Das Chamäleon-Korps
ihn jedenfalls für einen Scharlatan.“
„Junge, Junge!“ sagte jemand in dem Bungalow. „Ist er es?“
Mrs. Shutter machte Jolson ein Zeichen einzutreten. „Tunky Nesper, das ist Peter Paul Ruric.“
„Junge!“ sagte der dünne, blasse Mann, der in einem der Korbsessel in dem hellen Raum saß. „Ist er es? Wirklich?“ Er steckte einen dünnen Finger durch den Goldring in seinem linken Ohr. „Sie sind es doch, oder?“
„Sieht so aus“, sagte Jolson, „als steckten Sie voller Fragezeichen, Mr. Ruric. Bin mir noch nicht sicher, was Sie eigentlich wissen wollen.“
„Junge, Junge!“ Der zerbrechliche Ruric lachte und klatschte in die Hände. „Sie sind genauso, ganz genauso, wie ich Sie mir vorgestellt habe. Junge, Junge!“
Jolson legte die Gitarre ab und stellte sie gegen ein Sichtfenster; dann setzte er sich in den blauen Sessel, auf den Mrs. Shutter mit dem Kopf deutete. „Haben wohl ein bißchen über mich nachgedacht, wie?“
„Heißa!“ sagte Ruric. „Stell dir vor, Willma, das hier ist Tunky Nesper! Wir haben alle Ihre wundervollen Folkbänder, Mr. Nesper.“
„Bobby hat sie im Brotschneider zerhackt.“ Mrs. Shutter schritt zu einer Essenskonsole an der anderen Zimmerseite.
„Das waren Attrappen“, sagte Ruric. „Ich habe die Originale an einem sicheren Ort verstaut, wo das kleine Biest sie nicht finden kann.“ Er klatschte wieder in die Hände, legte sie auf die Knie, lächelte und lachte Jolson an. Dann atmete er mehrere Male tief durch, als wollte er Jolson einatmen. „Tunky Nesper.“
„Ganz wie immer.“
„Junge, Junge!“ sagte Ruric. „Mir fehlen die Worte, um Ihnen zu sagen, wieviel Freude mir Ihr Sterben-im-Gully-Sprech-Blues gemacht hat – stundenlang. Und als ich Ihren Sterbend-im-Hinterland-und-Schlammwälzer-Blues das erste Mal hörte, da war ich so gerührt davon, daß ich einen ziemlich großen Scheck ausstellte – später stellte sich dann heraus, daß er zu groß gewesen war und platzte – und ihn an ein Komitee für die Versorgung der Landbevölkerung mit Lebensmitteln schickte. Woher bekommen Sie nur Ihre Ideen, Mr. Nesper?“
„Indem ich Mahlzeiten verpasse.“
Ruric stutzte, dann lachte er. „Mann, Tunky Nesper! Hier, in unserem Lernabenteuerort! Junge, Junge, ist das ein Tag!“
„Heiße Waffeln gefällig?“ fragte Mrs. Shutter Jolson.
„Gern, Ma’am. Danke.“
„Ich habe Mr. Nesper zum Frühstück eingeladen, Peter Paul.“
„Natürlich, natürlich“, sagte der Ko-Leiter der Schule. „Was führt Sie ins SZ Nr. 1, Mr. Nesper?“
Jolson nahm seine Mütze ab, knüllte sie zu einem Ball und ließ sie neben der Gitarre fallen. „Bin hierhergekommen, um diesen Häuptling Nackter Tanz aufzusuchen und um festzustellen, ob er nun das Werk des Herrn vollbringt oder nicht. Wenn’s so sein sollte, dann werd’ ich ihm vielleicht dabei helfen. Ich schlenderte gerade an der Autobahn entlang, als ich ein paar von Ihren Kleinen sah. Sie schienen gerade einen Mord zu begehen oder so was. Also blieb ich stehen, um dem Opfer ein bißchen zu helfen.“ Er kratzte sich am Kopf. „Bin nicht schlau genug, um eine Therapiesituation sofort zu erkennen. Aber als ich die Bolzen und Schrauben fliegen sah und Ihre hübsche Mrs. Shutter erblickte, da wußte ich natürlich, daß kein Gewaltverbrechen vor sich ging.“
„Häuptling Nackter Tanz?“ Ruric machte eine Grimasse und zog an seinem Ohrring, als wollte er seinen Kopf durchspülen.
Mrs. Shutter drückte auf den Knopf für die heißen Waffeln. „Er hat eine Vision gehabt.“
„Eine Vision? Sind Sie sicher, daß es nicht vielmehr nur eine Halluzination war? Kommt ja schon mal durch Hunger vor. Ja, Sie haben das Phänomen doch selbst beschrieben, in Ihrem
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