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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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das Testament nach, was da so alles drin steht. Es könnte zum Beispiel eine Bande gieriger Münzsammler sein oder eine archäologische Mafia oder jeder, der den Wert bestimmter Dinge erkennt und sie finden will, um sie meistbietend zu verkaufen. Was weiß ich. Vielleicht hat Bronner aber auch die Tochter eines provençalischen Patriziers besudelt, und die Sippe, die sich an ihm gerächt hat, will sämtliche Spuren verwischen.«
    »Aha. Mit anderen Worten: Du weißt nichts.«
    »Gute Fischsuppe, diese hier.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Siehst du, so weiß jeder etwas. Die Güter der Welt sind bekanntlich ungerecht verteilt. Aber mit mehr als diesen dummen Vermutungen kann ich im Moment wirklich nicht aufwarten. Ich böte ja glatt den Mond auf, wenn dich das von der Lauterkeit meiner Absichten und der Reinheit meines Herzens überzeugte.«
    »Es überzeugt nicht.«
    Beim Kaffee sagte Ariane unvermittelt: »Wie ist das eigentlich mit den großen Detektiven? Sherlock Holmes war doch unbeweibt, nicht wahr?«
    »Äußerst. Warum?«
    »Und Father Brown ebenfalls, denke ich mir.«
    »Eine wahrscheinliche Annahme, wenn auch der Zölibat und seine Einhaltung durch englische Geistliche jenseits der mir von der Natur gezogenen Grenzen liegen.«
    »Hm. Und die anderen Großen des Gewerbes?«
    Matzbach zählte auf. »Also, Miss Marple, alte Jungfer. Hercule Poirot, eitler Affe und Hagestolz. Auguste Dupin, Max Carrados, Nero Wolfe – allesamt desgleichen. Aber was heißt das? Es gibt auch Gegenbeispiele. Maigret war verheiratet, Bony auch, Marlowe und Konsorten sind schon ganz nett durch die einzelnen Körbchen gehuscht, Bond sowieso – also, worauf willst du hinaus?«
    Sie winkte ab. »Ach, war nur so eine Idee.«
    »Sprich dich aus. Willst du mich verlassen, um mich zu einem besseren Detektiv zu machen?«
    Ariane lachte. »So ungefähr. Ich hatte mir überlegt, ob Frauen am Bein nicht so was sind wie ein Klotz an Samsons Haar und ob der Scharfsinn deiner literarischen Ahnen nicht simple Verdrängung und Kompensation ist. War aber wohl nichts.«
    Matzbach grinste. »Nicht direkt jedenfalls. Wolltest du mich denn irgendwo befördern, oder was?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, mein Lieber. Es war nur so ein Gedankenspiel. Und so gut wie Maigret wirst du ohnehin nie. Außerdem müßte ich dich dazu heiraten, und der Preis ist mir zu hoch.«

5. Kapitel
    Am Montagmorgen händigte der Portier Baltasar drei Dutzend Briefe, Karten und Telegramme aus; in der Halle des Hotels warteten fünf Journalisten bzw. Reporter; ein Mann in betont unauffälliger Zivilkleidung ließ sich nach Vorzeigen eines Ausweises von einem Kellner zu Matzbach und Ariane bringen, die über einem reichhaltigen englischen Frühstück saßen. Es handelte sich um einen Kommissar aus Marseille mit Namen Ducros. Er nahm die angebotene Tasse Kaffee dankend an und tadelte anschließend Baltasar wegen seines Interviews und seiner Risikobereitschaft.
    »Wir wissen ja nicht, wer dahintersteckt«, sagte er, »aber man muß damit rechnen, daß Ihr Freund nicht mehr unter uns weilt.«
    »Ist das Ihre persönliche oder amtliche Meinung?« Matzbach schaufelte eines der gebratenen Würstchen in seinen Mund und kaute vernehmlich darauf herum.
    »Nun ja, beides«, sagte der Mann aus Marseille erhellend. Er spielte mit einer unangezündeten Zigarette, bis Ariane schließlich sagte: »Nun rauchen Sie doch endlich, Monsieur le Commissaire; das wird uns nicht das Frühstück verderben.«
    Ducros warf ihr einen dankbaren Blick zu. »Sehen Sie«, sagte er, nachdem er inhaliert und gehustet hatte, »es gibt viele Dinge, die wir nicht wissen. Eines wissen wir jedoch sicher: Ihrem Freund Bronner wurde am vierundzwanzigsten Oktober auf der Cannebière zu Marseille sein Mercedes gestohlen.«
    Baltasar lehnte sich verdauend zurück und griff nach seinem ramponierten Zigarrenetui. »Was Sie nicht sagen«, murmelte er. »Gestohlen? Wie konnte das passieren?«
    »Er war leichtsinnig. Er hat mit laufendem Motor gehalten und ist ausgestiegen, um sich an einem Kiosk Zeitungen zu kaufen. Als er sich umdreht, sieht er gerade noch, wie ein Mann in den Wagen springt und mit ihm davonjagt.«
    »Hat er ihn erkennen können?«
    »Er hat eine präzise Personenbeschreibung gegeben. Wir wissen, wer es gewesen sein könnte; es handelt sich um einen jungen Mann, von dem wir schon lange annehmen, daß er für eine größere Bande von Wagenschiebern arbeitet. Sie wissen, daß der größte Teil des

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