Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)
auf, es den Christen gleichzutun. Er empfahl den Bau von Herbergen für Fremde, Zufluchtsstätten für Bettler, Asylen für junge Frauen und die Einrichtung einer Armenspeisung. 22
Und tatsächlich soll die römische Gemeinde in der Mitte des dritten Jahrhunderts mehr als 1500 Hilfsbedürftige unterstützt haben. Die Gemeinde in Antiochien hat sich um 3000 Witwen und unverheiratete Frauen gekümmert, dazu um eine nicht genannte Zahl an Gefangenen, Kranken, Behinderten, Bettlern und Durchreisenden. Das sprach sich herum im Römischen Reich und verunsicherte die Gegner der Christen.
So herrschte ein seltsames Verhältnis zwischen Christen und Heiden. Letztere wussten lange nicht, wie sie sich zu Ersteren verhalten sollten. Sie schwankten zwischen Gleichgültigkeit und Hass, Toleranz und Verfolgungswut, Interessiertheit und Ignoranz, Achtung und Verachtung, Respekt und Spott. Die Juden, obwohl immer wieder aufsässig, aufrührerisch und gewalttätig, hatten verbriefte Rechte unter den Römern, die Christen nicht. Die Juden waren den Römern als altes Volk bekannt und darum akzeptiert. Die Christen waren etwas Neues.
Die Christen der ersten drei Jahrhunderte waren sich des Skandalons ihres Kreuzeszeichens wohl bewusst. Es überraschte sie nicht, dass sie in der hellenistischen Welt, die das Schöne, Starke und Gesunde anbetete, weithin auf Ablehnung, ja Abscheu stießen und verhöhnt und verspottet wurden, wie schon jener Mann am Kreuz verhöhnt und verspottet wurde, dem johlende Soldaten eine Dornenkrone auf den Kopf gesetzt hatten.
Darum war der Entschluss, sich taufen zu lassen, eine wohlüberlegte Tat. Man wurde nicht einfach so Christ, weil es gerade Mode war oder weil man einmal etwas Anderes ausprobieren wollte. Man trat nicht einfach einem neuen Club bei, sondern man bekehrte sich zum christlichen Glauben. Man tat Buße , kehrte um, diese Umkehr wurde besiegelt durch die Taufe, und jeder, der das auf sich nahm, wusste: Ab jetzt werde ich Probleme haben mit meiner Umwelt, meinen Freunden, sogar mit meiner Familie, aber vor allem mit dem römischen Staat, der schon viele Christen den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen hat.
Hohe Hürden standen zwischen der normalen Welt und der Welt der Christen, enorme Schwellenängste waren zu überwinden. Wer diese Ängste besiegte und die Hürden nahm, schaffte es nur in dem Bewusstsein, die höhere Wahrheit in der scheinbaren Torheit erkannt zu haben und deshalb ganz entschieden ja sagen zu können zum Skandalon des Kreuzes, zum Anstößigen und Widernatürlichen des christlichen Glaubens. Wer sich dazu durchrang, dessen Weltsicht änderte sich total, und als Folge davon auch sein Leben. Christ zu werden bedeutete für den Einzelnen einen radikalen Bruch mit seiner bisherigen Biographie, mit der Welt, in der er bis dato gelebt hatte, mit allen herkömmlichen Traditionen, oft auch einen Bruch mit der eigenen Familie.
Jeder Christ hatte einen Knick in seinem Lebenslauf, und darum hatten die Christen der ersten Jahrhunderte keine Mühe zu verstehen, was Jesus meinte, als er sagte: Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater, und die Tochter mit ihrer Mutter, und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter …. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert . (Matthäus 10, 34 – 35)
Es ist nicht das Schwert des Kriegers, von dem Jesus hier spricht, sondern das Schwert der Unterscheidung. Mit seinem Kommen wird der Welt, wie sie ist und schon immer war, eine neue Welt entgegengesetzt, wie sie nach Gottes Willen sein soll – eine Welt, die es zu Jesu Lebzeiten längst hätte geben müssen, denn mit ihrer Errichtung war doch eigentlich das Volk der Juden beauftragt.
Aber es gibt sie nicht, stellt Jesus fest. Seit 1200 Jahren hat dieses Volk sich immer wieder Gottes Willen widersetzt. Und darum will Jesus jetzt endgültig Ernst machen und damit beginnen, Gottes Willen ein für alle Mal zum Durchbruch zu verhelfen. Und von vornherein ist klar: Es wird nicht ohne schwere Konflikte gehen. Der göttliche Wille wird auf den Widerstand des menschlichen Willens stoßen. Überall, bis in die Familien hinein, wird es zum Konflikt kommen zwischen beiden Willen. Das ist gemeint mit der Rede vom Schwert. Dieser
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