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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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Erfahrung“, sagte Reverend Cockspur. Er blickte ruckartig nach hinten und lachte. „Da ist Son höchstpersönlich, eine der Attraktionen hier.“
    In der perlenbehangenen Tür stand ein schmaler Junge, der sein weißes Haar zu Zöpfen zusammengeflochten hatte, an deren Enden rote Bänder baumelten. Er trug einen silbergefleckten Sportanzug und rehfarbene Stiefel. Auf seinen Rücken hatte er eine Mandoline geschnallt, in der Linken trug er einen beleuchteten Verstärker.
    „Son Brewster jr.?“ fragte Jolson den Reverend.
    „Genau der.“
    „Scheiße!“ sagte Son Brewster jr. Wütend drehte er die Mandoline in eine Spielhaltung nach vorne und ließ den Verstärker auf die Stufen fallen.
    „Er wird eine seiner Protestkompositionen vortragen“, erklärte der Reverend mit gedämpfter Stimme.
    Die fahrenden Klaviere parkten schnell ein, und Son begann damit, die glitzernden Mandolinensaiten mit einem Plektron zu bearbeiten. „Ich saß drüben auf der andern Straßenseite, ließ mir die Haare schneiden“, sang er. „Und der Frisör, der ließ mir’n heißes Handtuch in den verdammten Nacken fallen. Was ist das für ein Universum, das ihr geldgierigen Scheißer für uns gemacht habt, wo so-ho-was passieren kann?“
    „Entzückend“, hüstelte Reverend Cockspur.
    „Reimt sich ja nicht besonders“, meinte Jolson.
    Der Reverend beugte sich zu ihm vor. „Das ist ein unaufgeklärter Standpunkt, der darauf hinweist, daß du nicht das übliche Verständnis für Randbezirksmusik und -ideologie hast, wie es normale Jugendliche haben, mein Sohn.“
    Son kam an den Tisch und sagte: „Hallo, Rev. Brauchst du Ned?“
    „Könnte schon was brauchen, mein Sohn. Der alte Koppo juckt nach ’ner Reise.“
    „Dann mach die Flossen breit, und ich schieb’ dir’n paar Lappen rein, Rev.“ Son holte einen Scheinstapel aus der Tasche und gab ihn Reverend Cockspur. „Was ist denn das für’n Mäck?“
    „Freund von mir.“ Der Reverend zählte das Geld mit einem gebrochenen Daumennagel.
    Jolson sagte: „Ich heiße Will Roxbury. Und du?“
    „Son Brewster jr.“, sagte der Jugendliche. Er saugte seine Wangen ein und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Du bist neu hier.“
    „Ja, aus Murdstone.“
    „Dann lernen wir uns doch näher kennen! Hast du Lust, mit mir eine Partie Zenit zu spielen?“
    Jolson zückte mit den Achseln und sagte: „Klar. Wieviel sollen wir pro Runde setzen? Dosen oder Tautropfen?“
    „Dosen – mindestens zehn.“ Brewster nahm vorsichtig seine Mandoline ab. „Paß mal darauf auf, Rev.“ Dem Dutzend junger Leute in dem schummrigen Raum rief er zu: „Der neue Mäck und ich werden ein bißchen Zenit spielen.“
    Das Mädchen über ihnen stieg von ihrem Fahrrad. Ein rothaariger Junge sagte: „Schnitzel ihn, Son!“
    Zenit war ein Spiel, das aus rechteckigen Karten bestand, auf denen die wichtigsten Friedhöfe von Esperanza abgebildet waren. Die wurden gegen eine Wand in zehn Fuß Entfernung geworfen, und der Spieler, dessen Karte der Wand am nächsten kam, hatte die Runde gewonnen. Nach einer halben Stunde war Jolson mit achtzig Dollar im Plus. „Genug?“ fragte er Son.
    Son zupfte an einem seiner weißen Zöpfe und lutschte an seiner Zunge herum. Er nahm Jolson sein Kartenspiel ab und ging zurück zu seiner Mandoline. Er setzte sich neben Reverend Cockspur und begann zu singen. „Als ich heute morgen in die Freies-Barnum-Informationsbibliothek kam, da haben sie mir gesagt, mein Buch sei drei Tage überfällig, he! Was ist’n das für’n Scheißuniversum, wo einem so was pa-ha-ssieren kann?“ Er reichte Reverend Cockspur die Mandoline zurück und ging wieder zu Jolson, der einen Ellenbogen auf ein schweigendes Piano gestützt hatte. „Heute abend noch was vor, Will?“
    „Nein, warum?“
    „Weißt du, wo der ‚Gespreizte Eklektiker’ ist?“
    „Ja.“
    „Warum treffen wir uns nicht dort nach dem Abendessen. Wir können ein paar Bingos und Sägies einschieben und vielleicht auch noch ’n paar Spielchen machen. Okay?“
    Jolson wandte sich ab. „Klar, machen wir’n Treffi.“ Er schritt zur Tür.
    In der gepflasterten Gasse stieß er mit einer alten, grauen Frau zusammen, die gebrauchte Grabkränze verkaufte. „Wenn Sie zufällig jemanden kennen sollten, der Axminster heißt und auch noch gerade gestorben ist, dann kann ich Ihnen ein gutes Geschäft anbieten“, sagte die Frau.
    „Make-up ist auch nicht viel besser als eine Perücke“, sagte Jolson.
    „Verdammt!“ sagte

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