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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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möglich, die Schrift zu rekonstruieren, aber das hat mir nicht weitergeholfen; der Text war lateinisch, mit einer verwirrenden Menge von Kürzeln. Ich habe länger als ein halbes Jahr an der Transkription gesessen, und vieles davon war mehr geraten als entziffert und sicher.«
    Corvau starrte abwechselnd auf Matzbach und auf das Papier.
    »Als ich einigermaßen sicher war, eine Art durchlaufenden Text zu haben, habe ich ihn abgetippt und eine handschriftliche französische Übersetzung gemacht. Was Sie mir hier gebracht haben, ist eine Fotokopie meines Typoskripts. Wie Sie an die Kopie kommen, weiß ich nicht; ich weiß auch nicht, wer die Kopie angefertigt hat. Das Original liegt hier an einem Platz, zu dem nur ich Zugang habe, und ich habe nie eine Fotokopie angefertigt. Aber es ist mein Text; die Marginalien sind von mir.«
    Baltasar beugte sich vor. »Warum haben Sie das nicht längst veröffentlicht?«
    Corvau lachte bitter. »Wozu? Damit jemand die Hinweise entschlüsselt und die Dinge findet? Seit vier Monaten verbringe ich jeden freien Moment damit, mir den Kopf über die Geographie dieses Testaments zu zerbrechen. Ich bin sicher, daß in den aufgezählten Orten und Gegenden ein Schlüssel enthalten ist, mit dessen Hilfe man alles an den Tag bringen kann. Und der Finder wollte ich sein. Ich habe keine Lust, bis an mein Lebensende in diesem Schloßkeller zu hocken und zerbrochene Vasen zu kitten.«
    Matzbach nickte verständnisvoll. »Der große Fund und die große Professur, ja?«
    Corvau verzog sein Gesicht. »Man kann es sicher so ausdrücken.«
    »Und deshalb das Geheimnis. Das verstehe ich. Aber ich verstehe nicht, wie dann bei all Ihrer Vorsicht eine Kopie angefertigt und in Umlauf gebracht werden konnte. Haben Sie vielleicht jemandem davon erzählt?«
    Corvau nickte. »Ja, natürlich. Ich habe den Kollegen hier im Schloß erzählt, ich hätte etwas, und das könnte etwas Großes werden. Aber ich habe weder gesagt, was es ist, noch in welche Richtung es geht, noch wo ich es aufbewahre.«
    Baltasar hob die Brauen. »Und Sie sind sicher, daß die Originale – Ihre Papyri und Ihre Transkription – noch unberührt an der Stelle liegen, an der Sie sie zuletzt gesehen haben?«
    Corvau wischte über den Hals der Milchflasche. »Ja, natürlich. Ich habe gestern abend wieder bis kurz vor Mitternacht daran gesessen. Da war noch alles da.«
    Baltasar beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Schreibtischkante. »Ich hatte angenommen, daß vor etwa zwei, vielleicht auch drei Wochen, ein Freund von mir in dieser Angelegenheit hier war.« Er beschrieb Bronner.
    »Ja, der ist hier gewesen. Er hat mir alle möglichen dummen Fragen über karthagische Faktoreien in Südfrankreich gestellt und mich gefragt, ob ich es für möglich halte, daß irgendwo noch karthagische Schriften, Münzen oder sonstige Funde von Bedeutung gemacht werden könnten. Ich habe natürlich gesagt, daß ich das für unmöglich halte. Er hat sich bedankt und ist gegangen.«
    Baltasar nickte. »Das sieht ihm ähnlich, mit seinem Hang zur Geheimniskrämerei. Sie beide müßten eigentlich gut miteinander auskommen. Aber wahrscheinlich lebt er nicht mehr.«
    Corvau blickte ihn mit einer verwunderten Frage in den Augen an.
    »Er hatte, als er hier war, vermutlich genau dieses Papier in der Tasche und dachte, es wäre besser, nichts zu sagen. Inzwischen ist er verschwunden; ich bin durch Zufall in den Besitz der Kopie gekommen, und ich vermute, daß Bronner kurze Zeit, nachdem er hier war, genauer gesagt, letzte Woche, eben wegen dieses Papiers umgebracht worden ist.« Corvau drückte seine Zigarette im Bruchstück einer Amphore aus. »Wer kann denn so was tun?«
    »Was meinen Sie? Ihn umbringen? Oder Ihnen Ihr Geheimnis klauen?«
    »Beides. Wie kommt Ihr Freund an die Kopie? Und wer will ihm deswegen an den Kragen?«
    Baltasar starrte düster das winzige Fensterchen an. »Ich weiß es nicht«, sagte er langsam. »Ich denke an verschiedene Menschen von finsterem Gemüt, aber das ist alles vage, nichts als Vermutungen. – Also, abgesehen von Ihren Kollegen hier im Museum, sagen Sie, haben Sie niemandem erzählt, daß Sie an einer interessanten Sache arbeiten?«
    Corvau dachte nach; schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Nein. Bestimmt nicht.«
    »Ihrer Frau oder Freundin vielleicht? Als Erklärung, weshalb Sie immer so spät nach Hause kommen?«
    Corvau verneinte. »Ich bin Junggeselle, Monsieur, und meine Liebschaften sind, sagen wir,

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