Das Chaos-Casino
Sir, unaktiv bleibt unaktiv, ob man nun in einem Schaukelstuhl sitzt oder sich sechs Fuß tiefer aufhält.«
»Es hört sich so an, als hätten Sie irgendeinen Dienstgrad gehabt, bevor Sie pensioniert wurden«, bemerkte Narrisch vorsichtig.
»Sagen wir einfach, daß ich einen Unteroffiziersdienstgrad innehatte und belassen wir es dabei, Sir. Ich habe mich darum bemüht, meine Erfahrung nicht sonderlich herauszustellen. Habe zu viele Burschen miterlebt, die in eine neue Mannschaft kamen und gleich die Missionsglocken läuteten und den Heiden Predigten hielten, wie sie was zu machen hätten. Die Unteroffiziere, die Sie hier haben, scheinen wirklich gute Arbeit zu leisten, erst recht, seitdem Sie sie wieder richtig in Schwung gebracht haben. Die Wahrheit ist, daß es für mich in den unteren Dienstgraden richtig angenehm war - dann konnten die anderen das Denken übernehmen, und ich brauchte nur Befehle zu befolgen.«
»Ich verstehe«, sagte Narrisch; dann griff er nach seinem Notizblock. »Nun, Moustache, ich fürchte, Ihr Urlaub ist ab sofort zu Ende. Ich lehne Ihr Gesuch einer freiwilligen Meldung ab, und erteile Ihnen statt dessen hiermit den Auftrag, für die Dauer dieses Unternehmens als Kompaniefeldwebel einzuspringen.
Wenn alles vorbei ist, wollen wir mal sehen, ob wir das vielleicht zu einer dauerhaften Stellung machen können.«
»Jawohl, Sir. Sehr gut, Sir.«
Der Legionär vollführte einen brettsteifen Exerzierplatzsalut, doch Narrisch erwiderte ihn nicht sofort.
»Nur noch eine Sache, Moustache. Entschuldigen Sie die Frage, aber was ist das für ein Akzent, den Sie sprechen?«
»Holofilm, Sir«, erwiderte der Legionär mit einem weiteren aufblitzenden Lächeln. »Irgendwie habe ich es nie geschafft, dieses südamerikanische Gegurre zu meistern, das unter den Offizieren so beliebt ist. Da habe ich mich eben mit dem Nächstbesten zufriedengegeben. Habe jedes Kriegsholo studiert, das ich nur auf treiben konnte - jedes, in dem ein richtiger britischer Sergant vorkam. Es mag zwar nicht authentisch sein, aber nach vierzig Jahren ist es mir zur Gewohnheit geworden ... Sir!«
Und so ging es weiter, Stunde um Stunde, Freiwilliger um Freiwilliger.
Beekers Prognose entsprechend, wurde es bei allen Bemühungen, die Gespräche kurz zu halten, selbst für Narrischs Verhältnisse sehr spät. Als er endlich wieder allein war, versuchte er, noch einmal seine Notizen durchzugehen, legte sie aber beiseite, als die Augen ihm den Dienst versagten.
Er brauchte die Liste auch nicht wirklich zu lesen, um sich zu bestätigen, was er ohnehin schon wußte. Wenn er auch mehr als genug Freiwillige hatte, um eine volle Truppe zusammenzustellen, fehlte doch ein Name auf der Liste, mit dem er fest gerechnet hatte, seit ihm der Auftrag übertragen worden war.
Er sah auf die Uhr und rang mit sich, ob er die Nacht nicht besser für beendet erklären und sich am Morgen mit dem Problem befassen sollte. Um diese Zeit würde der Legionär, um den es ging, wahrscheinlich schon schlafen, und ...
Er mußte sich zwingen, eine Art geistigen Kompromiß zu akzeptieren. Er würde ganz einfach nur am Zimmer des Legionärs vorbeigehen, und sollten dort die Lichter aus sein, würde er sich schlafen legen.
»Kommen Sie herein, Herr Hauptmann. Ich habe Sie schon erwartet.«
Sushi legte das Buch beiseite und winkte seinen Kommandanten durch die offenstehende Tür in einen Sessel.
»Tut mir leid, daß ich noch so spät hereinplatze«, brachte Narrisch hervor und nahm Platz, »aber es haben sich sehr viele Freiwillige gemeldet - viel mehr, als ich erwartet hatte.«
»Mehr als Sie brauchen?«
»Nun ... ja und nein«, wich der Kommandant aus und blickte sich im Zimmer um. »Wo ist Ihr Partner?«
»Schubidu? Der ist in die Stadt gegangen, um ein bißchen zu feiern. Es ist schon spät. Wahrscheinlich wird er erst am Morgen wieder hier sein.«
»Gut, gut«, bemerkte Narrisch zerstreut. Nun, da er Sushi gefunden hatte, wußte er nicht so genau, was er ihm sagen sollte. »Ich, äh ... wollte mit Ihnen sprechen.«
»Ich will Ihnen die Sache erleichtern, Herr Hauptmann«, sagte der Legionär mit erhobener Hand. »Sie möchten wissen, warum ich mich nicht freiwillig gemeldet habe. Stimmt’s?«
»Nun ... Ja. Falls Sie das nicht als Einmischung empfinden, wie ich hinzufügen möchte. Ich hätte gedacht, daß der Auftrag gewissermaßen wie für Sie geschaffen ist. Wenn man bedenkt ...«
Er verstummte und ließ ungesagt, was beiden längst bekannt
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