Das Doppelgrab in der Provence
Pierrot, ihr wärt als Geiseln dieser drei Subjekte in einem Auto unterwegs. Und wir wären nur unwesentlich weiter als vorher.«
Ducros bedeutete den Druiden, sich zu setzen. »Ich möchte Sie gleich mitnehmen; und daß Sie mir ja nicht mit Ihren Masken entwischen.«
Vom Dorf her näherten sich Schritte. Doktor Herbin kam eilig auf den Friedhof; er trug eine Arzttasche in der Rechten. »Hier ist geschossen worden«, sagte er. Er starrte in Baltasars Taschenlampenlicht. »Ich habe das gehört. Ist etwas zu tun? Ich bin Arzt.«
Gaston Pennec räusperte sich und trat neben Herbin; Baltasar schwenkte die Lampe, so daß Pennecs Gesicht eitel Wonne und Leuchten war.
Herbin wandte den Kopf und sah den alten, dicken Druiden an. Das Gesicht des Arztes befand sich noch im Lichtkreis, und alle sahen, wie er die Augen aufriß und den Mund verzerrte.
»Guten Abend, Phérex«, sagte Pierrot-le-Flonflon alias Gaston Pennec. »Ich dachte, ich kenne Sie nicht, aber Ihr Gesicht habe ich natürlich doch gesehen. Erinnern Sie sich an das Konklave bei Carnac, vor elf Jahren?«
13. Kapitel
Zwei Tage später holte Ariane Baltasar in Montpellier vom Bahnhof ab. In Sylvies Villa stärkte er sich ein wenig. Danach, vor dem Kamin, berichtete er, was noch zu berichten war.
»Im Prinzip ist alles ganz einfach«, behauptete er. Er sog an seiner Zigarre und nebelte den großen Raum ein. »Corvau, der Archäologe, gehört zu den Druiden. Er hat natürlich mit dem Testament sein Karrierespielchen spielen wollen, aber er hat es auch seinem druidischen Boß weitergegeben, Herbin alias Phérex, wegen der von dem Karthager angedeuteten Druidensachen. Und Herbin hat den Wisch auf die blödsinnigste aller Arten verloren, durch einen Windstoß. – Übrigens weiß ich auch, weshalb er sich ausgerechnet Phérex genannt hat. Da gibt es, ich weiß nicht genau von wem, könnte Marlowe gewesen sein, eine englische Tragödie über Ferrex und Porrex, miese Königssöhne und Aufrührer. Phérex ist eine Variante. In Phér- steckt natürlich außerdem noch
fer
, das Eisen – Herbin wollte wohl so eine Art druidischer Stalin sein, wenn auch ohne die nötige Verfeinerung à la Bessemer.«
Ariane und Sylvie blickten einander an, dann den Dicken. »Hör mal«, sagte Ariane, »sei ehrlich – was von all dem hast du gewußt, als die Friedhofsbühne aufgemacht wurde?«
Baltasar kicherte. »So gut wie nichts. Ich habe mir gedacht, daß es so ungefähr abgelaufen sein muß und nicht viel anders gewesen sein kann, aber alles, was ich sicher wußte, war, daß Herbin Teile von Demlixhs Büchern geschrieben hat – weil ich gerade das neue Manuskript geklaut hatte. Alles andere war Bluff. Natürlich muß man zugeben, daß die Szenerie höchst intelligent gestaltet war, nicht?«
Pennec stand auf, kam zu ihm herüber, klopfte ihm stumm und lächelnd auf die Schulter und ging wieder zu seinem Sessel zurück.
Baltasar strahlte. »Das war meine Hoffnung – daß Demlixh auf dem Friedhof, bei Mond- und Lampenlicht, halboffenem Grab und, nicht zu vergessen, dem vorhergegangenen Verhör durch Ducros und Bourgoing, die Nerven verliert ... Immerhin ist er ja Phantastiker, und man kann ihn nicht gerade als Ausbund an Rationalismus bezeichnen.«
Ariane schüttelte sich ob der Reminiszenzen. »Das war ja auch gespenstisch«, sagte sie. »Liebe Güte – ich wäre gern fortgelaufen.«
Baltasar grinste. »Und ich hatte die ganze Zeit Angst, daß einer der Kommissare laut loslacht – die wußten ja beide, daß ich nichts in der Hand habe. Bourgoing hätte mich sowieso am liebsten ins Irrenhaus gesteckt. Jedenfalls vielen Dank an euch beide, Ariane und Pierrot, für die Kaltblütigkeit. Die Zigarette und das Labyrinth haben mir sehr gut gefallen.«
Pennec hob die Achseln. »Na ja, du hattest ja gesagt, wenn es unübersichtlich wird, sollten wir irgendwas erzählen, was nichts mit dem Thema zu tun hat. Ich gestehe, daß es mir schwergefallen ist, ausgerechnet in der Lage von deinem Labyrinth anzufangen.«
Ariane nickte. »Und ich habe selten so wenig Lust gehabt, eine Zigarette zu rauchen.«
Sylvie entschuldigte sich. »Baltasar, es tut mir leid, aber ich konnte in der Situation wirklich an nichts anderes denken als daran, wie wir alle und vor allem Sie da heil herauskommen.«
Matzbach winkte ab. »Macht nichts, Sylvie, Sie haben das schon gut gemacht.«
Pennec verschwand in der Küche und kam mit einer neuen Flasche Wein zurück. Er entkorkte sie geräuschlos. »Sag
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