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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Zucken lief über ihr einzigartiges Gesicht. »Ist das kein Grund zur Beschwerde? Aber alles lügt hier. Alles!«
    »Vielleicht kann ich Ihnen doch helfen?« sagte Shukow und setzte eine wichtige Miene auf. »Eine vertrauliche Information. Essen Sie hier keine Blintschiki mehr, sondern nur Zwiebelfleisch. Aber genau aufpassen, Genossin: Es muß von jungen sibirischen Stieren sein. Stiere!«
    »Leben hier nur Affen?« sagte die schöne Asiatin wütend. »Welch ein Land!«
    »Das habe ich schon einmal gehört, fast die gleichen Worte.« Shukow betrachtete sie ungeniert mit jenem Blick, der eine Frau plötzlich nackt dastehen läßt. Ein unverschämter, stummer Blick, der eigentlich nur mit einer Ohrfeige beantwortet werden kann. »Und es war auch eine Frau, ebenso schön wie Sie, Genossin. Ich habe lange unter Affen gelebt, ich kenne mich aus.« Dunja, dachte er im gleichen Augenblick. Keine Angst, mein Mädchen. Du bist bei mir, aber erlaube mir, daß ich dieses Weib da bewundere. »Passen Sie mal auf!«
    Er atmete tief ein, wölbte den Brustkorb und stieß plötzlich jenen Schrei aus, der schon Dunja Andrejewna aus der Fassung gebracht hatte. Auch die Halbasiatin zuckte zusammen, und die Hotelangestellten warf es fast um.
    »Sind Sie verrückt?« sagte sie mit ihrer hellen Stimme.
    »Das hieß: Guten Abend! und war die Sprache der Berggorillas …« Shukow machte eine leichte Verbeugung. »Genossin, es war ein guter Rat. Zwiebelfleisch von jungen Stieren! Vielleicht darf ich Sie dazu einladen? In einer Stunde bin ich gebadet, rasiert und wohlgefällig anzusehen. Haben Sie die Güte …«
    Sie antwortete nicht, starrte ihn nur fassungslos an, drehte sich dann langsam um und ging mit weitausgreifenden Schritten davon. Der Rock schwang um ihre Stiefelchen, und ihr Gesäß wippte beim Gehen, als habe sie Marilyn Monroe genau studiert.
    »Ein Teufelchen ist sie«, sagte der Portier und tippte Shukow gegen die Brust. Er blickte ihr fasziniert nach. »Ein wahres Teufelchen! Das ist die neunte Beschwerde. Natürlich ist der Direktor da. Aber muß man sich nicht vor so etwas verstecken, Genosse?«
    So lernte Shukow die sowjetische Ärztin Valja Johannowna Wuginskaja kennen.
    »Glauben Sie nicht, daß ich gekommen bin, um mit Ihnen den verdammten sibirischen Stier zu vertilgen«, sagte die Wuginskaja. Sie war pünktlich nach einer Stunde gekommen, und der Kellner, von Shukow mit einem Rubel unterrichtet, hatte sie am Eingang zum Speisesaal abgefangen und zu dem etwas versteckten Ecktisch geleitet. »Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Sie ein Flegel sind!«
    »Schade. Ich habe zwei große Portionen bestellt mit Zwiebeln, goldgelb gebraten. Dazu gibt es einen Wein aus Grusinien, einen Zinandali. Eine Flasche voll Sonne …«
    »Sind Sie Millionär?«
    »Muß man das sein, um sich an jungen sibirischen Stieren erfreuen zu können? Ich bin ein kleiner Ingenieur, der den Vorschuß, den er auf sein Gehalt bekommen hat, mit Ihnen verprassen will. Bitte setzen Sie sich, Valja Johannowna.«
    »Sie kennen meinen Namen?« Sie nahm an seinem Tisch Platz, ihm gegenüber, ein deutlicher Hinweis auf Distanz.
    »Das war das erste, nach dem ich mich erkundigt habe. Wer kennt hier im Hotel Ihren Namen nicht?«
    »Ich will nur Gerechtigkeit!«
    »Und da kommen Sie nach Sibirien?« fragte Shukow sarkastisch.
    Sie merkte es und zog die Augenbrauen hoch. Auf ihren Backenknochen bildeten sich kleine rote Flecke. »Sie sind ein Abenteurer, nicht wahr?« fragte sie. »Einer jener Männer, die nach Sibirien gehen, um sich austoben zu können! Die ihren Freund umbringen, wenn sie gemeinsam einen Klumpen Gold finden.«
    »Sehe ich so aus?«
    Da war wieder der Blick, sanft, verhangen, träumerisch, mit dem Bob Miller bei Frauen einen Winkel ihrer Seele öffnete, in dem das Mischgefühl von Mütterlichkeit und Leidenschaft versteckt war. Auch Valja Johannowna schien das zu spüren – sie wich diesem verteufelten Blick aus und war sichtlich erlöst, daß der Kellner mit einem großen Tablett kam und der Duft von gebratenem Fleisch und goldgebräunten Zwiebeln sie geradezu einhüllte.
    »Haben Sie eine Sonderstellung im Hotel?« fragte sie spitz. »So schnell kommt bei Ihnen das Essen? Wissen Sie, wie lange ich auf die Mahlzeiten warten muß?«
    »Hätten Sie einen jungen Stier bestellt, Valja Johannowna –«
    »Warum reden Sie immer so blöd? Gefällt Ihnen das?«
    »Beantworten wir also Ihre erste Frage. Ich bin gerade eine Stunde im Hotel, und wenn

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