Das Disney World Komplott
sie durchaus für lebendig halten konnte.
Stacy Eagers war jetzt dreißig Jahre alt und hatte im zarten Alter von zwölf ihre Karriere als Computerhackerin begonnen, bis sie zu einer der begabtesten Programmiererinnen des Landes herangewachsen war. Sie hatte noch nie eine Beziehung gehabt und konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie zum letzten Mal mit einem Mann ausgegangen war. Und deswegen war es ihr auch nie in den Sinn gekommen, ihre Brille mit Gläsern so dick wie Colaflaschenböden gegen Kontaktlinsen zu tauschen.
Disney World hatte sich an sie gewandt, nachdem ihre drei Vorgänger darin gescheitert waren, Programme zu schreiben, mit denen die Dinosauriermaschinen zu einem halbwegs realistischen Leben erweckt werden konnten. Hier ging es nicht um Zeichentrick, Disneys Spezialität, sondern um lebensgroße Dinosaurierapparate. Keine Puppen aus Plastik oder Pappe, sondern Wesen mit Stahlskeletten, deren Streben zum Teil einen Durchmesser von zwölf Zentimetern hatten. Hinzu kam modernste Hydrauliktechnik, um Glieder, Augen, Kiefer und Lippen lebensecht bewegen zu können.
Disney wollte mehr kreieren als bloße Animatronik, mit dem vergleichbare Ungeheuer in einem ähnlichen Themenpark im japanischen Osaka und bald auch in der Anlage der konkurrierenden Universal Studios in Kalifornien und in Orlando angetrieben wurden.
Das Problem bestand aber nicht in der Hardware, sondern darin, eine Software zu entwickeln, die mehr aus diesen faszinierenden Maschinen machen sollte.
Und dies war Stacys Aufgabe. Die Techniker von Disney World hatten die Kreaturen so gebaut, daß sie sich nahezu lebensecht bewegen konnten. Stacys Arbeit bestand darin, sie auch dazu zu bringen.
Die Ungeheuer konnten nur laufen, brüllen, sich sonstwie bewegen und aufeinander reagieren, wenn ein Computerprogramm ihnen die entsprechenden Befehle dazu gab. Aber jede einzelne Aktion, sei es nur, den Fuß zu heben oder ein Auge zu öffnen, erforderte Tausende Bits an Information und weitere Hunderte an Befehlen, die alle binnen Millisekunden durchgeführt werden mußten.
Stacy schätzte, daß für dieses Vorhaben sechs Programmierer, die vier Jahre lang rund um die Uhr arbeiten mußten, und drei der millionenschweren Supercomputer erforderlich sein würden.
Nicht gerade das, was die Gewaltigen von Disney World hören wollten. – Bis Stacy ihnen einen Alternativ-Vorschlag unterbreitete:
Künstliche Intelligenz.
Man mußte den Sauriern nur eine Reihe von rudimentären Grundbefehlen eingeben, aus denen sie selbst dann in einer fortschreitenden Evolutionsaktivität eigene weitere entwickelten.
Warum nicht den Maschinen beibringen, wie sie lernen konnten, selbständig etwas zu tun – natürlich nur im Rahmen festgesetzter Parameter? Es war sogar möglich, ihnen ein Gedächtnis einzugeben, damit sie die Sequenzen wiederholten, die beim Publikum am besten ankamen. Vor allem letzteres gefiel der Geschäftsleitung von Disney World ausgezeichnet.
Dafür war zwar immer noch ein Supercomputer erforderlich, aber angesichts der Überlegung, daß er eines Tages in der Lage sein würde, die gesamte geplante dreißigköpfige ›Population‹ von Dinoworld zu steuern, erschien diese Investition als durchaus lohnend.
Stacy war nicht gerade begeistert davon, daß die beiden ersten dieser Wesen schon so früh der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollten, vor allem nicht in dem begrenzten Gelände des Magic Kingdoms. Der Park verfügte nicht über eine ausreichend große offene Fläche, um den Tyrannosaurus und den Stegosaurus effektiv agieren zu lassen. Man mußte sich darauf beschränken, sie nur ein bißchen herumlaufen, brüllen und mit den tückischen kleinen Augen den Zuschauern ins Gesicht blicken zu lassen.
Das Gelände, auf dem die Kreaturen ausgestellt werden sollten, bestand aus einem Grasstreifen am Lagunenufer links von Cinderella's Castle. Zum Zuschauen war dort wenig Platz, aber die Wesen würden ja ohnehin nicht mehr tun, als dort den lieben langen Tag kleine Kunststückchen vorführen. Stacy hatte vor, in regelmäßigen Abständen ein paar einfache Programme ablaufen zu lassen. Mehr war im gegenwärtigen Stadium nicht drin.
Die Monitorreihe direkt über ihrem Kopf erlaubte ihr, jede programmierte Bewegung der Saurier zu verfolgen und entsprechende Regulierungen durchzuführen.
Ein weiteres Paar Bildschirme zeigte die Umgebung aus Sicht der Ungeheuer; hinter ihren Augen waren Minikameras installiert.
»Okay«, sagte Stacy und
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