Das Disney World Komplott
jedoch, etwa der verwegene Ausdruck um die Augen und das ständige, ironische Feixen, blieben, wie Blaine vermutete, sogar im Schlaf erhalten.
»Was weißt du über Gruppe Sechs, Boß?«
»Außer Name und Funktion kaum etwas. Aber ich habe mitgekriegt, daß es schon eine Menge Ärger gegeben hat, seit ihre Existenz öffentlich bekannt geworden ist.«
»Ihre Existenz ist auch so gut wie alles, was die Öffentlichkeit über sie weiß. Was Gruppe Sechs macht, hängt davon ab, bei wem man sich in Washington danach erkundigt. Jeder halbwegs Informierte weiß etwas über sie, nur hängt der jeweilige Kenntnisstand von der Position des Befragten ab. Verschiedene Darstellungen zur Deckung verschiedener Informationsbedürfnisse, du verstehst, was ich meine.«
»Klingt ganz nach der gewohnten Vernebelungstaktik der Regierung.«
»Vernebelungstaktik ist das, sicher, klar, aber sie geht weit übers gewohnte Maß hinaus. Wir stehen hier umfassender Verdunklung gegenüber. Die zweitbeste Lösung nach dem Verschweigen der Existenz von Gruppe Sechs ist natürlich, über ihren Zweck völlige Verwirrung zu stiften. Fragt man zehn verschiedene Leute, bekommt man mindestens fünf verschiedene Antworten und fünf Wiederholungen offiziösen Unsinns zu hören.«
McCracken nickte. »Ist ja nicht das erste Mal, daß es so läuft.«
»Nein, die gleiche Politik ist damals bei Los Alamos und dem Manhattan-Projekt verfolgt worden. In Gruppe Sechs steckt der größte wissenschaftliche Aufwand, den die Regierung seitdem betrieben hat, und das schließt, je nach dem, wie man die Buchhaltung interpretiert, auch die NASA mit ein. Herrje, Gruppe Sechs könnte sich das Geld für einen Marsflug an Land ziehen, wenn die Aussicht bestehen würde, daß die Astronauten mit neuen Waffen fürs einundzwanzigste Jahrhundert zurückkehren.«
»Schön zu wissen, daß unsere Zukunft in guten Händen liegt.«
»Ja … Tja, auf alle Fälle hat Gruppe Sechs so viele unterschiedliche Abteilungen, daß wahrscheinlich die einen nicht mal von der Existenz der anderen wissen.«
»Genau wie beim Manhattan-Projekt.«
»Und genauso paßt auch diesmal alles nahtlos zusammen.« Belamo zeigte auf den Aktenkoffer. »Die Personallisten sind da drin, aber du kannst es dir sparen, sie durchzugucken. Von den hohen Tieren ist niemand aufgeführt, auch dein Nazi Haslanger nicht. Der Gruppe-Sechs-Oberbonze ist ein Colonel namens Lester Fuchs, der während seiner gesamten Laufbahn immer knapp am großen Aufstieg vorbeigeschrammt ist. Die Orden an seiner Brust hat er sich alle durch hartes Durchhalten am Schreibtisch verdient. Dieser Hurensohn hat nie im Krieg gekämpft und will neu bestimmen, wie Kriege geführt werden sollen. Tatsache ist aber, daß er selbst tief in der Scheiße sitzt. Ich habe ganz den Eindruck, als ob die wirklich Mächtigen, die hinter Gruppe Sechs stehen, allmählich die Geduld mit ihm verlieren, weil als Gegenleistung für ihre gigantischen Investitionen nichts Konkretes geliefert wird. Für die vielen Nullen auf ihren Schecks erhalten sie ausschließlich Nullergebnisse. Die letzte größere Panne hat sich erst gestern ereignet.«
»Gestern?«
»Ein Dutzend Rekruten hat durch irgendeine Art von Strahl, der unvorhergesehene Wirkungen hatte, Verbrennungen davongetragen. Sechs davon tödlich.«
McCracken hob die Brauen, dann senkte er den Blick auf den Stapel Blaupausen. »Wo befindet sich denn diese Gruppe Sechs?«
»Auf dem Gelände des Regierungslaboratoriums Brookhaven in Upton, Long Island.«
»Und ich hatte wahrhaftig früher mal mit dem Gedanken gespielt, mir dort ein Ferienhaus zu kaufen.«
»Auf dem Brookhaven-Gelände hättest du lange suchen können, Boß. Schau dir bloß das hier mal an.«
Belamo entrollte die erste Blaupause, kramte im Aktenkoffer nach den entsprechenden 8 x 10-Fotografien-Abzüge von Satellitenaufnahmen, die er irgendwie beschafft hatte – und breitete sie auf dem großen Bogen aus. »Brookhaven ist im Grunde genommen eine Ortschaft für sich, mit ungefähr zwanzig Quadratkilometern Ausdehnung. Es befindet sich auf dem Gebiet, wo im Zweiten Weltkrieg die Uptoner Kaserne stand. Siehst du den dichten Sichtschutz, den diese Bäume der Anlage gegen Passanten auf dem William Floyd Parkway bietet? Das ganze Ding steht innerhalb einer Kiefernwaldung mit einer ganzen Anzahl Bäche. Heute gäb's für so was wahrscheinlich keine Baugenehmigung mehr. Aber schließlich reden wir über Brookhaven. Es gibt dort ein eigenes
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