Das Dekameron
mit mir etwas anfangen wolltest, seit du mich erkannt hast. Aber so wahr mir Gott helfe, ich werde dich noch nach mir hungern lassen. Ich weiß auch nicht, was mich abhält, mir den Ricciardo zu holen, der mich mehr als sich selbst geliebt hat und sich nicht rühmen kann, daß ich ihn einmal angesehen hätte. Wahrlich, niemand könnte mich darum tadeln. Du aber hast gedacht, seine Frau hier zu genießen, und was dich und deinen Willen betrifft, so ist es so gut, als ob es geschehen wäre. Du hättest also gewiß kein Recht, mir etwas vorzuwerfen, wenn ich mich mit ihm einließe.«
Auf solche Weise redete die Dame lange und beschwerte sich sehr. Endlich aber bedachte Ricciardo, welch großes Übel daraus entstehen könnte, wenn er sie in dieser Meinung gehen ließe, und so entschloß er sich, sie aus ihrem Irrtum zu reißen und sich ihr zu entdecken. Nachdem er sie also wieder in den Arm genommen hatte und so fest umschlungen hielt, daß sie sich nicht befreien konnte, sagte er: »Zürnt nicht, mein liebes Leben. Was ich durch Liebe allein von Euch nicht erlangen konnte, hat Liebe mit List gepaart mich gewinnen lassen. Ich bin Euer Ricciardo.«
Als Catella das hörte und ihn an der Stimme erkannte, wollte sie sogleich aus dem Bett springen, konnte sich aber nicht losmachen. Dann wollte sie schreien, aber Ricciardo verschloß ihr mit der einen Hand den Mund und sagte: »Madonna, es ist nun einmal unmöglich, das ungeschehen zu machen, was geschehen ist, und wenn Ihr auch Euer ganzes Leben lang schrieet. Wollt Ihr aber schreien oder sonst auf irgendeine Weise jemand mitteilen, was zwischen uns vorgefallen ist, so wird das zwei Folgen haben. Die erste - und sie kann Euch unmöglich gleichgültig sein - ist, daß Eure Ehre und Euer guter Ruf zugrunde gehen. Möget Ihr immerhin sagen, ich habe Euch durch List hierher gelockt, so behaupte ich, es sei nicht wahr. Ihr seiet um Geld und Geschenke, die ich Euch versprochen, hierhergekommen, und Ihr habet diesen Lärm und Zank nur deshalb erhoben, weil Ihr zornig geworden wäret, daß ich Euch jene Geschenke nicht so reichlich gegeben, wie Ihr erhofft hättet. Und da Ihr wißt, daß die Leute immer eher das Böse als das Gute glauben, wird man viel mehr meinen Worten als Euren vertrauen. Außerdem wird daraus zwischen Eurem Mann und mir eine tödliche Feindschaft entstehen, und es könnte sich leicht treffen, daß ich ihn ebenso bald ums Leben brächte wie er mich, was Euch dann wieder ebensowenig Freude wie Vorteil gewähren dürfte. Und so bitte ich denn Euch, mein liebes Herz, nicht zugleich Euch selbst zu beschimpfen und Euren Mann und mich in Gefahr und Streit zu bringen. Ihr seid nicht die erste und werdet auch nicht die letzte sein, die betrogen wird. Auch habe ich Euch nicht betrogen, um Euch das Eurige zu nehmen, sondern ich tat es aus übermäßiger Liebe, die ich zu Euch hege und immer als Euer demütiger Diener zu hegen wünsche. Denn obgleich schon seit langer Zeit ich und alles, was mir gehört, was ich gelte und vermag, Euch zugehört und Eurem Dienste gewidmet ist, so denke ich doch, dies alles soll von nun an noch viel mehr als je der Fall sein. Ihr seid in ändern Dingen so verständig, daß ich gewiß bin, Ihr werdet es auch diesmal sein.«
Catella weinte, während Ricciardo diese Worte sprach, heftig. So erzürnt sie aber war und so sehr die Sache sie verdroß, so war sie doch vernünftig genug, den wahren Worten Ricciardos Raum zu geben und einzusehen, daß es sich leicht so zutragen könnte, wie er ihr voraussagte. Deshalb erwiderte sie: »Ricciardo, ich weiß bei Gott nicht, wie ich es anfangen soll, um das zu erdulden, was du mir an Schimpf und Betrug angetan hast. Hier, wohin mich meine Einfalt und übermäßige Eifersucht geführt haben, will ich nun nicht weiter Lärm machen. Aber sei überzeugt, daß ich nicht eher froh werde, als bis ich mich auf die eine oder andere Weise für den Streich, den du mir gespielt hast, gerächt sehe. Darum laß mich endlich los und halte mich nicht mehr. Du hast deinen Zweck erreicht und mich übel genug zugerichtet. Nun ist es Zeit, daß du mich läßt, und ich bitte dich, laß mich los.«
Ricciardo ersah aus diesen Worten, daß sie noch sehr aufgebracht war; er aber hatte sich vorgesetzt, sie nicht eher loszulassen, als bis sie sich gutwillig gefügt. Deshalb fing er wieder an, ihr mit den besten Worten zuzureden und sprach und bat so lange und beschwor sie so sehr, daß sie endlich nachgeben und mit ihm Frieden
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