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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murat Topal
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kompensiert werden.«
    In den Augen meiner Frau las ich, dass der Herr des Wüstenwindes seinen Kredit verspielt hatte. Ihre Stimme wurde noch eine Spur eisiger. »Gut, Herr Zauchwitz. Danke für Ihre Zeit. Wir besprechen das und melden uns.«
    Obwohl der Koofmich auf dem Weg zu unserem Auto noch einige schmierige Floskeln unterzubringen versuchte, wusste er: Das Spiel war verloren. Ich sah seine hoffnungslose Miene und bekam fast Mitleid. Sicher war es nicht einfach, überhaupt Kaufinteressenten in diese entlegene Gemarkung zu locken. Da schmerzte jede Absage doppelt und dreifach.
    Als er aber Ann-Marie zum Abschied einen ungelenken Handkuss aufzupressen versuchte, war mein kleiner Anflug von Mitgefühl sofort vorbei. Hier galt es nur noch, Gummi zu geben, bevor der Mann sich in seinem Elend gar noch vor den Van warf und uns als Geiseln nahm. Ein paar Meter weiter sahen wir, dass Herr Kotzebue seine Flagge inzwischen direkt vor seinen Papp-Palazzo gepflanzt hatte.
    »Was ist denn das nun für eine Fahne?«, fragte Ann-Marie.
    »Die Reichskriegsflagge. Schon lange verboten.«
    Auf der gesamten Rückfahrt nestelte meine Liebste schweigend an ihren Haaren herum. Das machte sie immer, wenn sie mit sich und der Welt unzufrieden war. Es war ihr wohl klargeworden, dass ein Landhaus nicht zwangsläufig das Paradies sein musste. Als wir nach fast zwei Stunden über die Schlammwege und Schotterpisten, die man in dieser Diaspora »Straßen« nannte, endlich wieder zu Hause ankamen, nutzte ich die Gunst der Stunde.
    »Schatz, ich will nicht meckern. Aber die Bude war ja wohl ein Wort mit x. Nun bin ich dran. Lass uns morgen die Flachdachvilla in Mariendorf ansehen.«
    Der Schatz seufzte nur tief. Ich deutete das als Zustimmung.

5. Kapitel

Rein in die Stadt
     
     
    Natürlich hatte Ann-Marie, sensible Ehefrau, die sie war, nach dieser Zeitverschwendung ein schlechtes Gewissen und meinem Wunsch folglich wenig entgegenzusetzen. Also rief ich Herrn Kosewitz an, den Sachbearbeiter für mein Wunschobjekt, der sich darüber nach eigener Aussage »janz kringlich« freute und mir in einem gefühlte drei Stunden dauernden Monolog ein ums andere Mal versicherte, »welch jroßes Los« ich mit meiner Wahl gezogen hatte.
    »So een jemütliches Nest finden Se keen zweetes Mal. Und so zentral jelejen.«
    Mariendorf? Zentral? Die Ansicht hatte er zweifelsohne exklusiv. Kurz war ich versucht, den gerade erst vereinbarten Termin sofort wieder abzusagen. Was konnte man von einem Menschen erwarten, der die Wahrheit so schamlos zurechtbog? Aber ich konnte nicht mehr zurück, denn dann hätte ich in unserem innerfamiliären Hausbesichtigungskampf jede Glaubwürdigkeit verspielt. Da musste ich jetzt durch.
    Punkt eine halbe Stunde zu spät klingelte es am nächsten Nachmittag um drei an unserer Wohnungstür. Herr Kosewitz hatte wohl für preußische Pünktlichkeit nichts übrig und hielt anscheinend auch nicht viel vom akademischen Viertel. Ich warf mir eine Jacke über und öffnete.
    »Kosewitz heiß ick und bin Ihr Führer«, stellte sich der wie ein Schneemann aus drei unterschiedlich großen Kugeln geformte Makler vor. Seine dichten Haare standen stramm zu Berge, als würde er nach dem Aufwachen als Erstes seine Finger in die nächste Steckdose zwängen. Die Frisur erinnerte frappant an den Kabarettisten Urban Priol.
    »Topal«, antwortete ich knapp und streckte ihm die rechte Hand entgegen.
    »Anjenehm. Und dit is Ihre Anjetrauerte?«
    Ann-Marie war hinter mich getreten. Ohne noch einmal zu Wort zu kommen, folgten wir dem mit Dufflecoat, Cordhose und Hornbrille wie ein Erdkundelehrer ausstaffierten Volldampfplauderer zu seinem recht verbeulten Opel Astra.
    Noch auf dem Weg zu seinem Parkplatz gab er nicht nur eine profunde Einschätzung der politischen Großwetterlage ab – »eene eenzije Katastrophe, Herr Topas« –, sondern verriet uns auch, dass er heute schon »zwee echt jute Abschlüsse« hatte und noch »alle Krakenarme voll zu tun«. Gleichzeitig versicherte er, es sei ihm »eene riesije Freude« uns eines der »janz wenijen Traumhäuser Balins« zeigen zu dürfen. »Und so zentral jelejen! Sie werden bejeistert sein.«
    Ich sah kurz zu meiner Frau hinüber. In ihrem Gesicht war kein Platz für Begeisterung. Meine Befürchtung, gerade einen Fehler zu machen, wuchs sekündlich.
    Die Anreise zu dem so ungeheuer zentral gelegenen Schmuckstück der Berliner Immobilienlandschaft dauerte eine geschlagene Dreiviertelstunde. Während der

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