Das Chamäleon-Korps
Glaskugeln, und ihre Muster spiegelten die ländlichen Szenen wider, die an die Decke gemalt waren. Die Seiten des Saals waren schattig und mit zerfetzten Stoffen verhängt. Auf dem Tanzboden waren Mondlichtflecken zu sehen. Am anderen Ende des kalten Palastsaals saß auf einem Podest ein vierundzwanzigköpfiges Orchester: Androiden in Festkleidung, alle abgestellt. Der Dirigentenroboter war rücklings umgestürzt und lag auf dem Boden. Mit seinem Stab zeigte er auf die spielenden Schäfer an der Decke. Der Harfenspieler hing schlummernd mit seinem Körper durch die Saiten seines Instruments.
Der zweite Geiger war lebendig und saß mit einem Blastergewehr auf den Knie da. Er war sehr groß, noch größer als Ripper. „Was willst, du monomaner Idiot?“
„Hast du heute abend Wache, Sinc?“ fragte Jolson, indem er die Identität des jungen Mannes erriet.
„Ich habe immer Wache, Ripper“, antwortete Sinc. „Die beiden mit dem Köpfchen, die sind wieder dabei, Pläne zu schmieden. Sie sind oben.“ Er richtete seinen Blasterlauf auf Jolson und lehnte sich dabei zurück, so daß sein gerader Stuhl wippte. „Warum bist du nicht da draußen und schlitzt gerade irgend jemanden auf, du Junkie?“
„Herrje, Sinc!“ sagte Jolson. „Nun mach aber mal halblang. Hab’ auch so schon genug Schwierigkeiten, mich zu beherrschen. Manchmal frage ich mich, wie der echte Jack the Ripper damit wohl umgegangen ist. Meine Opfer rennen immer vor mir weg.“
„Wahrscheinlich war Jack the Ripper kein Fettsack.“ Sinc schwenkte den Lauf seines Blasters von Jolsons Kopf fort. „Vermutlich hat er nicht so viel Kürbistorte gefressen. Wahrscheinlich hat er mit den Händen immer im Stehen an die Zehen gefaßt und Liegestütze geübt.“
„Herrje, verdammt, nun hör schon auf!“ Jolson nickte mit dem Kopf Richtung Decke. „Was ist denn mit dem Mädchen, das ihr da oben habt? Ich meine, könnte ich sie nicht haben, wenn ihr mit ihr fertig seid?“
Sinc lachte. „Dann wird nicht mehr viel von ihr übrig sein, Junkie. Little Billy und G. George werden sie morgen verhören, und danach versenken wir sie im Kanal.“ Er lehnte das Gewehr gegen die Hüfte des ersten Geigers. „Den Teil übernehme ich. Die Gewichte befestigen und sie ins Wasser werfen. Das ist wesentlich besser, als mit Messern herumzufuchteln.“
Jolson öffnete seinen Umhang und kletterte auf die Podestkante. „Hast es ja auch noch nie aus therapeutischen Gründen gemacht.“
„Wenn du kein Verrückter wärst, dann würdest du auch nicht bei der Aktionswiederholung rumhängen. Deswegen kannst du bei Sonnenblume auch nichts mehr werden. Leute wie dich kann er nicht brauchen. Jack the Ripper zu spielen, das ist einfach verblödet und gibt Minuspunkte bei Sonnenblume.“
„Komm, Sinc! Laß mich doch diese Daisy Anne haben!“
„Nein. Ich kann dich nicht einmal in den ersten Stock lassen. Das habe ich dir aber auch schon gesagt, als du zum Sonnenuntergang hier herumgeschnüffelt hast, du Trottel.“
„Nun hack doch nicht dauernd auf mir rum!“
Sinc fragte: „Weißt du, was du noch alles verpassen wirst, du Schizo? Außer dem Verhör und dem Beschweren und Versenken im Schwappwasser?“
„Ist mir doch scheißegal.“ Jolson schwang sich auf das Podest und lehnte seinen Rücken gegen das linke Klavierbein. Er saß da und blickte Sinc grollend an.
„Nämlich die Gelegenheit, ins Hauptquartier zu kommen“, sagte Sinc. „Weil du so ein labiler Trollo bist. Little Billy und G. George gehen hin.“
„Um ihn zu besuchen?“
„Sonnenblume höchstpersönlich“, sagte Sinc. „Er hat sie eingeladen, weil sie hier in der Zone so gute Arbeit geleistet haben. Sie haben ihn ja auf Marina aufmerksam gemacht und dabei geholfen, sie letzte Woche in
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