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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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die Tropfen schlugen auf dem getönten Wickelfenster des Kreuzers auf. Vor dem Hotel hing ein Schild, und es begann allmählich hin und her zu schaukeln. ‚Hogg’s Mill Inn’, las Jolson, nachdem es in der Kabine des Kreuzers eine Weile lang still geblieben war.
    Daisy Anne schnallte einen ihrer Sitzgurte ab. „Du bist also offensichtlich auf Mission und wolltest nicht riskieren, getötet zu werden. Und deswegen hast du niemanden warnen wollen, und deswegen sind Aldington J. Walton und Häuptling Nackter Tanz und Oberbürgermeister Hungerford und fünf andere gestorben. Plus die armen Selbstmordkinder. Sentimental bist du nicht gerade.“
    Jolson rieb sich mit einer wettergegerbten Handfläche das schüttere, krause rote Haar auf seinem Kopf. „Stimmt.“
    Das Mädchen machte eine Geste mit ihrer rechten Hand und unterbrach sich, bevor sie Jolson berührt hatte. „In der Spionagebranche werden andauernd irgendwelche Leute umgebracht. Man kann es sich nicht leisten, Gefühle deswegen zu haben. Ich könnte getötet werden, du könntest getötet werden, Clinton Wheeler-Woolsey könnte getötet werden. Alles, was das APS unternehmen würde, wäre, jemand anders zu schicken, um Sonnenblume zu finden. Wir sind Teile eines einzigen großen Vorgangs. Dann ist es also auch nicht feige, davonzulaufen und Leute sterben zu lassen.“
    Jolson blickte auf den Regen hinaus, der mittlerweile die Sicht auf das Hotel mit seinen Schindeln abzuschneiden begann. „Ich mag ja im Augenblick wie ein Scheißestampfer aussehen und auch wie einer reden“, sagte er und wandte sich ihr zu, um ihr scharfliniges Profil zu betrachten, „aber ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, daß es nicht die geringste Möglichkeit gab, diese Kinder rechtzeitig aufzuhalten oder irgend jemanden zu warnen. Also bin ich abgehauen.“
    „Mich hast du auch rausgeholt.“
    „Ja, ich habe eine Entscheidung getroffen“, sagte Jolson, „die auch dich betraf.“
    Daisy Anne löste ihre restlichen Gurte. „Ich bin mir nicht im klaren.“
    Jolson nickte schweigend und sagte nichts.
    „Ich bin mir absolut nicht im klaren“, fuhr das blonde Mädchen fort, „selbst nachdem ich während der letzten halben Stunde, in der wir hier zu meinem Hotel geflogen sind, über alles nachgedacht habe. Nicht im klaren darüber, was ich von dir oder vom APS oder selbst von mir halten soll. Ich habe aber so ein Gefühl.“
    „Ja?“
    „Komm mit hinein, dann trinken wir einen Brandy in einer der komischen Bars“, sagte sie. „Wir können über deine Mission reden, und dann möchte ich sehr, sehr gerne, daß du die Nacht hier mit mir verbringst. Okay?“
    Jolson lächelte, legte seine Gitarre auf den Rücksitz und schritt um den Kreuzer herum, um die Tür an der Pilotenseite für sie zu öffnen.
    Die dunkelhaarige Frau mit dem starken Knochenbau rollte den Karren heran. „Früher hatte ich mal einen automatischen Gebäckwagen, aber der war zu leichtsinnig. Der sauste immer in einem Affenzahn um alle Ecken und Kurven, und die ganzen Eclairs und Napoleons fielen herunter.“
    „Kein Gebäck“, sagte Daisy Anne.
    Der Raum mit der Rotholztäfelung war klein und besaß eine Balkendecke. Sie saßen an dem Tisch, der dem Kamin am nächsten stand, und waren die letzten Gäste. „Noch einen Brandy, und das wär’s dann“, sagte Jolson.
    „Das Gebäck gibt’s umsonst“, sagte die Besitzerin des ‚Hogg’s Mill Inn’. „Zu den Getränken. Nicht nur das, es ist auch kalorienarm und enthält Vitaminzusätze. Wie wär’s hiermit? Eine Schokoladenmousse in der Form eines Schwans. Sie wird aus synthetisch geschmacksbeeinflußter Sojaschokolade hergestellt, und die Schlagsahne ist ein Seetangnebenprodukt. Die Augen haben allerdings ziemlich viele Kalorien. Sie bestehen aus Feigenpaste, die in Rum getränkt und in Kokosraspeln gewälzt wurde.“
    „Dieser Schwan hat überhaupt keine Augen“, sagte Daisy Anne.
    Die Hotelbesitzerin beugte sich vor und sah nach. „Die Augen müssen herausgefallen sein, als ich um eine Ecke gebogen bin. Hier gibt es schrecklich viele scharfe Kurven.“ Sie lächelte Jolson an. „Ich nehme an, daß Sie über Nacht bleiben werden. Möchten Sie sich vielleicht die Frühstücksspeisekarte ansehen? Ein paar von unseren Frühstücksspezialitäten sind etwas schwierig zuzubereiten und benötigen zwölf Stunden Vorbestellung.“ Sie blickte mit zusammengekniffenen Augen auf die dunkle, hölzerne Wanduhr. „Sagen wir zehn … nein, acht Stunden

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