich muss mich entschuldigen, dass ich nicht gleich zurückgerufen habe, Jerry. Wir gehen hier in Arbeit unter, und, um ehrlich zu sein, es ist mir einfach entglitten.« Sein schwarzes Haar war ordentlich gekämmt, aber sein Ziegenbart war
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