Das Doppelgrab in der Provence
Freund Pierrot le Flonflon in Montpellier ausfindig machen?«
Ducros kicherte. »Unter diesem Namen? Vielleicht mit Plakaten, oder wie?«
Baltasar räusperte sich. »Sie versprechen Diskretion? Gut. Dann will ich Ihnen seinen richtigen Namen sagen. Sie wissen, die Druiden sind da eigen ...«
Ducros notierte. Baltasar fuhr fort: »Er wohnte zuletzt, als ich von ihm hörte, noch immer wie in alten Zeiten in der Nähe von Saint-Brieuc.« Er gab auch diese Adresse durch. »Ich weiß nicht, was er in Montpellier treibt, ob er länger dort ist oder was. Jedenfalls brauche ich ihn.«
Ducros seufzte. »Warum rufen Sie ihn nicht einfach in Saint-Brieuc an? Vielleicht hat er ja einen Anrufbeantworter.«
»Pierrot hat viele gute Eigenschaften und ein paar miese Ticks.« Baltasar schnaubte. »Dazu gehört, daß er sich bis an sein Lebensende nicht einem Telefon nähern wird. Er fürchtet, da seine Seele in seiner Stimme enthalten ist, erstere durch Ferngespräche zu verwässern und rettungslos über den Globus zu zerstreuen. Telegramme sind das Äußerste an Modernität. Er besitzt auch keinen Kühlschrank.«
Ducros brummte etwas Unverständliches. Baltasar fuhr fort: »Ich brauche nur seinen derzeitigen Aufenthaltsort, damit ich ihm ein Telegramm schicken kann.«
Beim Frühstück war Ariane äußerst schweigsam. Baltasar erging sich in wilden Spekulationen über die karthagischen Händler in Südfrankreich, als dieses noch nicht Südfrankreich und noch nicht einmal römisch war, sowie über die druidische Erforschung der Kathedrale von Chartres vermittels Ruten. Schließlich warf sie ihm todbringende Blicke zu.
»Halt mal endlich die Klappe, Dicker! Ich möchte an diesem Tag nichts von alledem hören.«
Sie wies aus dem Fenster in die Landschaft, die unter einer zaghaften Novembermorgensonne lag. »Heute will ich nichts tun, als mein Buch zu Ende lesen, im Tal herumlaufen, zwischendurch essen und trinken, vielleicht ein bißchen im
maquis
klettern. Du kannst tun, was du willst, und vielleicht höre ich dir morgen wieder zu, aber irgendwie bin ich allmählich urlaubsreif. Verglichen mit den Abenteuern an deiner grünen Seite ist ja mein Job in Bonn geradezu erholsam.«
»Es soll sein, wie Ihr sagt, Verehrteste. Ich werde mich der Nachforschung nicht entziehen, ohne jedoch Euch in ihre Fallstricke zu verwirren.«
»Oh, deine Metaphern«, seufzte sie, »oder welche Sorte Bildwerk das immer gewesen sein mag.«
Nach dem Frühstück erkundigte sich Matzbach beim Hotelpersonal nach Bronner und den Erinnerungen an ihn. Neben Trinkgeld und Sonderwünschen kam nicht viel heraus; lediglich die hübsche mollige Kellnerin schien genauere Reminiszenzen zu unterdrücken, was Baltasar interessant, aber nicht hilfreich fand. Substantielles konnte nur der Hotelier beisteuern.
»Ihr Freund hat mich nach dem
Syndicat d'Initiatives
in Draguignan gefragt, wie man hinkommt und so weiter. Ich habe es ihm erklärt, ihm aber auch gesagt, daß wir hier im Hotel viele Informationen haben. Heftchen, Broschüren, Land- und Postkarten und was er haben will. Womit ich ihm denn vielleicht helfen könnte? Daraufhin hat er mich nach den Museen der Umgebung gefragt. Ich habe ihm eine Liste der Museen im Département gegeben. Offenbar hat er gefunden, was er suchte, er hat nämlich plötzlich gelacht und mich nach der besten Verbindung zu einem kleinen Ort gefragt.«
»Das interessiert mich. Was für ein Ort?«
Der Hotelier entschuldigte sich einen Moment, verschwand in einem Nebenraum und kam mit der fraglichen Liste wieder. Er suchte mit Hilfe seines Zeigefingers.
»Hier«, sagte er. »Das war's.«
Ein kleiner Ort, von dem Matzbach nie gehört hatte. Das dortige Museum – Heimatmuseum, vermutete Baltasar – hatte eine Spezialabteilung für phönizische Funde in Südfrankreich.
»Es ist nicht weit von hier«, sagte der Hotelier. Er beschrieb den Weg.
Da Ariane nicht zu finden war, konnte Baltasar sich nicht ordnungsgemäß abmelden. Trotzdem fuhr er fröhlichen Herzens los.
Serrac-le-Château liegt etwa zwanzig Autominuten südwestlich von Draguignan; ein kleiner Ort inmitten von Olivenhainen und Getreidefeldern, den nichts auszeichnet als das Schloß seines Namens, ein weitläufiges Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert, von seinem Besitzer, dem letzten Sproß eines verblichenen Geschlechts, dem französischen Staat vermacht mit der Auflage, die Kunst- und Antiquitätensammlung zu hegen und nicht aufzuteilen. Seit einigen Jahrzehnten war
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