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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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Bilder und Lärm.“
    „Natürlich“, sagte die Blondine. „Sie gehören ja auch zur Generation zwischen achtzehn und zwanzig. Ich gehöre zur Generation von dreiundzwanzig bis fünfundzwanzig, und zwischen uns beiden gibt es das, was man einen Generationensprung nennt.“
    „Haben Sie“, fragte Jolson, „schon mal von diesem Gefrierbetrieb auf einer Insel draußen hinter den Friedhöfen gehört?“
    „Ja“, sagte das Mädchen, „aber wir haben nie darüber geschrieben. Zu unserem Publikum zählen nur sehr wenige Kryonik-Fans, wie die Umfragen ergeben haben. Na ja, über diese Leute auf der Insel, da hört man ja auch so einige Dinge!“
    „Was denn genau?“
    Die Blondine sagte: „Genaues weiß ich auch nicht. Das Mädchen, das vor mir am Krebsscherenpult saß, hat ziemlich viel geklatscht, und sie hat mir erzählt, daß vor einigen Jahren mal ein Reporter von irgendeinem Fanzine dorthin gegangen ist und nie mehr zurückkehrte. Sie sagte, sie sei sich sicher, man habe ihn auf Eis gelegt. Sie hatte lauter solche Geschichten auf Lager.“
    Der Reiterfriedhof war zu Ende, und auf beiden Seiten der Straße sah man dichte, dunkle Waldstücke. Dünner, glitzernder Nebel zog langsam eng am Boden auf die Fahrbahn. „Sonst haben Sie nichts gehört?“
    „Nein, über die Insel nicht. Sie hat mir erzählt, daß Merle Murmac schwul sei, aber das glaube ich nicht. Beim VFV machen wir auch viele Medien-Fanzines.“
    Auf ihrer nebligen Straßenseite waren vergoldete Figuren in doppelter Lebensgröße zu erkennen. „Ein neuer Friedhof“, sagte Jolson. „Was ist denn das für ein Motiv hier?“
    „Na ja, diese Statuen sind keine Denkmäler“, erklärte die Reporterin, „sondern Preise. Dies ist Friedhof Nummer fünfzehn, und der bekommt immer den Freddy. Das ist der Kosenamen für den Frederick-P.-Dickerson-Preis. Nummer fünfzehn hat schon sechs Stück gewonnen. Das ist ein Rekord. Zwei davon für Pflege und Originalität der Rasenflächen.“
    „Sieben Stunden Rast“, sagte der Busfahrer über die Lautsprecher.
    „Wie?“ fragte Jolson.
    „Die Busse verlassen immer die Autobahnen um Mitternacht“, sagte die blonde Reporterin. „Danach ist die Straße einfach zu gefährlich. Ich weiß ja, daß es unglaublich klingt, weil das hier ja immerhin mehr oder weniger geweihte Erde ist, aber nachts machen alle möglichen Leute die Straßen unsicher. Ghoule, Grabräuber, Banditen, Buschklepper und so weiter. Im Motel ‚Zum Ewigen Frieden’ dort vorn gibt es aber ein ganz gutes Cafe, wenn Sie sich nicht gleich ins Bett legen wollen.“
    „Ich muß weiter. Ich dachte, daß dieses verdammte Ding die Nacht durchfahren würde. Ich bin ja praktisch während der Fahrt aufgesprungen.“
    „Nein, das tun sie alle nicht mehr. Hat zuviel Ärger gegeben“, sagte sie. „Wenn wir halten, gebe ich Ihnen einen Kaffee aus.“
    „Verdammt!“ sagte Jolson. Er wollte aufstehen, dann blieb er jedoch sitzen.
    Wenige Minuten später dröhnte der große Bus von der Autobahn herunter und blieb auf einem roten, kiesbestreuten Parkplatz vor dem Cafe ‚Zum Ewigen Frieden’ stehen.
    „Da können Sie die ganze Nacht aufbleiben“, sagte das blonde Mädchen. „Sehen Sie die Schilder.“
    Jolson blickte hinaus. „Ja“, sagte er. Unter dem rubinroten Schild WIR SCHLIESSEN NIE parkten zwei Bodenkreuzer. Auf dem einen standen die Worte ESPERANZA CITY BESTATTUNGSFINANZIERUNGSDIENST, auf dem anderen HOBARTS SELBSTANGEBAUTER MATÉ. „Ich gebe Ihnen einen Becher Maté aus.“
    „Oh, fein“, sagte das blonde Mädchen. „Ich heiße Mary Jane, was Sie wahrscheinlich noch nicht wissen, da ich es Ihnen noch nicht gesagt habe.“
    „Will Roxbury“, sagte er, als sie die Eingangsrampe emporschritten.
    Das Cafe war altmodisch und mit Fallstühlen bestückt. Jeder Tisch und seine Stühle standen in einer eigenen Grube. Nur zwei der etwa zwanzig Gruben waren besetzt, obwohl gerade ein beinahe voller Bus angekommen war.
    Als sie in der Grube saßen, warf Mary Jane ihre Nase in Falten, während sie auf die Bedienungskonsole zeigte. „Ich kann keinen Maté hier drauf erkennen, Will.“
    „Hier“, sagte Jolson. „Unter dem Ingwerbier. Nummer zweiundzwanzig.“ Er wählte zwei Becher und steckte eine Kreditkarte in den Schlitz.
    „Eitelkeit. Ich trage nie meine Augenkorrekturschalen. Ich finde, daß die Augenfarbe dadurch entstellt wird. Meinen Sie nicht auch?“
    Die Becher würden aus den Ausgabeschlitzen auf der Tischplatte

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