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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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der Ihr, abgesehen davon, daß Ihr unsere Reise ein wenig verzögert, uns genötigt habt, eine so große Gefälligkeit wie die Eure anzunehmen, ohne daß wir Euer Wohlwohlen anders als durch einen einfachen Gruß hätten verdienen können.«
    Der Ritter, ein kluger und wohlberedter Mann, erwiderte: »Ihr Herren, die Artigkeit, die ihr von uns empfanget, wird im Vergleich zu dem, was euch gebührt und was ich an eurem Äußeren erkenne, nur eine sehr geringe sein. Doch in der Tat, außerhalb von Pavia hättet ihr an keinem Orte einkehren können, der nur erträglich gewesen wäre, und deshalb sei es euch nicht leid, den Weg etwas verlängert zu haben, um dafür eine minder große Unbequemlichkeit anzutreffen.«
    Während er so sprach, war seine Dienerschaft herbeigekommen und hatte, sobald jene abgestiegen waren, ihre Pferde untergebracht. Herr Torello aber führte die drei edlen Herren zu den Gemächern, welche für sie bereitet waren, wo er sie die Schuhe ablegen ließ, sie mit kühlem Wein etwas erfrischte und dann bis zur Essensstunde in gefälligen Gesprächen hinhielt. Saladin, seinen Gefährten und Dienern war das Latein geläufig, weshalb sie denn alles sehr gut verstehen und sich verständlich machen konnten, und jeder von ihnen war der Meinung, dieser Ritter sei der gefälligste, gesittetste und wohlberedteste Mann, den sie noch angetroffen hätten. Herrn Torello andererseits dünkte es, daß diese Fremden gar ausgezeichnete Männer und von weit höherem Stande wären, als er anfangs geglaubt hatte, weshalb es ihm denn leid tat, sie an diesem Abend nicht durch Gesellschaft und ein feierliches Gastmahl ehren zu können, und er sich vornahm, sie am folgenden Morgen dafür schadlos zu halten. Nachdem er daher einen seiner Diener davon unterrichtet hatte, was er tun wolle, sandte er ihn zu seiner Gemahlin, welche eine sehr kluge und adelig gesinnte Frau war, nach dem ganz nahen Pavia, wo man keineswegs die Tore zu verschließen pflegte.
    Hierauf führte er die edlen Herren in seinen Garten und fragte sie höflich, wer sie seien. »Wir sind«, antwortete ihm Saladin, »zyprische Kaufleute, kommen von Zypern und gehen in unseren Geschäften nach Paris.« »Wollte Gott«, entgegnete Herr Torello hierauf, »unser Land brächte solche Edelleute hervor, als Zypern, wie ich sehe, Kaufleute.« Unter solchen und anderen Gesprächen war es Essenszeit geworden. Er bat sie daher, sich zu Tische zu setzen, wo sie alsdann dafür, daß es ein unvorbereitetes Mahl war, gar wohl und ordentlich bedient wurden. Nicht lange waren die Tafeln aufgehoben, als Herr Torello, der voraussetzte, daß sie ermüdet sein möchten, sie zu schönen Betten führen ließ, um der Ruhe zu pflegen, und bald darauf legte auch er sich nieder.
    Unterdessen richtete der nach Pavia gesandte Diener die Botschaft bei der Gemahlin des Herrn Torello aus, und diese ließ, nicht mit weiblichem, sondern mit wahrhaft königlichem Sinne, schnell zahlreiche Freunde und Diener ihres Gemahls herbeirufen und alles Nötige zu einem großen Gastmahl bereiten, bei Fackellicht viele der angesehensten Bürger zum Feste einladen, Tücher, Teppiche und Pelzwerk herbeibringen und alles vollkommen einrichten, was ihr von ihrem Gemahl aufgetragen war.
    Als es Tag geworden war, erhoben sich die edlen Herren, Herr Torello stieg mit ihnen zu Roß, ließ seine Falken kommen und führte sie zu einer benachbarten Niederung, wo er ihnen zeigte, wie seine Falken zu fliegen verstanden. Als hierauf Saladin nach jemand fragte, der sie nach Pavia und zu der besten Herberge führen könnte, sprach Herr Torello: »Ich selbst werde dies tun, weil ich doch dort zu tun habe.« Die Fremden glaubten dies, waren damit zufrieden und machten sich nun gemeinschaftlich mit ihm auf den Weg.
    Schon war es um die dritte Morgenstunde, als man die Stadt erreichte, und während jene in der besten Herberge abzusteigen glaubten, gelangten sie mit Herrn Torello zu dessen Haus, in welchem wohl fünfzig der vornehmsten Bürger versammelt waren, um die edlen Herren zu empfangen, denen sie alsbald die Zügel abnahmen und die Steigbügel hielten. Als Saladin und seine Gefährten dies sahen, wurden sie nur zu wohl inne, wie dies Zusammenhänge, und sie sprachen: »Herr Torello, dies ist nicht das, was wir begehrten. In der vergangenen Nacht schon hattet Ihr uns Ehre genug angetan, und weit mehr, als wir irgend wollten. Deshalb konntet Ihr uns heute sehr wohl unseren Weg fortsetzen lassen.« »Ihr Herren«,

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