Das Comeback
Klingeln, als ob sie ihn oder eine andere Person erwartet hätte.
»Wie hast du mich gefunden? Bist du mir gefolgt?«
»Nein. Ich habe nur einen Anruf gemacht.«
»Was ist mit deiner Lippe passiert?«
»Nicht der Rede wert. Willst du mich nicht herein bitten?«
Sie trat zurück, um ihn hereinzulassen. Es war eine kleine, spärlich eingerichtete Wohnung. Als erstes fiel ihm das Poster von Hoppers Nighthawks über der Couch ins Auge. Das Gemälde sprach etwas in seinem Innersten an – seit jeher. Er hatte früher das gleiche Poster in seiner Wohnung gehabt. Sie hatte es ihm vor fünf Jahren geschenkt. Zum Abschied.
Er wandte seinen Blick vom Gemälde zu ihr. Ihre Augen trafen sich, und er wußte, daß alles, was sie früher am Abend gesagt hatte, Fassade gewesen war. Er trat näher und berührte sie, legte seine Hand an ihren Hals und fuhr mit dem Daumen über ihre Wange. Er betrachtete ihr Gesicht aufmerksam. Sie sah willensstark und entschlossen aus.
»Diesmal ist es lange für mich her«, flüsterte sie.
Er erinnerte sich, daß er ihr an dem Abend, als sie sich zum ersten Mal liebten, das gleiche gesagt hatte. Das war vor vielen Jahren, dachte Bosch. Was mache ich hier. Kann man einfach weitermachen, nach so langer Zeit und so vielen Veränderungen?
Er zog sie an sich, und sie hielten sich in den Armen und küßten sich lange. Dann führte sie ihn wortlos ins Schlafzimmer, wo sie ihre Bluse aufknöpfte und ihre Jeans auf den Boden fallen ließ. Sie preßte sich an ihn, und sie küßten sich, während sie die Knöpfe seines Hemds aufmachte, es öffnete und dann ihre Haut auf seine preßte. Ihr Haar roch nach dem Rauch der Pokertische, aber darunter nahm er den Geruch eines Parfüms wahr, der ihn an eine Nacht vor fünf Jahren erinnerte. Er dachte an die Jakarandabäume vor ihrem Fenster, die den Boden mit einem violetten Blütenschnee bedeckten.
Sie liebten sich mit einer Intensität, die Bosch vergessen hatte. Es war ein brutaler, keuchender, physischer Akt, ohne Liebe, getrieben allein von Lust und vielleicht von Erinnerungen. Nachdem er gekommen war, zog sie ihn näher, zog ihn in rhythmischen Stößen in sich hinein, bis auch sie ihren Orgasmus erreicht hatte. Dann – mit den klaren Gedanken, die immer hinterher wach werden – waren sie auf einmal beschämt wegen ihrer Nacktheit, wegen der wilden Animalität, mit der sie sich vereinigt hatten.
»Ich hab vergessen zu fragen«, sagte sie. »Du bist doch nicht verheiratet, oder?«
Sie kicherte. Er griff mit einer Hand nach seiner Jacke, die auf dem Boden lag, und holte seine Zigaretten heraus.
»Nein«, sagte er. »Ich bin allein.«
»Das hätte ich wissen sollen. Harry Bosch, der Einzelgänger.«
Sie lächelte ihn in der Dunkelheit an. Er sah es, als das Streichholz aufflammte. Er zündete seine Zigarette an und bot sie ihr an. Sie schüttelte den Kopf.
»Wie viele Frauen gab es seit mir?«
»Ich weiß nicht, nur ein paar. Mit einer war ich ungefähr ein Jahr zusammen. Das war wohl die ernsthafteste Beziehung.«
»Was ist aus ihr geworden?«
»Sie ist nach Italien gegangen.«
»Für immer.«
»Wer weiß.«
»Wenn du es nicht weißt, dann kommt sie nicht zurück. Wenigstens nicht zu dir.«
»Ja, ich weiß. Die Beziehung ist schon lange zu Ende.«
Er schwieg einen Moment, und sie fragte dann, wen es noch gegeben hätte.
»Eine Malerin in Florida. Ich habe sie bei einem Fall getroffen. Das hat nicht lange gedauert. Und danach du wieder.«
»Was ist aus der Malerin geworden?«
Bosch schüttelte seinen Kopf, als wolle er ihre Fragen abweisen. Es machte ihm keinen Spaß, seine mißlungenen Beziehungsversuche Revue passieren zu lassen.
»Es lag wohl an der Entfernung«, sagte er. »Es ging nicht. Ich konnte nicht aus L. A. weg und sie nicht aus Florida.«
Sie rückte näher und küßte ihn aufs Kinn. Er wußte, daß er eine Rasur brauchte.
»Was ist mit dir, Eleanor? Bist du allein?«
»Ja … Der letzte Mann, mit dem ich geschlafen habe, war Cop. Er war sanft, aber stark – nicht körperlich, sondern vom Charakter her. Das ist lange her. Damals brauchten wir beide jemanden, der uns heilte. Wir haben uns gegenseitig geholfen.«
Sie sahen sich in der Dunkelheit lange gegenseitig an. Dann kam sie noch näher. Kurz bevor sich ihre Lippen trafen, flüsterte sie: »Es ist viel Zeit verflossen.«
Er dachte über ihre Worte nach, während sie ihn küßte und dann auf die Kissen stieß. Sie setzte sich rittlings auf ihn und begann ihre
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