Das Comeback
seine Wagen geleast hatte. Mittags könnte er dann wieder in Hollywood auf dem Revier sein.
Bosch zog seine Kleider aus und nahm eine lange, heiße Dusche, um den Schweiß der letzten Nacht abzuwaschen. Als er fertig war, wickelte er sich in ein Badetuch und wischte mit einem anderen Handtuch den beschlagenen Spiegel ab, damit er sich rasieren konnte. Er sah, daß seine Unterlippe auf einer Seite so dick wie ein Würstchen geworden war, was von seinem Schnurrbart nicht verborgen wurde. Seine Augen waren blutunterlaufen und hatten Ränder. Während er ein Fläschchen Visine-Tropfen aus seinem Kulturbeutel nahm, fragte er sich, ob Eleanor eine einzige attraktive Sache an ihm entdeckt hatte.
Als er aus dem Badezimmer kam, um sich anzuziehen, wurde er von einem Mann begrüßt, den er nie zuvor gesehen hatte. Er saß in einem Sessel beim Fenster und las eine Zeitung, die er hinlegte, als er Bosch mit einem Handtuch bekleidet hereinkommen sah.
»Du bist Bosch, nicht wahr?«
Bosch schaute zum Sekretär und sah, daß sein Revolver noch da lag. Sie lag näher zu dem Mann im Sessel, aber Bosch dachte, er könnte sie vielleicht zuerst erreichen.
»Immer mit der Ruhe«, sagte der Mann. »Ich bin auf deiner Seite. Ich bin Cop. Felton hat mich geschickt.«
»Was zum Teufel tust du in meinem Zimmer?«
»Ich kam rauf, und niemand hat geöffnet. Ich konnte die Dusche hören. Ein Freund vom Personal hat mich reingelassen. Ich wollte nicht im Korridor herumstehen. Zieh dich an. Dann sage ich dir, was wir haben.«
»Zeig mir einen Ausweis.«
Der Mann stand auf und kam zu Bosch herüber. Er zog gelangweilt seine Brieftasche aus der Jacke, öffnete sie und zeigte Bosch Dienstmarke und Ausweis.
»Iverson, Polizei Las Vegas. Captain Felton hat mich hergeschickt.«
»Was ist so wichtig, daß Felton jemanden schickt, der in mein Zimmer einbricht?«
»Paß auf, ich bin nicht eingebrochen. Okay? Wir haben die ganze Nacht angerufen, und du hast dich nicht gemeldet. Erstens wollten wir uns versichern, daß mit dir alles in Ordnung ist. Und zweitens will der Captain, daß du bei der Verhaftung dabei bist. Also hat er mich hierher geschickt, um dich zu finden. Wir müssen los. Zieh dich an.«
»Welche Verhaftung?«
»Das werde ich dir erklären, wenn du dich endlich angezogen hast und wir uns auf den Weg machen können. Du hast mit den Abdrücken einen Volltreffer gelandet.«
Bosch schaute ihn einen Moment an und ging dann zum Wandschrank, um eine Hose und Unterwäsche herauszuholen. Dann verschwand er ins Bad und zog sich an. Als er herauskam, sagte er nur: »Schieß los.«
Bosch zog sich schnell weiter an, während Iverson redete.
»Ist dir der Name Joey Marks geläufig?«
Bosch dachte kurz nach und sagte dann, daß er ihm bekannt vorkomme, er ihn aber mit keiner Person verbinden könne.
»Joseph Marconi alias Joey Marks. So hieß er, bevor er sich als ehrlicher Geschäftsmann niederließ. Jetzt nennt er sich wieder Joseph Marconi. Er hat den Spitznamen Joey Marks, weil er Leute, die ihn betrogen oder sich ihm widersetzt haben, auf eine brutale Art markiert hat.«
»Wer ist er?«
»Er ist der Repräsentant der Firma in Vegas. Du weißt, was die Firma ist, nicht wahr?«
»Die Mafia in Chicago. Sie kontrollieren oder haben zumindest das Sagen über alle Operationen westlich des Mississippis – einschließlich Vegas und L. A.«
»Ich sehe, du hast in Erdkunde gut aufgepaßt. Ich muß dir also nicht mehr soviel über die Verhältnisse hier beibringen. Du kennst schon die Mannschaftsaufstellung.«
»Heißt das, daß die Abdrücke auf der Jacke des Opfers von Joey Marks stammen?«
»Schön wär’s, Bosch. Nein, sie stammen von einem seiner Leutnants, und das ist wie Manna vom Himmel. Wir bringen den Typen ins Präsidium, holen ihn direkt aus dem Bett. Wir drehen ihn um, Bosch, lassen ihn für uns arbeiten. Durch ihn werden wir endlich Joey Marks zu fassen kriegen. Er ist uns schon fast zehn Jahren ein Dorn im Fleische.«
»Vergißt du nicht etwas?«
»Nein, nicht das ich wüßte … ach ja, wir sind natürlich dir und dem LAPD unendlich dankbar dafür.«
»Nein, du vergißt, daß es mein Fall ist – nicht eurer. Was zum Teufel denkt ihr euch dabei, den Typen zu verhaften, ohne mich zu fragen.«
»Wir haben versucht, anzurufen. Das hab ich doch gesagt.«
Iverson klang verschnupft.
»Ja und? Ihr könnt mich nicht erreichen und setzt dann einfach euren Plan in die Tat um?«
Iverson antwortete nicht. Bosch schnürte
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