Das Disney World Komplott
sich im wesentlichen um ein Verfahren, Atom um Atom Moleküle so aufzubauen, daß sie einem bestimmten Zweck oder einer vorausbestimmten Aufgabe dienen. Bis jetzt hat sich die einzige ernstzunehmende Nanotechnologieforschung um die Reparatur geschädigter menschlicher Zellen gedreht, eigentlich um die Herstellung von molekularen Strukturen, die in solche Zellen vordringen und Defekte korrigieren sollen, beispielsweise Enzymmangel oder Formen der DNS-Schädigung. Für die Zukunft erhofft man sich, daß sie Krebs heilen oder angeborene Mißbildungen schon im Fötus beseitigen können. Die Forschungen, mit denen der Junge sich offenbar befaßt hat, lassen auf signifikante Durchbrüche bei der Anwendung dieser Methode schließen.«
»Aber das steht ja wohl in keinem Zusammenhang mit dem, was er in Cambridge verbrochen hat.«
»Doch, durchaus. Joshua Wolfe hat eine molekulare Vorrichtung konstruiert, eine organische Maschine, die darauf programmiert ist, Luftverschmutzung nicht nur zu erkennen, sondern auch zu beheben, indem sie in die Sulfat- und Nitratmoleküle eindringt und darin den Zusammenhalt zwischen Sauer- und Stickstoff auflöst. Was in dem Einkaufszentrum vorgefallen ist, war die Folge des Phänomens, daß der Organismus diese Verbindungen auch im menschlichen Blut aufgebrochen hat.«
»Warum ist es dazu gekommen?«
»Ich vermute, wegen eines kleinen Fehlers in der Formel für den Organismus.«
»Ein Fehler, der sich auch vorsätzlich wiederholen ließe?«
»Wenn man die Originalformel hat, ja.«
Diese Mitteilung behagte Fuchs. Seine Stimme klang nach wachsender Geistesabwesenheit, während er laut nachdachte. »Man stelle sich vor, was das Gehirn dieses Burschen unter den richtigen Bedingungen noch an Wundern für uns aushecken könnte … natürlich nur dank der grandiosen Voraussetzungen, die Sie ihm mit auf den Lebensweg gegeben haben.«
»Da sehe ich das wahre Problem: in seinem Werdegang, wie er in dem Ihnen von General Starr zugeleiteten Bericht beschrieben steht.«
»Was gefällt Ihnen daran nicht?«
»Er ist ziemlich genau, mit nur geringen Abweichungen, nach meinen Voraussagen verlaufen. Schon mit acht Jahren hat er mit dem Studium begonnen und sich an der Universität Stanford eingeschrieben, und drei Jahre später Diplome in Chemie, Biologie und Maschinenbau erworben. Danach studierte er Medizin und bewältigte ein vierjähriges Curriculum in nur zwei Jahren.«
»Offensichtlich war aber nicht geplant, daß er Arzt wird.«
»Nein. Ich wollte lediglich, daß er die Funktionsweise des menschlichen Körpers vollkommen durchschaut.«
»Mit Sicherheit, um ihn noch besser zum Ausbrüten der verschiedenartigsten Mittel zur Vernichtung dieses Körpers zu befähigen.«
»Ganz richtig. Aber wer hat dafür gesorgt, daß meine ursprüngliche Planung beibehalten wurde, Colonel? Wer hat da weitergearbeitet, wo ich aufgehört hatte?«
»Zu dumm, daß wir nicht diesen …« Fuchs starrte auf die vor ihm auf dem Schreibtisch ausgebreiteten Faxblätter, »… diesen Harry Lime fragen können.«
»Ich habe den Eindruck, Sie sehen in all dem überhaupt keinen Anlaß zur Beunruhigung.«
»Egal, wer dahintersteckt, er hat offensichtlich seinen Schützling aus den Augen verloren, und dadurch bietet sich nun Ihnen die Gelegenheit, ihn wieder unter Ihre Fittiche zu nehmen. Sie behaupten, der Junge hätte Ihre Erwartungen übertroffen, Doktor. Das bedeutet, wir können endlich ernsthaft an die Entwicklung der ultimativen Waffe denken, die für Gruppe Sechs und damit für uns die Rettung verheißt.«
»Sie meinen den im Einkaufszentrum eingesetzten Organismus.«
»Ich meine Joshua Wolfe selbst, Doktor, aber selbstverständlich müssen wir auch diesen Organismus haben.« Fuchs nahm einen dünnen Schnellhefter zur Hand und blätterte darin. »Zu diesem Zweck, habe ich mir überlegt, spannen wir den gegenwärtig in Cambridge tätigen Teamleiter der Sonderabteilung Brandwacht vor unseren Karren. Die Akte ist höchst interessant.« Fuchs reichte Haslanger den Schnellhefter über den Tisch.
Haslanger warf einen kurzen Blick in die Akte. »Eine Frau?«
»Eine für unsere Bedürfnisse ganz besonders geeignete Frau.«
Haslanger überflog Susan Lyles Lebenslauf. »Ach, jetzt verstehe ich …«
»Dachte ich mir.«
Kapitel 15
»Haslanger war also ein Wunderkind«, faßte Gloria Rendine zusammen.
»Tüchtigstes und intelligentestes Mitglied der gesamten Hitler-Jugend …«
»Er entstammt einer Gruppe von
Weitere Kostenlose Bücher