Das Chamäleon-Korps
und zeigte auf ein Gebäude. „Aber Sie werden wohl ein paar Minuten warten müssen.“
„Warum das?“
„Es ist Teezeit, und der Unteroffizier versammelt immer die meisten Gefangenen zur Teezeit in der Cafeteria und liest ihnen vor.“
„Er liest ihnen vor?“
„Aus seinen Werken“, erklärte der Roboter. „Er ist ein angehender Romanschriftsteller, müssen Sie wissen. Was mich betrifft, so finde ich seine Sachen ja furchtbar, aber das kann auch daran liegen, daß man mir nicht allzuviel kulturelle Empfindsamkeit eingebaut hat. So viel braucht man schließlich auch nicht, wenn man einen Haufen verblödeter politischer Mißgeburten bewachen soll.“ Er klopfte Jolson auf einen seiner dicken Ellenbogen. „Warum warten Sie nicht in der Suite von Unteroffizier Modock? Sie können seine Lesung über die Hausmonitoren verfolgen, und hinterher kann er Sie zu Tim Hootmans Zelle begleiten.“
„In Ordnung“, sagte Jolson.
Unteroffizier Modock kam in das kühle, grüne Metallbüro geschritten. Er war gerade damit beschäftigt, sich Marmelade von seiner Uniform zu wischen. Er stellte sich in Habtachtstellung auf und salutierte vor Jolson mit einer klebrigen Rechten.
„An den romantischen Stellen halten sie nie still. Wenn man Verfolgungsjagden und Schießereien beschreibt, dann hören sie wie gebannt zu, aber wenn ich zuviel an Dialogen oder romantischen Passagen vorlese, dann fangen sie mit irgendwelchen Gegenständen an herumzuschmeißen. Was kann ich für Sie tun, Gardehauptmann Ambrosio?“
„Zunächst einmal kommen Sie mir bitte nicht näher“, sagte Jolson und ließ sich in seinen Schlaufensessel aus Metall und grünem Leder zurückplumpsen. „Wonach riechen Sie?“
„Na ja, hier entlang nach Kunstbienenhonig, das Bein hier herunter nach synthetischem Kakao, am Bund nach Orange Pekoe Tee, und was meinen Rücken angeht, so bin ich mir nicht völlig sicher, womit sie daraufgeworfen haben. Sieht ein bißchen aus wie ein Teerkohlenderivat, finden Sie nicht auch?“ Der gebeugte Unteroffizier mit der Halbglatze legte vorsichtig ein klitschnasses Manuskript auf seinen Aluminiumschreibtisch. „Ich glaube, ich muß das sechste Kapitel ein bißchen straffen.“
„Was ist das für ein Buch, Unteroffizier?“
Modock antwortete: „Die Höllenreiter vom Wobbling W. Gebe mich immer noch mit Western ab. Wahrscheinlich wegen der Umgebung hier. Seit ich das Staket beaufsichtige, habe ich volle neunzehn Wildwestromane geschrieben. Dafür, daß ich nur in meiner Freizeit schreibe, ist das gar kein schlechter Output. Und ich brauche jeden Tag mindestens eine Stunde, um mich nach der Lesung wieder sauber zu kriegen.“
Jolson stand auf und sagte: „Ich will Ihre Zeit nicht verschwenden, Unteroffizier. Ich bin hier, um Tim Hootman zu verhören.“
Unteroffizier Modock sagte: „Ach, ich weiß nicht. Wir haben ihn unten in Sondereinzelhaft.“
„Was hat der Schurke denn jetzt schon wieder angestellt?“
„Nichts weiter. Aber wir haben Anweisungen, alle Gefangenen seiner Einstufung dort unten einzusperren, bis Aldington J. Walton hier war und wieder verschwunden ist.“
Jolson blieb am Schreibtisch stehen und hob das Manuskript auf.
„Das war mir natürlich gar nicht recht, jetzt keinen Zugang zu ihm zu haben, nachdem ich die ganze Strecke hergekommen bin. Ich schätze, ich werde wohl die Provisorische Regierung darum bitten müssen, mir eine Sonder … oh!“
Der Unteroffizier wartete einen Augenblick, dann fragte er: „Was ist denn?“
„Pst!“ sagte Jolson. Er las eine weitere Seite in dem Roman. „Das ist aber eine gute, schöne Schreibe. Besonders Kapitel sechs.“
„Finden Sie? Das war
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