Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
übrigens. Wo soll man eine Leiche verstecken? Natürlich unter anderen Leichen – überall sonst würde sie doch auffallen, aber hier? Hier sind Leichen sozusagen vorgeschrieben. Meinst du, daß Demlixh, der ein Phantast ist, in einem Anfall von Panik die Nerven hat, eine Leiche einfach auf den Friedhof zu legen, statt sie auf der Viehweide zu verbuddeln?«
    Deschamps sah sich um, als rechnete er mit einer Invasion von Geistern. »Ich glaube nicht«, sagte er halblaut, »daß Demlixh bessere Nerven hat als ich.«
    »Siehst du«, sagte Baltasar befriedigt. »Wem würdest du, von denen, die in Frage kommen, so etwas denn zutrauen?«
    Deschamps zögerte keine Sekunde. »Herbin.«
    »Ja, nicht wahr? Herbin ist Demlixhs Liebhaber und Mitarbeiter. Außerdem ist er Arzt, und Ärzte haben aus Berufsgründen mehr mit Leichen zu tun als Schriftsteller ...«
    Ducros steckte den Kopf über die Mauer. Er hatte alles, wenn auch mühsam, mit angehört. »Wieso Mitarbeiter?«
    Baltasar hob die Papiere hoch, die er die ganze Zeit zusammengerollt in der linken Hand getragen hatte. »Das geht aus diesen Dingern hervor, und das werden Sie alles gleich noch hören. Und jetzt ziehen Sie bitte den Kopf ein. Sie sehen da albern aus, Mann.«
    Deschamps sah sich wieder auf dem Friedhof um, diesmal suchend. »Ja, aber wo hat Herbin Louise versteckt?«
    Baltasar seufzte. »Herbin hat Louise nicht versteckt. Demlixh hat Louise versteckt, als Herbin nicht erreichbar war. Und er hat sie da versteckt, wo Herbin zuvor Bronner versteckt hat.«
    »Was? Bronner? Wie ... wieso?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Verschoben auf später. Demlixh ist zu phantastisch und nicht kaltblütig genug, um auf so einen einfachen, genialen Einfall zu kommen. Herbin hat Bronner hier irgendwo versteckt, wo niemand ihn je suchen wird. Und Demlixh, in einem Anfall von Panik, hat Louise aus dem Grab geholt und an der gleichen Stelle versteckt.«
    Deschamps schüttelte sich. »Ich weiß nicht, was du an dieser Leichenversteckerei so lustig findest.«
    Matzbach kicherte. »Ich habe ein schwarzes Herz. Wollen wir suchen?«
    Deschamps hob hilflos die Hände. »Wo? In jedem einzelnen Grab?«
    Baltasar ging langsam über den Friedhof. In der rechten Hand hielt er die Wünschelrute. Dabei knurrte er: »Die Gräber sind viel zu gut vermauert, das würde jedem Besucher auffallen, wenn man da dran herumkratzen wollte. Es muß woanders sein.«
    Plötzlich lachte er. »Natürlich, da. Wo sonst?! Wie dumm von mir.«
    Mit Deschamps im Gefolge – und aufmerksam, wenn auch diskret von Ducros und Bourgoing beobachtet – umrundete Baltasar die kleine, offene Kapelle. In einer Ecke des Friedhofs stand ein baufälliger Schuppen mit den notwendigen Werkzeugen, neben ihm lag ein Kieshaufen. Baltasar blickte auf die Uhr.
    »Es mag gerade noch gehen«, sagte er.
    Deschamps nickte und griff zu einer Schaufel. Baltasar kletterte auf den Kies, klemmte seine Papierrolle zwischen die Beine und hantierte mit der Wünschelrute.
    »Hohlraum«, murmelte er, »die Rute bestätigt die Logik. Wie absurd.«
    Dann griff auch er zur Schaufel.
    Bergab näherten sich die Lichter eines Wagens. Matzbach zog eine Taschenlampe aus seiner Jacke und legte die kleine Lichtquelle ohne Zeichen von Gemütsregungen eingeschaltet auf die Friedhofsmauer.
    Deschamps deutete auf die Lehmfläche, die sich unter dem Kies zeigte. »Bruchlinien, wie zusammengesetzt. Und Einschläge wie von einer Spitzhacke.«
    Ducros hustete ein letztes Mal vorsichtig. »Mitgehört«, sagte er unterdrückt.
    Demlixh stürzte auf den Friedhof, gefolgt von seinem Butler. Der Autor blieb stehen, als hätte ihn der Schlag getroffen.
    Matzbach legte ruhig einen großen Lehmfladen beiseite. »Kommen Sie, Demlixh«, sagte er freundlich auf Französisch, »wollen Sie uns nicht helfen? Sie kennen das Verfahren doch schon.«
    Der Phantastiker schnappte nach Luft. »Ich ... wieso, ich, nein, also, was machen Sie da überhaupt?« Er sprach Deutsch.
    »Ich erforsche die Bodenschätze hier«, sagte Baltasar, »in der Absicht, sie nutzbringend auszubeuten.«
    Demlixh hob einen Fuß, ließ ihn sinken, trat dann vor und machte Anstalten, sich auf Matzbach und Deschamps zu stürzen. Baltasar blieb gebückt, ließ den Lehmfladen fallen, den er eben erst aufgeklaubt hatte, und zog eine Pistole aus den Tiefen seiner Jacke.
    »Friede, mein Freund«, sagte er. Er deutete auf ein besonders monumentales Grab hinter Demlixh. »Setzen. Und Sie auch, Mister

Weitere Kostenlose Bücher