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Das Comeback

Das Comeback

Titel: Das Comeback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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zurück und richtete sich auf. Während er einen prüfenden Blick auf den gesamten Kofferraum richtete, hakte er in Gedanken eine Liste ab. Da man keine Blutspuren auf der Zufahrtsstraße gefunden hatte, zweifelte er nicht daran, daß man den Mann hier im Kofferraum getötet hatte. Trotzdem war es eine Gleichung mit mehreren Unbekannten. Warum hier? Warum keine Schuhe und Socken? Warum wurden die Fesseln von den Handgelenken entfernt? Er schob die Fragen für den Moment beiseite.
    »Ihr habt nach der Brieftasche gesucht?« fragte er, ohne sich nach den beiden umzusehen.
    »Noch nicht«, antwortete Edgar. »Erkennst du ihn?«
    Erst jetzt betrachtete Bosch das Gesicht genauer. Die Todesangst war ihm für immer ins Gesicht geschnitten. Der Mann hatte die Augen geschlossen. Er wußte, was passieren würde. Bosch fragte sich, ob die weiße Substanz in den Augen von getrockneten Tränen stammte.
    »Nein, du?«
    »Nee. Er ist sowieso zu sehr zugerichtet.«
    Bosch hob vorsichtig die lederne Sportjacke am Rücken an, sah aber nichts in den Gesäßtaschen. Als nächstes öffnete er die Jacke mit einer Hand und entdeckte eine Brieftasche in der Innentasche, auf dem sich ein Etikett befand: Fred Haber, Men’s Shop . In der Innentasche steckte außerdem ein Umschlag mit einem Flugticket. Mit der anderen Hand griff er in die Tasche und zog die zwei Gegenstände heraus.
    »Klappe zu«, sagte er, als er zurücktrat.
    Edgar schloß den Kofferraum so sacht, wie ein Beerdigungsunternehmer einen Sarg schließt. Bosch ging zu seiner Aktentasche, legte die beide Objekte darauf und hockte sich hin.
    Als erstes öffnete er die Brieftasche. Auf der linken Seite steckte eine beachtliche Sammlung Kreditkarten und ein Führerschein hinter einem Plastikfenster. Er war auf den Namen Anthony N. Aliso ausgestellt.
    »Anthony N. Aliso«, sagte Edgar. »Kurzfassung Tony. TNA. TNA Productions.«
    Die Adresse war in Hidden Highlands, einer kleinen Enklave abseits vom Mulholland Drive, umgeben von Mauern und mit einem Wachhaus, das rund um die Uhr besetzt war – meistens von pensionierten Polizisten oder Cops, die etwas nebenbei verdienen wollten. Die Adresse paßte zum Rolls-Royce.
    Bosch öffnete das Fach für Geldscheine und fand ein ganzes Bündel Banknoten. Ohne das Geld herauszunehmen, zählte er zwei Einhundertdollarscheine und neun Zwanziger. Er teilte Rider die Summe mit, damit sie sie notieren konnte. Als nächstes öffnete er den Umschlag mit dem Flugschein. Er enthielt ein Ticket von American Airlines für einen einfachen Flug von Las Vegas nach Los Angeles. Abflug Freitag abend 22.05 Uhr. Der Name auf dem Ticket stimmte mit dem auf dem Führerschein überein. Bosch sah hinten auf dem Umschlag nach, konnte aber weder einen Heftklemmer noch einen Aufkleber für aufgegebenes Gepäck entdecken. Eigenartig. Bosch ließ die Brieftasche und den Flugschein auf der Aktentasche und ging zum Wagen, um durch die Fenster zu schauen.
    »Kein Gepäck?«
    »Nein«, erwiderte Rider.
    Bosch ging zurück zum Heck und öffnete wieder den Kofferraum. Er betrachtete die Leiche, steckte einen Finger unter den linken Ärmel der Jacke und zog ihn nach oben. Eine goldene Rolex kam zum Vorschein. Das Zifferblatt war umrandet von kleinen Diamanten.
    »Scheiße.«
    Bosch drehte sich um. Es war Edgar.
    »Soll ich OK anrufen?«
    »Warum?«
    »Italienischer Name, kein Raub, zwei Schüsse in den Hinterkopf. Es war ’ne Liquidierung, Harry. Wir sollten die Abteilung für organisierte Kriminalität anrufen.«
    »Noch nicht.«
    »Ich kann dir schon jetzt sagen, Bullets wird sie anrufen.«
    »Wir werden sehen.«
    Bosch betrachtete noch einmal die Leiche und sah sich das entstellte, blutige Gesicht genau an. Dann schloß er den Kofferraum.
    Bosch wandte sich vom Wagen ab und ging zum Rand der Lichtung. Von hier aus bot sich einem ein grandioses Panorama der Stadt. Richtung Osten jenseits von Hollywood konnte er die Spitzen der Hochhäuser von Downtown im Dunstschleier erkennen. Er sah, daß das Flutlicht vom Dodger-Stadion für ein Abendspiel eingeschaltet war. Die Dodgers und Colorado lieferten sich seit einem Monat ein Kopf-an-Kopf-Rennen, und Nomo war heute abend der Pitcher. Bosch hatte seine Eintrittskarte dabei. Reines Wunschdenken. Die Chance, daß er das Spiel sehen würde, war gleich Null. Ihm war auch klar, daß Edgar recht hatte. Der Mord wies in allen Aspekten auf die Mafia hin. »Organisierte Kriminalität«, würde benachrichtigt werden müssen. Wenn sie nicht

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