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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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sich mit dem gestohlenen Generalschlüssel.
    Sein Telefon klingelte. Haussmanns Sekretärin verband ihn mit ihrem Chef, der gute Laune hatte, schon drei Sektionen hinter sich und nur wenig Zeit.
    »Es geht um Werner Leyendecker«, sagte Gehring. »Der Tote aus dem Tierpark.«
    »Ah ja.« Haussmann blieb auf Abstand. Anrufe von Kripo beamten in einem abgeschlossenen Fall bedeuteten Arbeit. »Eine der außergewöhnlichsten Sektionen, die ich je durchführen durfte. Wobei das Wort im eigentlichen Sinne irreführend ist – wir mussten schließlich zunächst alles zusammensuchen, was noch übrig war.«
    Gehring hatte auch den Teil des Obduktionsberichtes übersprungen, in dem von den halb verdauten Resten in den Pekari-Mägen die Rede gewesen war.
    »Im nächsten Semester werde ich diesen Fall meinen Studenten vorstellen. Die werden sich freuen. Das trennt doch gleich die Spreu vom Weizen. – Gibt es neue Erkenntnisse? Soweit ich weiß, ist der Prozess im September mit fünf Tagen angesetzt. Das erscheint mir wenig.«
    Gehring wusste nichts davon. Polizisten wurden nicht informiert. Außer sie wurden als Zeugen vor Gericht befragt. Natürlich kannte jemand wie Haussmann den Landgerichtspräsidenten. Hohe Tiere unter sich. Gehring fühlte sich in solchen Momenten abgeschnitten von dem wirklich wichtigen Teil der Außenwelt – Westberlin.
    »Charlotte Rubin ist geständig, die Beweiskette ist geschlossen. Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist die Täter- DNA . Von ihr wurde nichts an der Leiche gefunden?«
    »Nein. Das steht aber alles in meinem Bericht. Wir hatten ja leider keine Kleidung des Opfers zur Verfügung.«
    Der wunde Punkt. Überall gab es einen wunden Punkt. In diesem Fall war es die verschwundene Kleidung Leyendeckers. Eine Hose, ein kurzärmeliges Oberhemd, hell, wie sich die Servicekraft im Frühstücksraum des Hotels zu erinnern glaubte, eine Strickjacke, falls es kühler werden würde. Leyendeckers Mütze war auch verschwunden. Gehring vermutete, dass Rubin die Sachen noch in der Nacht entsorgt hatte.
    »Was wäre, wenn zwei Personen an der Tat beteiligt gewesen wären? Gibt es darauf einen Hinweis?«
    »Sie meinen, wegen der Kraftanstrengung? Sie hatte eine Schubkarre.«
    »Beim Zerteilen des Rumpfes? Könnte sie da Hilfe gehabt haben?«
    Haussmann schwieg.
    »Es ist nur so eine Idee«, sagte Gehring und wusste, dass er damit für immer und ewig bei Haussmann unten durch war. Man rief einen der besten Rechtsmediziner Deutschlands nicht an, weil man »eine Idee« hatte.
    »Das habe ich dieser jungen Dame doch schon gesagt.«
    Gehrings Nackenhaare sträubten sich. Er weigerte sich zu glauben, was er gerade gehört hatte. Langsam formulierte er Wort für Wort. »Eine … junge … Dame?«
    »Die Streifenpolizistin, die damals auch am Tatort war. Eine intelligente, wache Person. Kroatin. War sie es nicht, die die Knochentonnen gefunden hat?«
    »Ja«, antwortete Gehring zähneknirschend. »Was wollte sie von Ihnen?«
    »Nun machen Sie sich mal keine Sorgen. Selbst ältere Semester wie das meine genießen es, wenn hübsche Damen abends auf sie warten, und sei es, um Fachgespräche zu führen.«
    Haussmann klang wohlwollend amüsiert. Wie Beara das angestellt hatte, wollte Gehring gar nicht wissen. »Dazu ist sie nicht befugt.«
    »Nun, was sie und ich in unserer Freizeit machen, geht doch niemanden etwas an. Oder? Sie hat ein persönliches Interesse an dem Fall. Die Täterin hat ihr beinahe den Schädel gespalten. Ich glaube, sie hat immer noch Probleme mit der Schulter.«
    Das war ihm in Hoppegarten gar nicht aufgefallen. Er hätte sich wenigstens einmal danach erkundigen können.
    »Was haben Sie ihr gesagt?«
    »Natürlich ist es ungewöhnlich, einen schweren Mann in ein Gehege zu wuchten und anschließend seine Teile wieder einzusammeln. Er wurde ja nicht komplett zerlegt. Die Pekaris haben sich zunächst über die Extremitäten hergemacht. Dass der Kopf abgetrennt wurde, liegt wohl daran, dass der Hals der anatomisch schwächste Teil des Körpers ist. Leyendecker ist verblutet, nachdem die Tiere ihm die Kehle aufgerissen haben. Bis dahin hatte er schon die Hände und einen Unterschenkel verloren. Der restliche Rumpf wog fast fünfzig Kilo. Ihn zurückzuschaffen und die Oberschenkel abzutrennen …«
    Gehring unterbrach ihn. Haussmann begann gerade, die Details zu beschreiben, die er aus gutem Grund überblättert hatte.
    »Kann sie es allein geschafft haben? Ja oder nein?«
    »Frau Rubin

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