Das Doppelgrab in der Provence
Druiden kletterten aus den Wagen, zusammen mit Javier Evaristo, seinem stummen Begleiter und dem Fahrer, dazu noch Ariane, Sylvie und Gaston Pennec. Alphonse hatte längst aufgehört, weiter Lehmfladen zu sortieren; er stand neben Baltasar und starrte auf die Neuankömmlinge.
Bourgoing zischte kaum vernehmlich durch die Zähne; die drei Gendarmen zogen leise ihre Waffen. Auch die beiden Kommissare klammerten sich an kaltes Eisen.
Javier Evaristo sah blinzelnd in den Lichtkegel der Taschenlampe. »Also«, sagte er, »was soll diese Komödie mit den Spaziergängen in der Provence? Und dieses alberne Rendezvous auf dem Friedhof?«
»Ach«, sagte Baltasar erstaunt, »sind Sie nicht dieser kolumbianische Speichellecker, der bellt, sobald sein Boß mit dem Schwanz wedelt? Immerhin scheinen Sie ja keine Angst vor Skorpionen zu haben.«
In Evaristos Gesicht zuckte irgendwo ein Muskel, aber er schwieg. Seine rechte Hand hing merkwürdig unlocker neben der Jackentasche. Sein Begleiter drehte sich aus dem Schein der Lampe. Die Druiden und der Fahrer standen schweigend und abwartend herum.
»Interessante Dinge habe ich über Sie gehört«, sagte Baltasar. »Obwohl ich nicht glaube, daß Ihr Spatzenhirn auf die Idee mit den Brieftauben gekommen ist. Das war Grimaud, oder? Bronner meinte auch, Sie wären nur ein Schuhabtreter.«
Evaristo trat einen halben Schritt vor. »Was sind das für blödsinnige Andeutungen?«
»Ah, Sie sind leichtsinnig gewesen beim zweiten Mal«, sagte Baltasar wegwerfend, »wie man es von Ihnen nicht anders erwarten kann. Philibert war eine Sache, aber als Sie Saintonges umgenietet haben, hätten Sie den Bunker am Strand genauer untersuchen sollen. Da war nämlich ein Clochard in der Nähe, der hat da unten sein Quartier gehabt, damals. Er hat natürlich nichts gesagt, aber Bronner hat ihn gefunden, und ich habe seine unterzeichnete Aussage in der Tasche.«
Bourgoing und Ducros ächzten; beide gaben keinen Sou mehr für Baltasars Seele, wegen der schwarzen Lügen, und auch nicht für seinen Leib, wegen Evaristos zu erwartender Reaktion.
»Was denn für eine Aussage? Wieso Bunker? Und was ist das mit dieser Taubengeschichte?«
Baltasar bewegte die Lampe. »Sagen Sie doch bitte Ihren Genossen, sie sollen sich so hinstellen, daß ich sie sehen kann.«
Evaristo rührte sich nicht.
Baltasar stieß Deschamps mit dem Knie an; Alphonse bückte sich wieder zu seinem Lehm. Das hatte außerdem den Vorteil, daß er durch einige Gräber gedeckt war.
»Immer, wenn einer von Ihnen das Gefühl hatte, der zuständige Kommissar sei ihm auf den Fersen, wurde etwas inszeniert«, sagte Baltasar. »Mal verschwindet ein Kumpel von Ihnen, der in Gefahr ist, zuviel erzählen zu können. Oder Sie und Grimaud inszenieren eine über dunkle Kanäle der Polizei mitgeteilte Heroinlieferung. Ich nehme an, Sie haben es bei Philibert ähnlich gemacht, aber ich weiß es nur bei Saintonges. Sie wissen natürlich, daß Grimauds Yacht beobachtet wird, wenn er auf dem Meer herumschippert. Er kann also schlecht Kokain an Bord nehmen. Aber er kann Sie in die Nähe eines Schiffes bringen, das eine kleine Menge Kokain an Bord hat. Ein paar Tage vorher stellt einer Ihrer Leute einen Jeep in der Nähe der vereinbarten Bucht ab. Sie wissen, daß ein Kommissar dort am heimlich durchgegebenen Tag auf Sie warten wird. Nun züchtet Grimaud Brieftauben. Sie gehen mit einem Transportkäfig an Bord des anderen Schiffs; sagen wir, im Käfig – es ist ein größerer, nicht wahr? – sind vielleicht fünfzig Tauben, vielleicht auch nur zehn – ich weiß es nicht, spielt auch keine Rolle. Sie nehmen ein Päckchen Kokain in Empfang, dann lassen Sie sich von einem Beiboot zur Bucht bringen. Das Beiboot setzt Sie ab und kehrt zum Schiff zurück. Grimaud schippert inzwischen in einer anderen Ecke des Meers herum und irritiert die Polizei.«
Er machte eine Pause.
Einer der Druiden trat neben den Kolumbianer. »Was spielen wir hier eigentlich für ein Spiel?« sagte er.
Ariane hustete. »Jemand könnte mir mal Feuer geben«, sagte sie. Im Licht der Taschenlampe steckte sie sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
Gaston Pennec sagte laut: »Baltasar, habe ich dir eigentlich schon erzählt, was aus deinem wundervollen Labyrinth geworden ist?«
Demlixh, der wie ein Häufchen Elend auf dem Grab hockte, blickte auf, rollte mit den Augen und sagte: »Ich werde gleich wahnsinnig.«
Ducros biß sich in den Daumen, um nicht loszuprusten. Bourgoing sog die
Weitere Kostenlose Bücher