Das Deutsche als Männersprache
einzigen Satz erfassen:
1. Eine Gruppe von Personen ist eine »männliche Gruppe«, d. h. es wird auf sie mit dem Maskulinum referiert, wenn sie mindestens einen Mann enthält.
Aus diesem einen Satz lassen sich alle weiteren Besonderheiten ableiten:
2. Eine Gruppe von Personen ist eine »nichtmännliche Gruppe«, d.h. es wird auf sie mit einer vom Maskulinum abgeleiteten Form (sog. »Femininum«) referiert, wenn sie keinen Mann enthält.
3. Auf ein Mitglied einer männlichen Gruppe wird mit dem Maskulinum referiert.
4. Auf ein potentielles Mitglied einer männlichen Gruppe wird mit dem Maskulinum referiert (Beispiel: Der Gewinner steht noch nicht fest.)
5. Auf ein Mitglied einer nichtmännlichen Gruppe wird mit dem sog. »Femininum« referiert.
6. Ein Mann ist immer Mitglied einer männlichen Gruppe, da er durch seine Mitgliedschaft jede nichtmännliche Gruppe zu einer männlichen macht. (Von einem Arzt wird nie gesagt: »Er ist Ärztin .« )
7. Eine Frau kann sowohl Mitglied einer männlichen als auch einer nichtmännlichen Gruppe sein. (Von einer Frau kann man sagen: »Sie ist Arzt/Ärztin« — je nach Gruppenzuschreibung.)
8. Frauen »zählen« nur als Mitglieder nichtmännlicher Gruppen: Eine Gruppe von zehn Sängerinnen enthält zehn Frauen. Eine Gruppe von zehn Sängern enthält neun bis null Frauen.
B: Kommentar
Die deutsche Sprache liefert ein befremdend verzerrtes Bild der Realität, in der sich folgende Arten von Gruppen finden:
Für die deutsche Sprache ist aber das Klassifikationskriterium nicht, ob eine Gruppe Frauen enthält, und schon gar nicht, wie viele. Klassifikationsgrundlage ist, ob eine Gruppe einen Mann enthält oder nicht. Der sprachliche Raster, der der Realität übergeworfen wird, sieht so aus:
Es ist also nur folgerichtig, daß die Sprachwissenschaft auf jenem Planeten überwiegend mit den Merkmalen /+M/ und /-M/ operiert. Der für die objektiv beobachtbare Realität sinnvolle, nicht-ableitende Begriff >weiblich< (+F(emininum)) hat sprachlich in diesem Bereich, dem die meisten deutschen Personenbezeichnungen zuzuordnen sind, kein begründbares Korrelat. Die Endung -in »bedeutet« nichts anderes als >nichtmännlich< im oben definierten Sinn.
Geradezu absurd ist allerdings die von der Sprachwissenschaft auf jenem Planeten vertretene Behauptung, Maskulina wie Geiger, Student könnten ähnlich wie Gans, Maus geschlechtsneutral, »unmarkiert« verwendet werden. Dabei wird verkannt, daß Maskulina nur auf männliche Gruppen und deren Mitglieder, im oben definierten Sinne, referieren können. Wirklich geschlechtsneutral ist ein Ausdruck logischerweise erst dann, wenn er auf rein weibliche (nach dortigem sprachlichen Raster: »nichtmännliche«) und rein männliche und gemischtgeschlechtliche Gruppen (und deren Mitglieder) referieren kann.
Die Frauen des deutschen Sprachraums versuchen in letzter Zeit, die im Kern diskriminierende in -Form durch vermehrten Gebrauch aufzuwerten. Es ist möglich, daß diese »weiche« Politik erfolgreich und sinnvoll ist. Denkbar sind allerdings auch radikalere Strategien.
Zum Beispiel könnten die Frauen die weibliche Gruppe als referenzsemantische Grundeinheit setzen und auf Männer mit abgeleiteten Formen referieren, wie es im Tierreich den Gänse- und Mäuserichen geschieht: die Pilot, der Piloterich, die Piloten.
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Das Deutsche als Männersprache Diagnose und Therapievorschläge
... dann ein Weib hat allzeit zwen nachteil,
da ein man zwen vortail hat.
Martin Luther
1 Einleitung
Vor einiger Zeit schickte mir der Leiter des Instituts für deutsche Sprache, Dr. Gerhard Stickel, eine Stellungnahme zur sprachlichen Form von Diplomgraden, um die ihn das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg gebeten hatte. Das Ministerium hatte sich erkundigt, ob es angeraten sei, Diplomgrade offiziell auch in der »weiblichen Form« ( Diplom-Bibliothekarin etc.) zu verleihen. 11 Stickel unterwies die Ministerialien geduldig und umsichtig dahingehend, daß ihr Problem keines ist, daß diese Anwendung der Wortbildung auf Diplomgrade geradezu selbstverständlich ist und völlig mit der Gebrauchsnorm des Deutschen in Einklang steht. Nach Ablieferung des Gutachtens waren ihm aber Zweifel an seiner Empfehlung gekommen. Daher bat er mich in seinem Begleitbrief, den ich hier mit seinem Einverständnis in Auszügen wiedergebe, um einige Auskünfte aus weiblicher Sicht:
...Was die männlichen und weiblichen Personen-, Rollen- und
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