Das Chamäleon-Korps
ein bißchen auf ihm herumstampfen, ja.“
Jolson sagte: „So was sehe ich gar nicht gern. Ich möchte, daß ihr alle friedlich fortgeht, und hoffe, daß wir heute abend keine Auseinandersetzung mehr haben.“
Einer der Männer sagte: „Okay, Sir. Sie strahlen irgendwie eine latente niedrige Gesinnung aus, und ich habe nicht das Gefühl, daß wir dazu in der Lage sind, uns mit Ihnen wegen etwas anzulegen, das im Grunde ein ideologischer Konflikt wäre.“
„So sehe ich das auch.“ Jolson schubste Tube von sich weg, und als er wieder Platz genommen hatte, waren die drei Männer verschwunden.
Daisy Anne sagte: „Ich konnte keine latente niedrige Gesinnung feststellen.“
„Was hast du in der Kanalzone entdeckt?“
„Ich habe herausbekommen, warum Major Bronzini zu Sonnenblume übergewechselt ist“, sagte Daisy Anne. „Er hat eine Tochter, die dort ist, und sie wohnt schon seit Monaten mit einem Haufen von Selbstmordkindersympathisanten zusammen.“
„Eine Tochter?“
„Sie ist zwanzig Jahre alt. Sie heißt Marina. Das Amt für Politische Spionage hat keine Unterlagen über sie.“
„Das Chamäleonkorps auch nicht.“
„Bronzini war nie offiziell verheiratet“, sagte Daisy Anne. „Er scheint in seiner Jugend sehr geheimnistuerisch gewesen zu sein. Ich nehme an, daß er es nicht aus dem Grunde war, um schließlich irgendwann einmal das Chamäleonkorps und das Amt für Politische Spionage an der Nase herumzuführen, sondern weil er aus einer sehr reichen und sehr konservativen Familie kommt.“
„Bananen“, sagte Jolson.
„Wie?“
„Bronzini-Bananen“, sagte er. „Sie sind die größten Bananenteleporteure im Barnum-System. Hast du mit dieser Marina geredet?“
„Nein, aus irgendeinem Grund blieb sie immer von der Bildfläche weg. Sie soll sich aber noch in der Zone aufhalten. Ich muß mich sehr locker verhalten, wenn ich dort mit meinen Kontaktpersonen zu tun habe, und darf nicht allzu neugierig erscheinen. Ich habe bisher noch keine Gelegenheit gehabt, meine Wahrheitsausrüstung anzuwenden. Wenn du in die Zone kommst, kannst du vielleicht selbst was rausbekommen.“
Jolson sagte: „Im Joshua-Territorium gibt es eine Stadt namens Silvestra, wo die rekrutierten Kinder hingehen, um von Sonnenblumes Leuten in Empfang genommen zu werden. Weißt du irgendwas darüber?“
„Ich kenne sie nur dem Namen nach.“
„Häuptling Nackter Tanz hat mir gesagt, daß Sonnenblume sich im Dschungel des Joshua-Territoriums aufhält. Sie leben dort in den Ruinen einer verlorenen Stadt. Das muß in der Nähe von Silvestra sein.“
„Willst du zuerst nach Silvestra, oder willst du erst versuchen, Bronzinis Tochter in der Kanalzone aufzuspüren?“
Jolson sagte: „Ich würde sie lieber erst ausfindig machen.“
„Da drüben kannst du ruhig Tunky Nesper bleiben. Die Jungen mögen diese Art von Sängern“, sagte Daisy Anne. „Hör mal, wenn Häuptling Nackter Tanz für Sonnenblume arbeitet, warum haben die Selbstmordkinder ihn dann umgebracht?“
Jolson sagte: „Der Häuptling wollte Sonnenblume zunächst die Provisorische Regierung stürzen lassen; ich glaube, daß er danach einen Coup gegen Sonnenblume selbst vorhatte.“
„Immer die alte Geschichte, immer dieselbe alte Geschichte.“ Daisy Anne legte beide Handflächen platt unter ihre Brüste und gähnte. „Können wir den Rest vielleicht auf morgen verschieben?“
„Klar, können wir.“
„Und wenn wir erst einmal hinter verriegelten Türen sind, hörst du dann auf, Tunky zu sein?“
„Wenn das Zimmer nicht abgehört wird.“
Es wurde nicht abgehört.
16
Die alte Frau in ihrem Kleid aus Vorhangstoff griff sich an ihre Hängebrust und fiel auf der Straße um. „Bestimmt ein Herzanfall“, keuchte sie. „Und danach kommt ’ne dicke Embolie.“ Sie rollte sich auf den Rücken und japste.
Jolson blieb neben der gestürzten Frau stehen. Einen Block entfernt waren die dunklen, schmierigen Steindocks zu erken nen, die den Außenrand der Kanalzone markierten. „Sieht so aus, als hätten Sie schon mächtig schwere Zeiten hinter sich, Oma“, sagte er, immer noch der alte Tunky Nesper.
„Ich hab’ Keuchhusten im letzten Stadium“, sagte die bleiche alte Frau, „und dazu noch Herzrhythmusstörungen. Außerdem fürchte ich, daß ich mir irgendwo noch ’n Milzbrand eingefangen habe.“
„Na ja, ich würde Ihnen ja hochhelfen, aber das klingt so, als wäre das mächtig gefährlich für Sie.“
Die alte Frau seufzte und
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