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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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mur­mel­te das Sprech­git­ter, das mit blit­zen­den Kup­fer­ka­beln an die Me­mo­bank an­ge­schlos­sen war, „Erd­sys­tem, 1894-1906. Im Jah­re 1894 wur­de auf­grund von fa­den­schei­ni­gen Be­weis­stücken … Emi­le Zo­la, der mit sei­nem of­fe­nen Brief J’ac­cu­se! … ein nicht­jü­di­scher Of­fi­zier na­mens Es­ter­ha­zy und … Drift. Geo­lo­gi­scher All­ge­mein­be­griff für Ober­flä­chen­ab­la­ge­run­gen … Dro­me­dar, sie­he Ka­mel …“ Der teller­große Me­mo­kas­ten roll­te zwi­schen Jol­sons Bei­ne, wo er lie­gen­blieb und auf­hör­te, In­for­ma­tio­nen ab­zu­spu­len.
    Jol­son zog sei­ne Tuch­müt­ze vom Kopf und wisch­te sich da­mit die Stirn. Er war jetzt Tunky Ne­s­per, ein drah­ti­ger, wet­ter­ge­gerb­ter Mann von et­wa fünf­zig Jah­ren. Er hat­te strah­lend blaue Au­gen, ein kan­ti­ges, kno­chi­ges Ge­sicht und schüt­teres ro­tes Kraus­haar. Sei­ne Klei­der wa­ren alt und ab­ge­tra­gen – Ar­beits­klei­dung von ei­nem an­de­ren Pla­ne­ten und aus ei­nem an­de­ren Jahr­zehnt. Auf sei­nen Rücken hat­te er die zwölf­sai­ti­ge Me­tall­gi­tar­re ge­schnallt. Jol­son stand in­mit­ten von hoch­ge­wach­se­nen Pi­ni­en­bäu­men und be­ob­ach­te­te die Schul­kin­der. Er be­fand sich fünf Mei­len in­ner­halb des Ge­biets, in dem Au­ßen­be­zir­ke des Stadt­zen­trums Nr. 1 ge­plant wa­ren, und um ihn her­um gab es gras­be­wach­se­ne Hü­gel und ru­hi­ge Fel­der.
    Das lin­ke Knie des Un­ter­richts­ro­bo­ters se­gel­te her­ab und fiel schep­pernd auf Jol­sons Kopf. Er schwank­te leicht.
    „Bob­by, du kannst dich ja gern amü­sie­ren“, sag­te ei­ne an­ge­neh­me, müt­ter­li­che jun­ge Stim­me war­nend, „aber denk mal nach. Du willst doch wohl nicht ir­gend­wel­chen Tramps Ge­hirn­er­schüt­te­run­gen ver­pas­sen, oder?“
    „Was?“ frag­te der blon­de Jun­ge, der ge­ra­de an den Vi­nyl­fin­gern der zer­stör­ten Ma­schi­ne her­um­kau­te.
    Jol­son rück­te sei­ne Ar­beits­müt­ze wie­der zu­recht und klet­ter­te nach oben. „Ist mei­ne ei­ge­ne Schuld, Ma’am, wenn ich mich von mei­ner Neu­gier her­um­füh­ren las­se, als ob ich ein stör­ri­sches Maul­pferd wä­re und die Neu­gier ein Ring in mei­ner Na­se.“
    Jetzt stand ei­ne hüb­sche, dunkle jun­ge Frau in ei­nem kur­z­en Un­ter­richts­kit­tel zwi­schen dem hal­b­en Dut­zend Kin­dern. Auf ei­ner ih­rer son­nen­ge­bräun­ten Wan­gen hat­te sie einen Fleck, der aus dem oliv­far­be­nen Schmier­öl der Ma­schi­ne be­stand. „Wie füh­len Sie sich?“ frag­te sie Jol­son.
    „Na ja“, ant­wor­te­te er in sei­ner lang­sa­men, et­was ge­dehn­ten Tunky Ne­s­per-Sprech­wei­se, „wenn man ge­nug im Le­ben er­lebt, Ma’am, dann macht ei­nem ab und zu ein Schlag auf den Kopf auch nicht all­zu­viel aus.“
    „Das ist aber in­ter­essant!“ Die net­te jun­ge Frau frag­te den Kreis von Kin­dern: „Kann mir ei­ner von euch sa­gen, wel­che Ge­mein­sam­kei­ten es zwi­schen der Welt­an­schau­ung die­ses schä­bi­gen Tramps und der ei­nes Zen-Meis­ters gibt?“
    Bob­by nahm den Dau­men des Ro­bo­ters und zeig­te da­mit auf ein acht­jäh­ri­ges Mäd­chen. „Zen war ihr Pro­jekt.“
    „Du woll­test ihn aber auch stu­die­ren“, sag­te das klei­ne Mäd­chen. „Du dum­mes Lang­ohr!“
    „Nenn mich bloß nicht Lang­ohr, du schie­len­der Maulaf­fe!“ Bob­by grapsch­te ei­ne Hand­voll Dräh­te und Bol­zen aus dem Ka­da­ver des Ro­bo­ters und warf sie dem Mäd­chen ins som­mer­spros­si­ge Ge­sicht.
    „Ich schie­le nicht, du Fett­sack!“
    Die jun­ge Frau lä­chel­te über die Köp­fe der Kin­der hin weg. „Viel­leicht könn­ten Sie un­se­ren Kin­dern hier in der NS 26 et­was er­zäh­len. Wie das ist, ein ge­sell­schaft­lich Aus­ge­sto­ße­ner zu sein. Das wä­re doch nett, nicht?“
    „Furz!“ sag­te Bob­by, „du steckst voll von Für­zen, Ethel Ma­rie.“
    „Sel­ber, Bob­by! Und Platt­fü­ße hast du auch!“
    Jol­son kratz­te sich an sei­nen Rip­pen. „Ma’am, ich bin nir­gend­wo aus­ge­sto­ßen. Nicht mehr als der Wind, der ist ja auch kein Per­ver­ser, nur weil er nicht nur an ei­nem Ort weht. Was heißt denn NS 26?“
    „Was Sie ge­ra­de

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