Das Disney World Komplott
Hochbegabten, die man damals durch Tests, die an jedem Kind im Reich vorgenommen wurden, zusammengestellt und dann besonderen Schulen und Einrichtungen zugeführt hatte. In den ersten Kriegsjahren war Haslanger erst Mitte Zwanzig, hatte aber schon einen Doktortitel und durfte an den zentralen Nazi-Forschungslaboratorien in Düsseldorf tätig sein, der Schaltstelle aller fortgeschrittenen wissenschaftlichen Forschungen, die Hitler als sein Hobby betrachtete. Zuchtauswahl, künstliche Befruchtung, sogar Kreuzung unterschiedlicher Spezies … An all dem hat man sich, mit wechselndem Erfolg, hinter verschlossenen Türen versucht.«
»Was, Kreuzung verschiedener Spezies?«
»Da Watson und Krick die Existenz der DNS erst etliche Jahre später entdeckten, beschränkten sich diese Versuche naturgemäß auf äußerst unausgereifte Bemühungen, und die Resultate sollen nach den vorliegenden Informationen grauenvoll gewesen sein. Aber es genügt, um zu sagen, daß die Nazis im allgemeinen und Haslanger im besonderen ihrer Zeit deutlich voraus gewesen sind.«
»Und die Fabrik gestattete es ihm und den übrigen Forschern, die Sie rekrutiert haben, der Zeit voraus zu bleiben.«
»Ja, Mr. McCracken, allerdings mit einem gänzlich anderen Ziel im Hinterkopf.«
»Sieg um jeden Preis, meinen Sie?« fragte Blaine provokativ. »Da besteht kein großer Unterschied.«
»Genauer gesagt, Überleben um jeden Preis. Damals konnte sich kein Mensch ein unblutiges Ende des Kalten Kriegs vorstellen. Wir sahen nur, daß er sich immer mehr verschärfte, und das vermutlich bis zum Dritten Weltkrieg. Für diesen Krieg wollten wir gerüstet sein.«
»Also ließen Sie Haslanger und den Rest ihre Blankoschecks behalten.«
»Mit gewissen Einschränkungen und Vorgaben haben wir genau das getan, jawohl. Sie waren alle brillant, aber Haslanger hatte den schärfsten Verstand. Außerdem war er der einzige, der ihn mit völliger Skrupellosigkeit vereinte. Seine anfänglichen Arbeiten machten einen vielversprechenden Eindruck, resultierten allerdings in keinerlei praktisch nutzbaren Ergebnissen.« Gloria Rendines Stimme sank deutlich. Sie zog ihre Jacke enger um sich. »Bis die Existenz der DNS bestätigt wurde. Für Haslanger war das so, als wäre ihm eine Schatzkammer geöffnet worden. Er vermischte und verknüpfte die DNS-Stränge verschiedener Spezies und forschte nach der richtigen Kombination, aus der ein Idealsoldat hervorgehen sollte, der vollkommene Kämpfer. Es fehlten ihm allerdings die Möglichkeiten der Genidentifikations- und Isolierungsmethoden, die man heute kennt. Bei ihm lief jeder Versuch auf Erfolg oder Mißerfolg hinaus, und die Endprodukte waren unbeschreiblich, Alptraumgestalten der Gentechnik. Die meisten von ihnen wurden schon Minuten nach der Geburt getötet.«
»Auch Menschen?«
»Eben die Menschenversuche waren es, die dazu führten, daß man diesen Teil seiner Tätigkeit dann nicht mehr genehmigt hat. Er experimentierte mit dem menschlichen genetischen Code herum, lange bevor er fertig war … ich weiß nicht, was er da zusammenmixte oder was er damit erzeugen wollte. Ich weiß nur, daß die Monstrositäten, die erschuf …«
Die Frau verstummte; sie zitterte, als sie in Gedanken noch einmal die Resultate von Haslangers Gen-Experimenten vor sich sah. Nach einer Reihe tiefer Atemzüge hatte sie ihre Fassung wieder. »Das ist meine Geschichte, Mr. McCracken. Ich habe ihn zu lange nach Lust und Laune herumpfuschen lassen, bis in die siebziger Jahre hinein, in denen er seine gesamten Anstrengungen auf Zuchtwahl konzentrierte.«
»Nun kommen wir zur Operation Offspring.«
»Sie beruhte auf einer viel schlichteren, weniger dramatischen Konzeption. Uns war klar, daß sich die Kriege der Zukunft nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Labor entscheiden würden. Unter diesem Gesichtspunkt strebte Haslanger die planmäßige Züchtung von Genies an. Wenn sowohl der Vater als auch die Mutter einen weit über dem Durchschnitt liegenden IQ haben, kann man sich leicht ausrechnen, wie ihr Nachwuchs wird. Und natürlich brauchten die Eltern sich überhaupt nicht zu kennen, das war an allem der beste Aspekt. Haslanger benötigte nur ihren Samen und die Eizellen. Er hat weibliche Mitarbeiter dafür bezahlt, die Kinder auszutragen. In den Jahren neunzehnhundertneunundsiebzig und neunzehnhundertachtzig sind von Haslanger auf diese Weise über achtzig Kinder in die Welt gesetzt worden, eine neue Wunderkinder-Generation. Anfangs wurden sie
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