Das Comeback
wir eine Kopie davon brauchen. Meinen Sie, Sie sind dazu in der Lage?«
»Natürlich.«
»Haben Sie Versicherungen?«
»Ja, wir haben Policen. Unser Anwalt, Neil Denton in Century City wird sie ebenfalls haben.«
»Okay, wir werden uns morgen darum kümmern. Ich muß jetzt diesen Raum versiegeln.«
Sie traten in den Flur, und Bosch schloß die Tür. Aus seiner Aktentasche nahm er einen Aufkleber mit der Aufschrift:
Polizeiliche Untersuchung
Betreten Verboten
LAPD (213) 485-4321
Bosch drückte den Aufkleber über den Türpfosten. Falls jemand den Raum betreten wollte, müßte er den Aufkleber durchschneiden oder ablösen, und Bosch würde es merken.
»Detective?« sagte Veronica Aliso leise hinter ihm.
Bosch drehte sich um.
»Sie haben mich in Verdacht, nicht wahr?«
Bosch steckte die zwei Papierstückchen, die er von der Rückseite des Aufklebers abgezogen hatte, in die Tasche.
»Ich würde sagen, jeder und niemand ist zu diesem Zeitpunkt verdächtig. Wir untersuchen alles. Aber Sie haben recht, Mrs. Aliso, wir werden Sie unter die Lupe nehmen.«
»Ich schätze, ich hätte vorhin nicht so offen sein sollen.«
Rider sagte: »Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann wird Ihnen die Wahrheit nicht schaden.«
Aus langer Erfahrung wußte Bosch, daß man so etwas nicht sagte. Er wußte, es war nicht ehrlich gemeint. Nach dem dünnen Lächeln auf Veronica Alisos Gesicht zu schließen, wußte sie es auch.
»Sind Sie neu im Beruf, Detective Rider?« fragte sie, während sie Bosch mit einem Lächeln anblickte.
»Nein, Ma’am, ich bin seit sechs Jahren Detective.«
»Oh, und Detective Bosch brauche ich wohl nicht zu fragen.«
»Mrs. Aliso?« fragte Bosch.
»Veronica.«
»Es gibt noch eine Frage, die Sie uns heute abend beantworten könnten. Wir wissen nicht genau, wann Ihr Mann ermordet wurde. Es würde unsere Untersuchung jedoch leichter machen, wenn wir bestimmte Möglichkeiten ausschließen …«
»Sie wollen wissen, ob ich ein Alibi habe, nicht wahr?«
»Wir wollen nur wissen, wo Sie in den letzten Tagen und Nächten waren. Es ist nur eine Routinefrage.«
»Ich langweile Sie ungern mit den Einzelheiten meines Alltags – und ich fürchte, Sie sind wirklich langweilig –, aber außer einer Fahrt zum Einkaufszentrum und zum Supermarkt Samstag nachmittag, habe ich das Haus seit dem Abendessen mit meinem Mann Mittwoch abend nicht verlassen.«
»Sie waren allein hier?«
»Ja … Aber ich glaube, das können Sie bei Captain Nash am Tor überprüfen. Sie tragen ein, wer kommt und geht – einschließlich der Anlieger. Freitag war außerdem der Mann hier, der den Pool reinigt. Ich gab ihm seinen Scheck. Sie können Namen und Telefonnummer von mir bekommen.«
»Das ist im Moment nicht nötig. Danke. Und ich möchte Ihnen noch einmal mein Beileid ausdrücken. Gibt es irgendwas, was wir für Sie können?«
Sie schien sich in sich selbst zurückzuziehen. Er war sich nicht sicher, daß sie seine Frage gehört hatte.
»Ich bin okay«, sagte sie endlich.
Er nahm seine Aktentasche und ging den Flur hinunter. Er verlief hinter dem Wohnzimmer und führte direkt zur Vordertür. Im ganzen Flur hingen keine Fotos an den Wänden. Es verstieß gegen seine Erwartungen, jedoch schien in diesem Haus seit langem nichts mehr in Ordnung sein. Bosch analysierte die Räume von Toten wie Kunsthistoriker die Gemälde von toten Malern. Er suchte nach verborgenen Bedeutungen, nach den Geheimnissen des Lebens und des Todes.
Rider trat als erste nach draußen. Bosch folgte ihr und schaute zurück in den Flur. Veronica Aliso wurde vom Licht am anderen Ende eingerahmt. Er zögerte einen Moment, dann nickte er und ging.
Sie schwiegen, bis sie das Wachhaus am Tor erreichten und Nash herauskam.
»Wie ging’s?«
»Es ging.«
»Er ist tot, nicht wahr? Mr. Aliso.«
»Ja.«
Nash pfiff leise.
»Captain Nash, Sie schreiben auf, wann Autos rein- oder rausfahren?« fragte Rider.
»Ja, aber das ist Privateigentum. Sie brauchen einen …«
»Durchsuchungsbefehl«, sagte Bosch. »Das ist uns klar. Aber bevor wir uns die Mühe machen, hätte ich eine Frage. Falls ich mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkomme, würden Ihre Wachbücher genau belegen, wann Mrs. Aliso in den letzten Tagen rein oder raus ist?«
»Nee. Nur wann ihr Auto hier durchgekommen ist.«
»Verstanden.«
Bosch ließ Rider bei ihrem Wagen aussteigen. Dann fuhren sie getrennt hinunter aufs Hollywood-Revier auf der Wilcox Avenue. Unterwegs dachte Bosch über
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