Das Chamäleon-Korps
sich still durch den dichten Nebel.
„Bist du auch so was wie ein Spion, Mr. Tunky?“
„Nein, John.“ Jolson legte seine gewölbte Hand auf die Brust. „Komischerweise habe ich ein bißchen das Gefühl, daß du einer bist. Ich bin noch nie einem echten Blinden begegnet, der so blind war wie du, Bronzini.“
„Was ist denn das für ein Stinkname, mit dem du mich da anredest, Mr. Tunky?“ Blind John legte beide Hände auf die Gläser seiner dunklen Brille. „Ich kann beweisen, daß ich blind bin. Schau nur mal her, Mr. Tunky!“
Jolson blickte den Blinden an, und plötzlich wurde er hart von hinten auf den Kopf geschlagen. Während er stürzte, erblickte er noch den bärtigen Gondoliere. Jolson wurde noch einige Male geschlagen, dann verlor er das Bewußtsein.
Als er erwachte, fiel er gerade durch die grauen Nebelfetzen. Um seine Füße war irgend etwas Schweres, Quadratisches gebunden worden, seine Arme waren ihm auf den Rücken gebogen und mit Draht gefesselt worden. Er war geknebelt und konnte den Mund nicht öffnen.
Als er aufschlug, klatschte das ölige Wasser des Kanals hoch, und Salatblätter und Grout -Eingeweide und Teile einer toten Ratte und ein Büschel blutiger Federn und verblaßter Konfetti und leere Saftblasen und ein tönerner Stützstrumpf schwappten empor. Jolson fiel direkt hinab. Bevor er versank, gelang es ihm noch, kurz durch die Nase einzuatmen. Die eisige Kälte des Kanalwassers jagte einen stechenden Schmerz durch seine Schädelknochen, und der Nebel und das Wasser schienen sich zu verbinden und sich um ihn herum zusammenzuziehen.
Jolson setzte nun eilig seine vom Chamäleonkorps antrainierten Fähigkeiten ein. Er verlängerte sein linkes Handgelenk und machte es dünner und zog es schließlich aus den engen Drahtschlaufen. Bronzini arbeitet immer noch schlampig, dachte er.
Er klappte seinen Körper zusammen und ergriff seine Fußknöchel. Er verlängerte seine Füße und zog seine Arbeitsschuhe aus. Dann schlüpfte er aus dem Draht, der an einem großen Verstärker festgebunden zu sein schien. Während Jolson seine Verknebelung entfernte, peitschte ihm ein grüner Aal über das Gesicht. Er strampelte mit den Beinen und schwamm auf einen Punkt zu, von dem er annahm, daß sich dort das Kanalufer befand.
Einige Yards bevor er die glitschigen Steine erreicht hatte, hatte er ein starkes Verlangen danach einzuatmen. Er beherrschte sich und arbeitete sich unter Wasser weiter an das Kanalufer heran.
Schließlich tauchte er auf. Er sah nur immer dichter werdenden braunen Nebel; Blind Johns Gondel war nicht zu erkennen. Er hielt sich an einem Vertäuungspoller fest und atmete tief ein und aus. Er nieste und gähnte zweimal. Auf dem Wasser trieben sieben leere Muscheln und eine grimassierende tote Katze vorüber.
Zitternd lauschte Jolson eine Weile, dann kletterte er aus dem Wasser auf den steinernen Gehsteig. Tropfend saß er am Rand des Kanals, die knorrigen Hände um die Knie gelegt. Er wiegte sich hin und her und ließ das Kanalwasser abtropfen, das auf den schmierigen Steinen Pfützen bildete.
„Ich vermute, Sie sind wohl nicht eben in der Laune, ein Interview zu geben?“ fragte eine Frau hinter ihm aus dem Nebel.
Jolson stand auf und verlagerte sein Gewicht abwechselnd von einem nackten Fuß auf den anderen. „Wer sind Sie denn, Ma’am?“
„Ich bin Mrs. Gomes“, erwiderte die dunkle Frau in mittleren Jahren. „Sie befinden sich direkt vor meinem Büro. Ich bin Mitherausgeberin des Kanalzonen- Nachrichtenpiloten, und ich habe Sie erkannt, als Sie gerade aus dem Wasser aufgetaucht sind. Sie sind doch Tunky Nesper, nicht wahr?“
„Bin ich.“
„Der Mann, der den
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